Kunstmuseum Basel zeigt derzeit die Gruppenausstellung “Geister. Dem Übernatürlichen auf der Spur”. Geister sind allgegenwärtig. Die visuelle Kultur wimmelt davon, von Hollywood-Blockbustern wie Ghostbusters (1984) bis hin zu Indie-Filmen wie All of Us Strangers (2023). Sie spuken auf Bildschirmen, Theaterbühnen und in Büchern: Literatur, Brauchtum und Mythen sind durchdrungen von Geistern, die sich weigern, uns in Ruhe zu lassen.
Abb. oben: Tony Oursler, Fantasmino, 2017, Acrylic resin on canvas and digital hardware with moving image, 46.99 x 21.59 x 17.78 cm, Collection of Tony Oursler.
Auch die Kunst haben sie immer schon heimgesucht. Als Wesen des Dazwischen sind Geister Vermittler zwischen den Welten, zwischen oben und unten, Leben und Tod, Schrecken und Humor, Gut und Böse, sichtbar und unsichtbar. Jeder Versuch, sie abzubilden, aufzuzeichnen oder mit ihnen zu kommunizieren, ist daher eine kognitive Herausforderung und ein emotionaler Nervenkitzel.
Diesen Herbst und Winter widmet das Kunstmuseum Basel den unergründlichen Wesen eine umfangreiche Sonderausstellung. Mit über 160 Werken und Objekten aus den letzten 250 Jahren erkundet Geister. Dem Übernatürlichen auf der Spur die reiche visuelle Kultur, die sich im 19. Jahrhundert in der westlichen Welt rund um das Thema Geister entwickelte – vorangetrieben von einer Verschmelzung von Wissenschaft, Spiritualismus und populären Medien, die seither immer wieder Künstlerinnen und Künstler inspiriert hat.

Das 19. Jahrhundert wird heute meist als goldenes Zeitalter der Rationalität, der Wissenschaft und der Technologie angesehen, aber es war auch eine Blütezeit für den Glauben an Geister und Erscheinungen. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurden Geister zu einem Mittel, um sich der Erforschung der Psyche anzunähern und neue Zugänge ins menschliche Innenleben zu erschliessen. Die Romantik hatte die Lust an Spektakeln und Wundern geweckt, sodass der Glaube an Geister durch technologische Innovationen und Illusionstechniken wie etwa die Theatertechnik Pepper’s Ghost flankiert wurde.
Die Erfindung der Fotografie um 1830 führte zum Aufschwung der Geisterfotografie mit wichtigen Vertretern wie William H. Mumler in den Vereinigten Staaten und später William Hope in England. Ihre Fotografien, die geliebte Menschen wieder erscheinen liessen und ein Leben nach dem Tod zu versprechen schienen, haben bedeutenden Einfluss darauf, wie wir uns Geister noch heute vorstellen. Der Münchner
«Geisterbaron» Albert Freiherr von Schrenck-Notzing – der wohl berühmteste Parapsychologe – verband die neuartigen technischen Mittel der Fotografie mit einem quasi-wissenschaftlichen Ansatz: Er wollte die übernatürlichen Erscheinungen dokumentieren, die in seinen Séancen auftraten (von denen kein Geringerer als der Schriftsteller Thomas Mann Bericht erstattete).

Die Geisterfotografie ist entsprechend ein wichtiges Kapitel der Ausstellung. Einen weiteren Zugang bieten die Aufzeichnungen und Bilder, die von spiritistischen Medien geschaffen wurden, um ihren direkten Kontakt mit der Geisterwelt festzuhalten. Angesichts der Nähe von Geistern zu psychischen Ausnahmesituationen beschäftigt sich die Ausstellung zudem intensiv mit dem Phänomen des Spuks – mit Geistern in Räumen. Sie folgt dazu den vielfältigen visuellen Spuren und Geistererzählungen, die in der westlichen Kultur des 19. Jahrhunderts zu finden sind und später von Künstlerinnen und Künstlern aufgegriffen wurden. Dabei bezieht sie voller Neugierde Bildwelten jenseits der bildenden Kunst ein, die für die Kunst des 20. Jahrhunderts zu besonderen Inspirationsquellen wurden.
Die Ausstellung Geister. Dem Übernatürlichen auf der Spur und die begleitende Publikation im Magazin-Look wurden in enger Zusammenarbeit mit Andreas Fischer und Susan Owens entwickelt. Fischer arbeitet am Freiburger IGPP (Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene) und gilt als einer der wichtigsten Kenner auf dem Gebiet der Geisterfotografie und Materialisierungsphänomene. Die britische Kunsthistorikerin Susan Owens schrieb 2017 das Buch The Ghost: A Cultural History, in dem sie Geister treffend als «Schatten der Menschheit» bezeichnete. Das Projekt spürt diesem menschlichen Element nach und schliesst damit Engel, Naturgeister, Dämonen und dergleichen aus. Stattdessen werden das poetische Potenzial des Themas, seine Inspirationskraft und die Funktion von Geistern als Metaphern in den Fokus gerückt, die kritische Reaktionen auf die zeitgenössische Welt ermöglichen und Verdrängtes an die Oberfläche bringt.

Die Tatsache, dass die Erscheinungen, um die es hier geht, ständig mit unserer kollektiven Vorstellungskraft, ja sogar mit unserem kulturellen Unbewussten interagieren, macht Geister und Gespenster zu so anhaltend wirkmächtigen Wesen – und die Ausstellung zu einem überraschenden, anregenden und eindrücklichen Erlebnis. Die Szenografie, die dazu beitragen soll, die Sinne für atmosphärische Veränderungen und Grenzerfahrungen zu öffnen, wurde von Alicja Jelen und Clemens Müller von please don’t touch (Dortmund) konzipiert.
Die Publikation
Das begleitende Magazin enthält Texte von externen Autorinnen und Autoren, darunter Andreas Fischer und Susan Owens. Weitere Beiträge stammen vom britischen Assyriologen Irving Finkel, Autor von The First Ghosts: Most Ancient of Legacies (2019), der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson, dem deutschen Schriftsteller Thomas Mann mit seiner anschaulichen Beschreibung einer Séance, der zeitgenössischen Schweizer Autorin Ariane Koch, deren «Geisterlied» aus einer Ghostwriting-Session hervorgegangen ist, Statements beteiligter Künstlerinnen und Künstler wie Corinne May Botz, Claudia Casarino, Adam Fuss, Tony Oursler und Cornelia Parker, und von Instagram-Star Timur, der einen Faktencheck rund um Geister beisteurt. Die Illustrationen stammen vom Duo War and Peas, Elizabeth Pich und Jonathan Kunz, die in ihren Webcomics seit Langem ein Interesse an allem zeigen, was mit Geistern zu tun hat.
Herausgegeben von Eva Reifert. Erschienen im Christoph Merian Verlag, 2025.
Curator: Eva Reifert
WANN?
Ausstellungsdaten: Samstag, 20. September 2025 bis Sonntag, 8. März 2026
Öffnungszeiten:
Di, Do–So: 10–18 Uhr
Mi: 10–20 Uhr
Mo geschlossen
WO?
Kunstmuseum Basel, Neubau
St. Alban-Graben 20
4052 Basel
KOSTET?
Erwachsene ab 20 J.: 30 CHF
Student:innen 20-25 Jahre: 20 CHF
Jugendliche 13-19 Jahre: 12 CHF
IV-Bezüger:innen: 20 CHF
Gruppen (ab 20 Pers.): 24 CHF





