Die Berliner Neue Nationalgalerie zeigt seit 17. Oktober 2025 in Kooperation mit dem Zentralarchiv die Ausstellung „Max Ernst bis Dorothea Tanning: Netzwerke des Surrealismus. Provenienzen der Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch“. Hundert Jahre nach dem „Ersten Manifest des Surrealismus“ (1924) eröffnet die Ausstellung neue Einblicke in die weitverzweigten Netzwerke dieser internationalen Kunstbewegung des 20. Jahrhunderts. Im Fokus stehen sowohl die Biografien der Werke, als auch die Lebenswege von zentralen Künstler*innen, Händler*innen und Sammler*innen des Surrealismus.
Abb. oben: Ulla und Heiner Pietzsch bei der Eröffnung der Ausstellung „Bilderträume. Werke aus der Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch“ mit André Masson, Massaker, 1931, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: ddp/ Axel Schmidt
Anhand einer repräsentativen Auswahl von Gemälden und Skulpturen von Künstler*innen wie Leonora Carrington, Salvador Dalí, Max Ernst, Leonor Fini, René Magritte, Joan Miró oder Dorothea Tanning zeigt die Ausstellung die Ergebnisse des gemeinsam mit dem Land Berlin realisierten Forschungsprojekts zu den Provenienzen der Kunstwerke aus der Sammlung von Ulla und Heiner Pietzsch. Die Ausstellung macht nicht nur die vielfältigen Wege sichtbar, die die Kunstwerke des Surrealismus vor allem in den 1930er- und 1940er-Jahren genommen haben, sondern verdeutlicht auch, wie sowohl die historischen Zeitumstände, als auch persönliche Beziehungen und Netzwerke zur Verbreitung der internationalen Bewegung beitrugen.

Seit Januar 2023 wurden rund 100 Kunstwerke der Sammlung Ulla und Heiner Pietzsch, die bis 1945 entstanden, systematisch auf ihre Herkunfts- und Besitzgeschichte untersucht, um auszuschließen, dass sich NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, darunter befindet. Unter den Arbeiten sind zentrale Gemälde von Künstler*innen wie Salvador Dalí, Yves Tanguy, Max Ernst, André Masson, Joan Miró und Dorothea Tanning, die das Ehepaar Pietzsch seit den 1970ern bis in die 2000er-Jahre hinein auf dem internationalen Kunstmarkt über Galerien, Händler*innen und Auktionshäuser erworben hat. Im Jahr 2010 hat das Ehepaar Pietzsch dem Land Berlin ihre hochkarätige Sammlung geschenkt, die der Neuen Nationalgalerie seitdem als Dauerleihgabe überlassen ist. Den Kern der Sammlung bilden Werke des Surrealismus und des Abstrakten Expressionismus der New Yorker Schule.
Die Ergebnisse dieses vom Zentralarchiv durchgeführten Projektes zur Untersuchung und Prüfung der Herkunft der Kunstwerke werden im Rahmen der Ausstellung vorgestellt.

Die Ausstellung zeichnet in drei Sektionen exemplarisch die ereignisreichen Wege der Gemälde und Skulpturen nach, die von Paris über Brüssel und andere europäische Städte, über die Jahre des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs bis ins mexikanische und US-amerikanische Exil reichten. Der Kreis der Surrealist*innen war geprägt durch seine komplexen Beziehungen, in denen sich Freundschafts-, Liebes- und Geschäftsverbindungen häufig überschnitten. Dementsprechend zirkulierten auch die Werke auf informellen Wegen. Die Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht ab 1940 zwang zahlreiche surrealistische Künstler*innen ebenso wie Sammler- und Händler*innen zur Flucht. Auch hier waren Beziehungen nützlich. Viele verließen Europa und emigrierten u.a. in die USA, andere erhielten kein Visum und mussten im unbesetzten Teil Frankreichs untertauchen. Manche konnten ihre Werke mitnehmen, andere mussten sie zurücklassen.

Diese von Ortwechseln geprägte Phase spiegelt sich unmittelbar in den Provenienzen der Kunstwerke wider. Auf unterschiedlichste Weise belegen die Biografien der einzelnen Objekte Freundschaften und Handelsbeziehungen, ebenso wie Verlust, Verfolgung und Neuanfang. Weit über die Einzelgeschichten der Werke hinaus eröffnen die Objektbiografien den Besucher*innen einen tiefen Einblick in die facettenreichen Netzwerke der surrealistischen Bewegung sowie in die großen politischen Herausforderungen der Zeit.

Die Sonderausstellung im unteren Sammlungsgeschoss der Neuen Nationalgalerie versammelt eine Auswahl von 26 Werken aus der Sammlung von Ulla und Heiner Pietzsch, darunter Max Ernsts „Düsterer Wald und Vogel“ (1927) und sein „Gemälde für junge Leute“ (1943), André Massons großformatiges „Massaker“ (1931/32), Leonor Finis „Zwei Frauen (1939), Joan Mirós „Der Pfeil durchstößt den Rauch“ (1926) oder Dorothea Tannings „Spannung“ (1942).
Künstler*innen der Ausstellung:
Hans Arp, Victor Brauner, André Breton, Salvador Dalí, Oscar Domínguez, Max Ernst, Leonor Fini, Jacques Lipchitz, René Magritte, André Masson, Roberto Matta, Joan Miró, Wolfgang Paalen, Pierre Roy, Yves Tanguy, Dorothea Tanning, Tristan Tzara
Zur Ausstellung erscheint eine Broschüre in der Reihe „Begleithefte zur Provenienzforschung“ des Zentralarchivs, die rund 15 Objektbiografien exemplarisch vorstellt und die im Projekt erforschten Provenienzen von allen 26 Werken der Ausstellung dokumentiert. Digital werden die Ergebnisse des Provenienzforschungsprojekts zum Start der Ausstellung online veröffentlicht: recherche.smb.museum

„Max Ernst bis Dorothea Tanning“ wird kuratiert von Maike Steinkamp, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Neue Nationalgalerie, Lisa Hackmann und Sven Haase, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen für Provenienzforschung am Zentralarchiv. Kuratorische Assistenz Ricarda Bergmann, Neue Nationalgalerie. Wissenschaftliche Assistenz Sara Sophie Biever, Zentralarchiv.
WANN?
Ausstellungsdauer: Freitag, 17. Oktober 2025 – Sonntag, 01. März 2026
Öffnungszeiten:
Dienstag – Mittwoch 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 20 Uhr
Freitag – Sonntag 10 – 18 Uhr
Montag geschlossen
WO?
Neue Nationalgalerie
Potsdamer Straße 50
10785 Berlin





