PROLOG | PERSÖNLICHES
Max, stelle Dir vor, Du würdest uns in Deinem Atelier oder Zuhause empfangen. Wo sprechen wir zusammen, wo treffen wir Dich? Wir treffen uns in meinem Atelier, meinem Lieblingsort, leicht abseits vom Hauptgebäude der HfbK Hamburg im dritten Stock. Es riecht nach Balsamterpentinöl und Zigaretten. An einer Wand befinden sich viele umgedrehte fertige Bilder und an einer anderen das Bild, an dem ich gerade arbeite.
Abb.oben: Max Grote, Photo Carlotta Geerds
Erzähle uns bitte, wo Du geboren wurdest bzw. aufgewachsen bist und welche Stationen und Menschen Dich in Deinem bisherigen Leben besonders geprägt haben. Ich bin in Berlin geboren und wurde nach einem halben Jahr von Charlottenburg nach Potsdam gezogen, etwas abgelegen von der Innenstadt, wo ich auch die Schule besuchte. Die einzigen zwei Personen die irgendetwas mit Kunst zutun hatten oder sich dafür interessierten waren meine Paten. Ich erinnere mich noch dunkel, dass ich im Alter von ungefähr sechs Jahren auf meiner ersten Vernissage war von einem Künstler, mit dem diese befreundet sind- Adam Saks.

Nach dem Abitur zog ich nach Berlin-Weissensee, um an der dortigen Kunsthochschule zwei Jahre Modedesign von 2022-2024 zu studieren. Nach dem künstlerisch freien Grundlagenjahr dort merkte ich, dass es doch eher die Malerei ist, die mich in den Bann zieht und von der ich auch behaupte, mich in sie verliebt zu haben. Also mietete ich mir nach dem Jahr ein kleines Atelier im Potsdamer Rechenzentrum an, wo ich auch meine Galeristin Sandra Schindler kennenlernte, die mich nach einem halben Jahr solo in ihrem LAB ausstellte.
Eine weitere wichtige Station für mich war die Gruppenausstellung „Gegen den Srich“ im Schloss Sacrow im August 2024.
Im Oktober 2024 zog ich dann nach Hamburg, um hier mein Malereistudium zu beginnen.

Welche Schriftsteller*innen findest Du derzeit spannend und welche Bücher finden sich in Deinem Bücherregal? In meiner kleinen Bibliothek findet man vorwiegend Bilderbände verschiedener Positionen, die ich oft und gerne durchblättere auf der Suche nach Ideen und Inspiration.
Welche Bücher haben Dich beeinflusst oder geprägt Besonders geprägt hat mich die Entdeckung, durch ein Buch, von Miriam Cahn. Es sind aber meistens irgendwelche Künstlerdokumentationen, Interviews oder Panel Discussions oder Brainrot die mich beeinflussen.
Welche Musik hörst Du und wann? Ich höre viel Hyperpop und New Wave- eigentlich immer. Beim Malen, unter der Dusche oder sonst wo.

Wenn Du etwas für uns kochen würdest, was wäre es? Ich würde das kochen, was ich am besten kann- Pesto-Nudeln mit Tomaten und Zwiebeln.
Was isst Du am liebsten? Wenn ich das Geld dafür hätte, würde ich sehr viel mehr Sushi essen.
Was hältst Du vom Frühstücken? Ich frühstücke immer gegen 13/14:00 in meinem Atelier. Meistens Müsli mit Milch, einem Apfel und Kaffee.
Welchen Sport oder Ausgleich zu Deiner künstlerischen Arbeit betreibst Du? Ich glaube so etwas habe ich nicht- ich bin immer von früh bis spät im Atelier und wenn ich mal nicht da bin besuche ich Museen oder Galerien oder denke über Kunst nach.

Für welche besonderen Leidenschaften oder Hobbies brennst Du? Mittlerweile hat es stark abgenommen, aber ich habe seit meiner frühen Kindheit viel Schach gespielt. Gerade ist es leider etwas selten geworden.
Welches Persönlichkeitsmerkmal macht Dich besonders aus? Ich denke, dass das meine Willenskraft und Leistungsbereitschaft ist.
INTERVIEW | KÜNSTLER + POSITION
Wie bist Du zur Kunst gekommen? Warum Kunst?
Erstmal bin ich zur Mode gekommen- ausschlaggebend war die Arbeit von Rei Kawakubo bei Comme des Garcons. Nach meiner erfolgreichen Bewerbung bin ich das erste Mal freiwillig und wirklich wahrnehmend durch die Neue Nationalgalerie gelaufen und habe realisiert, dass es auch noch andere Medien gibt, mit denen man arbeiten kann. Also habe ich mir Leinwand und Farbe gekauft und einfach mal drauf losgemalt und großes Gefallen daran gefunden.
Was macht Dich aktuell glücklich?
Mich macht es sehr glücklich wenn ich den ganzen Tag ungestört im Atelier arbeiten kann.
Was macht Dir aktuell Angst?
Ich denke nicht, dass es mir wirklich Angst macht, da der Gedanke zu abstrakt ist, aber eigezogen zu werden und in den Krieg ziehen zu müssen. Das völlig Absurde an dem Gedanken ist, dass ich gegen Menschen meiner Generation kämpfen würde. Menschen, die die gleichen Memes, den gleichen Brainrot konsumiert haben. Leute, die Fortnite gespielt haben.

Glaubst Du, dass Kunst eine gesellschaftliche Verantwortung trägt? Und was denkst Du, was sie bewirken kann?
Ich denke, dass Kunst nur sich selber dienen muss. Ich denke auch nicht, dass sie einen großen Einfluss hat, da es doch eine sehr spezifische und kleine Gruppe von Menschen ist, die sich mir dieser auseinandersetzt.
Was macht Deine Kunst aus? Worum geht es in Deinem Werk – was sind die zentralen Themen?
Vorwiegend male ich Selbstporträts, die auf den ersten Blick eine gewisse Ernsthaftigkeit haben, aber doch immer etwas ironisches haben. Zurzeit geht es viel um mein eigenes Körperbild, Verletzlichkeit, wiederkehrende Suizidgedanken, daraus folgend das Sterben und geboren werden , die eigene Stellung in der Kunstwelt, den Dialog mit der Kunstgeschichte, Liebesdramen und auch immer einer Reflexion mittelalterlicher Mode.
Lies mehr über die künstlerische Botschaft von Max Grote in THE DEED | DAS WERK:
THE DEED | DAS WERK
Der 2003 in Berlin geborene und seit 2024 in Hamburg lebende Künstler Max Grote spricht über die zentrale Botschaft seines künstlerischen Werks.
Bitte beschreibe das Kernthema und die zentrale Botschaft Deines Werks.
–
Stelle uns die Arbeit vor, die exemplarisch für die Botschaft Deines Werks steht, oder diese aus Deiner Sicht am besten verkörpert.
Ich denke nicht, dass das geht. Man muss immer eine Werkreihe betrachten. Ein Bild ist eben immer nur ein Bild mit sehr, sehr knappem Inhalt und der Inhalt variiert von Arbeit zu Arbeit.

Was ist das Ziel Deiner Kunst, Deines künstlerischen Werks? Was soll es beim Betrachtenden bewirken?
Mein Ziel ist immer eine Auseinandersetzung mit mir selber, dass ich befriedigt bin mit der Arbeit. Eine Lösung mit mir selber zu finden. Was es bei Betrachtenden auslöst ist mir eigentlich egal.
Die Frage nach THE DEED | DAS WERK ist ein ergänzender und separat präsentierter Teil des THE INTERVIEW IN|DEEDS mit Max Grote. Der Umfang der Antworten obliegt den Interviewten. Die Redaktion redigiert die Antworten nicht.
Wie schützt Du Dich in der heutigen Zeit vor zu viel Inspiration?
Mein Kopf ist doch immer relativ klar. Ich kann sehr gut fokussieren und ausblenden, was nicht wichtig ist.

Wie viel in Deinen Arbeiten ist vorher geplant – wie viel entsteht intuitiv?
Meine Bilder sind immer in meinem Kopf geplant. Es hat alles eine Referenz. Intuitiv ist nur die Realisation mancher Referenzen- zum Beispiel Landschaften.
Was sind Deine (nächsten) Ziele?
Mein längerfristiges Zeil ist in jedem Fall mein Studium abzuschließen. Kurzfristig will ich ein 300x380cm großes Bild malen.
Wie stehst Du zum Thema Glauben? Hast Du Glaubensgrundsätze oder gibt es einen Leitspruch?
Ich bin getauft, konfirmiert und war zwei Jahre auf einem katholischen Gymnasium, glaube aber nicht.
Mein Leitspruch ist „Der Scheiß pinselt sich nicht von allein.“.
Welches Projekt würdest Du gerne noch realisieren, wenn fehlende Zeit, mangelnder Mut oder finanzielle Ressourcen keine Rolle spielen würden?
Irgendwann würde ich gerne ein riesiges Schloss bauen.

Was sind aus Deiner Sicht Attribute für gute Kunst?
Ich denke, dass sich eine gute Arbeit immer durch eine gute Technik und Einfluss von Referenzen zeigt. Auch bei gegenstandsloser Kunst denke ich, sieht man, ob Künstler*in eine gute Technik hat/ akademisch malen könnte.
Wird man als Künstler*in geboren? Oder ist ein Kunststudium Pflicht?
Ich denke man wird als Künstler*in geboren, was sich aber weniger durch eine Art Praxis auszeichnet, die schon immer da war, sondern durch gewisse Charakterzüge- zum Beispiel ein großes Problem mit Autorität und ein sehr starker Eigenwille. Den Kunstunterricht in der Schule habe ich immer gehasst, ich hatte immer eine 5 und habe Kunst auch früh abgewählt.
Ein Kunststudium ist natürlich nicht Pflicht, öffnet jedoch viele Türen.
Wie siehst Du die Zukunft von Kunst im Zeitalter von KI?
Ich will an der Stelle einen der Studio Ghibli Gründer, Hayao Miyazaki, zitieren, da ich es besser nicht könnte: “Whoever creates this stuff has no idea what pain is whatsoever. I am utterly disgusted… I strongly feel that this is an insult to life itself.”
Wie stehst Du zum Thema NFT?
NFTs sehe ich eher als mittlerweile veraltete Spekulationsobjekte.

Wem zeigst Du ein neues Werk zuerst?
Meistens meinen Freunden aus den benachbarten Ateliers.
Wie sieht die erste Stunde Deines Tages aus?
Es ist ganz schreckich, aber die erste Stunde besteht immer aus mir, meinem Handy und Brainrot auf Reels.
Sind im Zeitalter des Internets der Dinge Galerien noch notwendig? Wenn ja, warum und wofür?
Galerien werden immer notwendig sein als Raum, in dem man Kunst erleben kann. Ein Foto schafft nicht das gleiche. Eine Galerie bringt auch immer ein Netzwerk mit sich. Ich bin Sandra sehr dankbar für das, was sie tut.
EPILOG | AKTUELLES
Max Grote wird derzeit durch die Potsdamer Galerie Schindler vertreten. Zuletzt wurde ihm im Rahmen der Ausstellung „Gegen den Strich – Die Generation Z in der Kunst“, die im Spätsommer 2024 im Schloss Sacrow bei Potsdam gezeigt wurde, und über die auch die Tagesschau berichtete, viel Aufmerksamkeit zuteil.
Instagram: @maxgrote_
DEEDS-Interviews werden von unserer Redaktion nicht redigiert oder gekürzt und stets im O-Ton wiedergegeben. Daher nehmen wir auch keine Übersetzung des Interviews in Englische bzw. Deutsche vor, es sei denn, diese wird seitens des/der Interviewten eingereicht, oder wir werden mit der Übersetzung betraut. Hier wurden die deutsche und die englische Version des Interviews von dem Künstler selbst eingereicht.