Die Kunsthalle Brennabor in Brandenburg an der Havel läutet den Sommer mit einer Soloschau der Berliner Künstlerin Rubica von Streng ein. Vom 22. Juni bis 28. Juli sind dort rund 50 Gemälde sowie eine Skulptur aus ihrem Werkzyklus „PortLand“ zu sehen. Die Ausstellung wird am 21. Juni, um 18.00 Uhr, in Anwesenheit der Künstlerin eröffnet.
Abb. oben: Rubica von Streng, Am I Elefant, Öl auf Leinwand, 200 x 185 cm, 2018
In ihren PortLand-Gemälden (Öl auf Leinwand, Öl auf Papier) lässt Rubica von Streng Antlitz, Körper, Geschehen und Gegenden zu imaginären Porträts innerer und äußerer Landschaften verschmelzen. Dabei entstehen Schicht für Schicht in der von ihr entwickelten Arpeggio-Maltechnik abstrakt-expressionistische Darstellungen der Topografie unseres Planeten und seiner Bewohner – eine „Anatomie der Zukunft“, wie die Künstlerin sagt.
„Rubica von Strengs Gemälde sind im Wortsinn vielschichtig“, sagt Volker Dressler vom Freundeskreis der Kunsthalle Brennabor. „Der wiederholte Auftrag verdünnter Ölfarben kommt der Wirkung eines Aquarells nahe. Alles bleibt sichtbar, scheint durch, leuchtet – nichts wird verdeckt. In diese Leichtigkeit fügt die Künstlerin Farbakzente ein, wie Wunden, Verletzungen, die mit der zuvor geschaffenen Transparenz nicht in Konkurrenz, aber in Beziehung treten. Sie stören oder zerstören nicht, sondern sind Teil des spannungsreichen visuellen Dialogs von Schönheit und Verletzlichkeit in Rubica von Strengs Bildwelt. Die lichtdurchfluteten Räume in der Industriearchitektur der ehemaligen Brennaborwerke bieten dieser beeindruckenden Ausstellung die ideale Bühne.“ Zuvor waren von Strengs Arbeiten bereits im Düsseldorfer KIT (Kunsthalle), im Haus der Kunst, München, und in diversen Galerien in Europa und den USA zu sehen.
Auf den ersten Blick entfaltet sich in den PortLand-Werken ein friedliches Geschehen: „Die Schönheit der Natur zeigt sich auf mannigfache Weise“, sagt die Künstlerin. Doch das vermeintliche Paradies auf Erden offenbart bei näherer Betrachtung Bruchstellen: „Wer genauer hinschaut, wird in einigen Arbeiten eine Welt der Begierden, des Kampfes und des Wandels erkennen.“ Im PortLand-Zyklus, den sie 2018 begann, gehe es mithin auch um eine „Auseinandersetzung mit den Grenzen der Zivilisation und um deren Überschreiten, bisweilen um das Schauen in Abgründe – und über den Horizont hinaus“. Das Antlitz unseres Planeten hat sich in von Strengs Bildern gravierend verändert: Klimakrise und Kriege fordern ihren Tribut – üppige Landschaften verwandeln sich in rotglühende Wüsten, Flüsse treten über die Ufer, Städte versinken, Gletscher schmelzen, Arten sterben aus. Dennoch verbreiten ihre Arbeiten keine depressiv-dystopische Stimmung. Im Gegenteil. Sie machen Mut und weisen den Weg in eine Zukunft, in der es sich anders leben wird als heute: bewusster, nachhaltiger und im Einklang mit der Natur.
Kerstin Bitar, wissenschaftliche Leiterin des Museums Sammlung Rosengart in Luzern, hat sich mit dem Oeuvre der Künstlerin intensiv befasst. „Rubica von Strengs vielschichtige Malereien verschaffen den Betrachtenden ein fortwährendes, bewegendes Seherlebnis“, sagt die Kunsthistorikerin. „Durch das Auffächern ganz unterschiedlicher Motivelemente, das ihr mithilfe der Arpeggio-Technik gelingt, aber auch durch den Einsatz gestisch artikulierter Farb- und Formfragmente wirken die PortLand-Arbeiten besonders faszinierend und metaphernreich. Sie eröffnen viele Blickrichtungen – in die Tiefe, in die Weite, in die Zukunft.“
In der Ausstellung „PortLand – Anatomie der Zukunft“ zeigt die Künstlerin zudem erstmals eine Auswahl von Arbeiten der Werkgruppe „PortLand in Umbria“, die sie 2019/20 in Italien begonnen und anschließend im Schlossatelier Berlitt abgeschlossen hat. Zu der Gruppe gehört neben acht Gemälden (Acryl und Öl auf Leinwand) und 15 Aquarellen auch der Kurzfilm „An End to Jealousy“ (D/I 2020), den von Streng mit einem internationalen Team an Originalschauplätzen in Umbrien und in der Toskana gedreht hat.
Für die Vernissage am 21. Juni, 18 Uhr, hat Rubica von Streng eine performative Darbietung erarbeitet, bei der es – so viel darf verraten werden – um Zufall und Chaos gehen wird; den musikalischen Rahmen setzt das Felix Komoll Trio, Berlin. Volker Dressler vom Freundeskreis der Kunsthalle Brennabor gibt zur Eröffnung eine Einführung in die Ausstellung.
Bereits zu den ersten beiden Teilen des Zyklus hat die Künstlerin umfangreiche Monografien veröffentlicht. Die Bände „Towards PortLand“ und „Limits of PortLand“ sind inzwischen vergriffen. Pünktlich zur Eröffnung der Ausstellung in der Kunsthalle Brennabor erscheint nun das Buch zum dritten Teil des Zyklus, „Beyond PortLand“ (Isensee-Verlag; ISBN: 978-3-7308-2114-5). Neben mehr als 50 Werkreproduktionen enthält es einen Essay von Kerstin Bitar sowie eine kunsttheoretische Einordnung der Werkserie aus Sicht von Christoph Tannert, Direktor des Künstlerhauses Bethanien, Berlin. Im Interview mit dem Journalisten Frank Lassak beschreibt die Künstlerin zudem ihre Maltechnik und erzählt, weshalb sie die Arbeit an dem Zyklus in Zukunft fortsetzen wird. Das Buch „Beyond PortLand“ ist während der Ausstellung in der Kunsthalle Brennabor zum Subskriptionspreis und ab 1. Juli 2024 im Buchhandel erhältlich.
Über die Künstlerin:
Rubica von Streng studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und an der Universität der Künste in Berlin (UdK). Dort schloss sie 2018 das Studium als Master of Arts und Meisterschülerin ab. 2019 nahm sie an der viel beachteten Ausstellung „Taking Root“ in der Düsseldorfer Kunsthalle (KIT) teil; 2020 zeigte sie im Berliner Kunstraum Torstraße Arbeiten der Werkserie „Towards PortLand“. 2021/22 folgten zahlreiche weitere Ausstellungen, unter anderem im Haus der Kunst, München. Von Mai bis Oktober 2023 sahen fast 20.000 Besucherinnen und Besucher von Strengs monumentalen Werkzyklus „Totentanz“ (2017–2020) in der Kulturkirche St. Jakobi Stralsund. Im September 2024 gastiert Rubica von Streng mit ausgewählten PortLand-Arbeiten im Czong Institute for Contemporary Art in Südkorea. Die Künstlerin wird vertreten von der Galerie Tammen, Berlin.
WANN?
Vernissage: Freitag, 21. Juni 2024, um 18.00 Uhr,
Ausstellungsdaten: Samstag, 22. Juni bis Sonntag, 28. Juli 2024
Öffnungszeiten: Fr – So: 13:00 – 18:00 Uhr
Finissage mit Führung: Sonntag, 28. Juli 2024, 14.00 Uhr
WO?
Kunsthalle Brennabor
Geschwister-Scholl-Straße 12
14776 Brandenburg an der Havel