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Dienstag, September 10, 2024

Berlin Art Week 2024: Samuel Fosso: Black Pope. Werke 1975 – 2017 – KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst | 15.09.2024-16.02.2025

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Samuel Fosso ist einer der bekanntesten Fotokünstler*innen des afrikanischen Kontinents. In seinen theatralischen Selbstporträts verkörpert er sehr heterogene Charaktere und adaptiert ikonische Bilder historischer Figuren. Gesellschaftliche Codierungen von Körper, Kleidung und Accessoires legt er mit seinen Arbeiten ebenso offen wie die von Pose und Mimik; gleichzeitig durchkreuzt er auf spielerische Weise Zuschreibungen von Gender, ethnischer Herkunft und sozialer Klasse. Die Einzelausstellung im KINDL zeigt eine Auswahl von Fossos Werken von den 1970er Jahren bis zur Gegenwart. Die Ausstellung beginnt am 15. September 2024 und endet am 16. Februar 2025.

Abb. oben: Samuel Fosso, Selbstporträt aus der Serie Black Pope, 2017 © Samuel Fosso

Geboren in Kamerun, floh Fosso als Kind gemeinsam mit einem Onkel vor dem brutalen Bürgerkrieg in Nigeria (1967–1970) nach Bangui, die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Innerhalb weniger Monate lernte er hier bei einem lokalen Fotografen das Handwerk der Fotografie und betätigte sich kurzzeitig als street photographer. 1975 eröffnete er mit nur 13 Jahren sein eigenes Fotostudio. Tagsüber erledigte er die Aufträge seiner Kund*innen und nutzte abends die verbleibenden Bilder auf dem Film für Selbstporträts, die er vor allem an seine Großmutter in Nigeria schickte.

Seine erste Fotoserie 70s Lifestyle (1975–78) ist inspiriert von US-amerikanischen Magazinen und den Bildern Schwarzer Amerikaner*innen in zeitgenössischer Mode. Auch der extravagante Stil des in den 1970er Jahren vor allem in Westafrika populären Sängers Prince Nico Mbarga (1950 – 1997) hat Fosso beeinflusst. Bei einem Schneider ließ er Outfits nach eigenen Vorstellungen anfertigen und fotografierte sich vor den Hintergründen seines Studios. Schon diese frühen Fotografien basieren auf dem lustvollen Spiel mit Rollen, Identitäten und medialen Bildern.

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Samuel Fosso, Selbstporträt aus der Serie 70’s Lifestyle, 1975-1978, Collection Maison Européenne de la Photographie, Paris © Samuel Fosso

1997 lud das französische Warenhaus Tati anlässlich seines 50. Jubiläums neben den berühmten malischen Fotografen der älteren Generation Seydou Keïta (1923 – 2001) und Malick Sidibé (1935/1936 – 2016) auch Samuel Fosso ein, ein Projekt zu realisieren. Gewünscht war der Nachbau von Fossos Studio, um in Paris Schwarz-Weiß-Porträts von Kund*innen aufnehmen zu lassen. Fosso setzte allerdings durch, dass er mit Kleidung und Accessoires aus dem Kaufhaus farbige Selbstporträts produzieren konnte, in denen er stereotype Charaktere wie Geschäftsmann, Golfer oder Rocker verkörpert. Im KINDL eröffnet das Motiv La Bourgeoise die Ausstellung, auf dem Fosso mit Langhaarperücke, Make-up, schwarzem Abendkleid und Pelzstola zu sehen ist.

Ab jetzt wird Fossos Arbeitsprozess immer aufwändiger und involviert einer Filmproduktion gleich elaborierte Bühnenbilder, Requisiten, Maske, Assistent*innen und Lichtregie. In der Serie African Spirits (2008) verkörpert Fosso auf der Grundlage ikonischer Porträts Protagonist*innen der afrikanischen und afroamerikanischen Befreiungs- und Bürgerrechtsbewegung des 20. Jahrhunderts, um ihnen so seine Ehrerbietung zu erweisen. Auch der Serie Emperor of Africa (2013) liegt das für Fosso zentrale Thema der Ikonografie zugrunde: Minutiös reinszeniert sich Fosso hier als chinesischer Staatsführer Mao Tse-tung und nimmt damit auch auf die gegenwärtigen, komplexen Beziehungen zwischen Afrika und China und die neokolonialistische Ausbeutung afrikanischer Ressourcen Bezug. In seiner jüngsten großen Serie Black Pope (2017) entwirft Fosso schließlich die Erzählung von einer Schwarzen Person als Papst – trotz der 2.000- jährigen Geschichte der Christianisierung Afrikas eine wenig wahrscheinliche Vision.

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Samuel Fosso, Selbstporträt (Angela Davis) aus der Serie African Spirits, 2008 © Samuel Fosso

Eine Besonderheit im Werk Fossos bildet die intime Serie Mémoire d’un ami (2000) – eine Hommage an seinen Freund und Nachbarn Tala, der 1997 in Bangui von bewaffneten Milizen ermordet wurde. Fosso setzt hier seinen eigenen nackten Körper ins Bild, um visuell zu imaginieren, wie die letzte Nacht seines Freundes verlaufen sein könnte. Mit großer Verletzlichkeit visualisiert er Schrecken und Traumata des Krieges.

Im Rahmen der Berlin Art Week 2024

Kuratorin: Kathrin Becker

WANN?

Eröffnung: Samstag, 14. September 2024, 18:00 – 21:00 Uhr

Austellungsdaten: Sonntag, 15. September 2024 – Sonntag, 16. Februar 2025

Öffnungszeiten: Mittwoch, 12:00 – 20:00 Uhr, Donnerstag – Sonntag, 12:00 – 18:00 Uhr

WO?

KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst
Am Sudhaus 3
12053 Berlin

KOSTET?

YOU for KINDL: 10 EUR
KINDL for YOU: 7 EUR
Reduced admission: 4 EUR
Unter 18 Jahren: Eintritt frei

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