„Bleibt zu Hause, wir bringen die Kunst zu euch.“ 48 STUNDEN NEUKÖLLN, Berlins größtes freies Kunstfestival, findet in diesem Jahr vom 19. bis 21. Juni 2020 vor allem digital statt. Unter dem Titel Boom #systemrelevant geht es um den großen Knall und darum, welchen Beitrag Kunst und Kultur leisten können, um die derzeitige außergewöhnliche Situation besser verstehen und meistern zu können. Festival-Besucher*innen können am Rechner und auf der Straße teilnehmen: Ausstellungsbesuche und Künstlergespräche werden in digitale Räume übertragen, Plakatwände und Schaufenster werden zu Ausstellungsflächen. Auch die Pressekonferenz per findet am 11. Juni 2020 um 11 Uhr per Videokonferenz statt.
Abb. oben: Bianca Kennedy: VR all in this together, 2019, 48 STUNDEN NEUKÖLLN 2019, Foto: Jens Ferchland
In Zeiten des Abstandsgebots möchte das Festival die Beziehung zwischen den Künstler*innen in Neukölln und dem Publikum intensivieren und gleichzeitig Alternativen zu physischen Treffen in geschlossenen Räumen erforschen. Versucht wird, das durch unerwartete Begegnungen geprägte Festivalgefühl ins Virtuelle zu übertragen: Eine neue Live-Website ermöglicht auch in dieser Ausgabe zufällige Entdeckungen. Was erwartet die Besucher*innen hinter der nächsten virtuellen Tür? Insgesamt laden 200 künstlerische Projekte zu intensiven Besuchen ein.
Das Programm lässt sich natürlich auch weiterhin individuell planen: Die Festival-Website dient in diesem Jahr als digitales Programmheft, das direkt zu virtuellen Studiobesuchen, Konzert-Streams oder zum Diskursformat in Form von Videokonferenzen verlinkt. Die teilnehmenden Künstler*innen erhalten zudem die Möglichkeit, mit der digitalen Präsentation ihrer Kunst in virtuellen Ausstellungsräumen zu experimentieren – darunter auch in einem Nachbau der Neuköllner kommunalen Galerie im Saalbau.
Die zentral kuratierte Ausstellung Collapse im Umspannwerk mit Arbeiten von 20 Künstler*innen fungiert als Sendestudio für ganz unterschiedliche Formen der digitalen Kunstvermittlung, darunter gefilmte Rundgänge und Führungen sowie Interviews mit teilnehmenden Künstler*innen und Live Speakern. Darüber hinaus ermöglichen Remote-Führungen, in denen Zuschauer*innen mit Kameras ausgestattete Kunstvermittler*innen steuern, eine individuelle Erkundung der Ausstellung.
Zu Gast im Kesselhaus des KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst sind vier kuratierte Positionen, bei denen Klang, Material und Bewegung im Vordergrund stehen und die ebenfalls digital besucht werden können.
Der dezentralen Bespielung des öffentlichen Raums wird in diesem Jahr eine besonders große Rolle zuteil: In der sogenannten Poster Gallery werden mit Unterstützung der Wall AG 75 Werbeflächen mit 75 künstlerischen Arbeiten bespielt, die Künstler*innen eigens im Format des Digitaldrucks realisiert haben. Außerdem finden sich im Festivalgebiet etwa 50 Schaufenster, die es ermöglichen, Kunstwerke von der Straße aus zu betrachten. Fünf SIGNALS – großformatige Kunstwerke mit Signalwirkung – machen an zentralen öffentlichen Orten auf das Festival aufmerksam.
In der derzeitigen außergewöhnlichen Situation ist das fortwährende Engagement der Festivalpartner besonders hervorzuheben. So konnten nicht nur die erwähnten ambitionierten neuen Vermittlungsformate realisiert werden, sondern auch eine Grundversorgung der beliebten Programme gewährleistet werden, die bisher in besonderem Maße auf persönliche Begegnung und Interaktion gesetzt haben: Das Festival für Kinder und Jugendliche JUNGE KUNST NK kann dank der Unterstützung durch das Bezirksamt Neukölln, Abteilung Jugend und die STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mbH digital stattfinden – mit virtuellen Angeboten der Jugendeinrichtungen des Bezirks und einem gestreamten Jugend-Kurzfilmprogramm. Das beliebte Musikschiff bleibt in diesem Jahr im Trockendock – statt auf dem Wasser des Neuköllner Schifffahrtkanals finden Konzerte als Liveübertragungen von der Dachterrasse der Neuköllner Oper statt. Das digitale Diskursprogramm wird unterstützt von boesner Berlin.
Um diesen und anderen musikalischen Projekten eine besondere Sichtbarkeit zu verschaffen, kooperiert des Festivals in diesem Jahr erstmalig mit dem Festival Fête de la Musique.