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Mittwoch, Oktober 9, 2024

JSC X REIF: EVENTIDE by Fa’ Pawaka & LABOUR – Julia Stoschek Foundation | 15.09.-16.09.2022

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Im Rahmen der Gruppenausstellung at dawn präsentieren JULIA STOSCHEK FOUNDATION und REIF eine neue, ortsspezifische Zusammenarbeit zwischen der multidisziplinären Künstlerin Fa’ Pawaka und dem Klangduo LABOUR, die Pawakas Praxis der “sacred tunings” mit den “sonic activations” von LABOUR verbindet. Der Abend mit dem Titel Eventide besteht aus einem von den Künstlern geleiteten Klangparcours und gipfelt in einem Klangbad im dem Kino im Obergeschoss.

Abb. oben: LABOUR live at Metabolic Rift. Photo: Pedro Kuster

Der Abend wird von dem in Berlin gegründeten Kollektiv REIF organisiert. In der Auseinandersetzung mit Themen wie Rekalibrierung und Expansion, sollen innere Vorurteile und Eingrenzungen aufgelöst werden. Die Erfahrung des Publikums steht im Zentrum der Performance, die als Fortsetzung der Praxis von REIF als Label und Eventveranstalter*innen zu verstehen ist. REIF wurde auf der Idee eines kollektiven Engagements gegründet, das verschiedene Formen von Gemeinschaft und Freiräume ermöglichen soll.

Die aktuelle Ausstellung at dawn in der JSC Berlin folgt einem ähnlichen Ansatz, indem sie beispielhaft zeigt, wie Künstler:innen spirituelle, psychische und physische Räume öffnen und für sich beanspruchen, um neue Formen von Kollektivität und Bewusstsein hervorzubringen. Sowohl REIF als auch at dawn orientieren sich an einem utopischen Horizont und führen vor diesem Hintergrund in der Gegenwart Menschen und Kunst zusammen, die an der Bildung von Gemeinschaften gegenseitiger Unterstützung mitwirken. In Anlehnung an ein Zitat von Alice Coltrane, auf das der Ausstellungstitel Bezug nimmt, „sitzen“ wir jeden Morgen wieder [at dawn] „der Tat zu Füßen“. Folgt man dieser Einsicht – so das Mantra weiter – können wir abends [at eventide] so groß sein, dass „der Himmel versteht, was es heißt Himmel zu sein“ [sky will learn sky]. „Eventide“, die Abendstunde, bezeichnet auch das Lebensalter, in dem wir – in einer Interpretation Coltranes – in der Lage sein werden, uns dem Universum so zu öffnen, dass der Kosmos durch uns durchfließen kann. Diese Form von Katharsis durch Rekalibrierung und spirituelle Erweiterung möchten Pawaka und LABOUR durch Klangerfahrung hervorrufen. Die Künstlerinnen laden uns ein, in unsere Körper hineinzuspüren, sie in Beziehung zur Umwelt wahrzunehmen und auf diese Empfindungen einzugehen.

Fa’ Pawaka, auch bekannt als Fahrani Empel oder favelamunk, ist eine multidisziplinär arbeitende Künstlerin aus Indonesien. Seit vier Jahren arbeitet sie mit alchemistischen Kristallschalen, deren heilendes Element und unmittelbare Beruhigung des Körpers die Künstlerin faszinieren. Die von ihr angewandte und als „sacred tuning” bezeichnete Praxis ist eine immersive Erfahrung, die Blockaden lösen, Emotionen ausgleichen und die Zirbeldrüse im Gehirn aktivieren soll. Sie wurde in Zusammenarbeit mit Olle Holmberg und Elisa Lindenberg entwickelt. „Unsere Zellen bestehen aus kristallinen Strukturen; deshalb empfangen Menschen die Frequenzen der Kristallschale unmittelbar auf der Zellebene“, erklärt Fa’. „Sie hat einen sehr starken Effekt.“

LABOUR ist das Projekt von Farahnaz Hatam und Colin Hacklander, deren Kompositionen und Performances sich um das transformative Potential von Klang drehen. Hatam hat Molekularbiologie studiert und arbeitet vor allem mit SuperCollider, einer komplexen Plattform für Audiosynthese und algorithmische Komposition, die eine eigene Sprache darstellt. Colin Hacklander ist Perkussionist, Schlagzeuger und Komponist, dessen Praxis durch posttonale Theorie und elektronische Musik geprägt ist. Zusammen komponiert LABOUR anspruchsvolle experimentelle Musik. Ihre Werke und Performances fördern aktives Zuhören und erhöhtes sensorisches Bewusstsein, was den Kern ihrer „sonic activations“-Serie bildet, die ihre Erkundung in Bezug auf den akustischen Raum als potenziell radikale Geste fortsetzt. Der Name LABOUR ist unter anderem von einer Definition des frühen Marx inspiriert, in der dieser dem Bereich der Arbeit ontologische Bedeutsamkeit zuspricht. Der Philosoph Christopher J. Arthurs definiert Arbeit als die „ontologisch grundlegende Aktivität, in der und durch die man zu dem wird, was man ist“.

REIF ist ein heterogenes Kollektiv, dessen Arbeit sich auf Musik-Compilations und Community-Veranstaltungen materialisiert und darüber hinaus in losen Verbindungen zwischen international tätigen Künstler:innen besteht. Das primäre Interesse des Kollektivs gilt der Konzeption und Organisation von Veranstaltungen und Programmen, die unterschiedliche Ausdrucksweisen von Gedanken, Identitäten, Spielen, Erfahrung und Zusammensein beinhalten. Parallel zur ersten Veröffentlichung auf ihrem Label, Compilation 01 (Dezember 2021), das Künstler:innen wie Wolfgang Tillmans, Cali Rose, KARL HOLMQVIST, Amsara, rRoxymore und Jeff Mills versammelt, kuratierte REIF ein vierteiliges Programm unter dem Titel „Sonic Catharsis“ für das Centre D’Art Contemporain Geneve. Das Nachfolgealbum 02 (Juni 2022) präsentiert Tracks von u. a. CRYSTALLMESS, CEM, Ron Trent, Carminho, Richie Culver, Emma DJ, BABY NYMPH und No Bra. REIF hat derzeit eine Residency im Club Berghain/Panorama Bar in Berlin.

ÜBER JULIA STOSCHEK COLLECTION & FOUNDATION

Die JULIA STOSCHEK COLLECTION (seit 2002) ist eine der weltweit größten Privatsammlungen für zeitbasierte Kunst. Ausgehend von den ersten künstlerischen Experimenten mit Bewegtbild der 1960er- und 1970er-Jahre, liegt der Fokus der Sammlung auf zeitgenössischen Positionen und umfasst mittlerweile über 870 Kunstwerke von mehr als 290 internationalen Künstler*innen. Neben zeitbasierten Werken – Video, Film, Einkanalund Mehrkanal-Videoinstallationen, Multimedia-Environments, Performance-, Klang- und Virtual-Reality-Arbeiten – ergänzen Fotografie, Skulptur und Malerei die Sammlung

Der öffentliche Zugang zur Sammlung wird durch die JULIA STOSCHEK FOUNDATION ermöglicht. Das Anliegen der 2017 von Julia Stoschek gegründeten Non-Profit-Organisation ist die öffentliche Präsentation, Vermittlung, Förderung, Konservierung sowie die wissenschaftliche Aufarbeitung medialer und performativer künstlerischer Praktiken. Dafür unterstützt sie unter anderem internationale Institutionen, Wissenschaftler:innen und Künstler:innen bei der Realisierung ambitionierter Programme und wegweisender Projekte im Bereich zeitbasierter Kunst

WANN?

15. und 16. September 2022, 20:00 und 22:00 Uhr (Einlass: 19:30 Uhr)

RSVP unter https://www.jsc.art/calendar/

WO?

Leipziger Straße 60
10117 Berlin-Mitte

KOSTET?

Freier Eintritt

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