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Freitag, April 19, 2024

Schinkel Pavillon: HUMAN IS | bis 23.07.2023

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Schinkel Pavillon zeigt derzeit die Ausstellung HUMAN IS. Unterscheidungen zwischen Dystopie und Realität fallen angesichts unaufhaltsamer technologischer wie ökologischer Umwälzungen zunehmend zusammen. Vor diesem Hintergrund bedient sich Human Is Science-Fiction als geistiges und ästhetisches Vehikel, um alternative Zukunftsszenarien, politische Vorstellungskraft und eine neue posthumane Ethik zu mobilisieren. Die Ausstellung entlehnt ihren Namen der gleichnamigen Kurzgeschichte von Philip K. Dick (1955) und verhandelt das Menschsein als eine bestreitbare und reversible Kategorie.

Abb. oben: Ivana Basic, Belay My Light, the Ground Is Gone, 2018. Wachs, rosa Alabaster, geblasenes Glas, Atem, Staub, Gewicht, Ölfarbe, Druck, Edelstahl. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. Ian Cheng, Emissary Sunsets The Self, 2017. Live-Simulation und Geschichte, unendliche Dauer, Farbe, Ton. Courtesy der Künstlerin und Pilar Corrias, London und Gladstone Gallery, Brüssel. Joachim Bandau, Schwarzes ruhendes Schlauchmonstrum, 1972. Glasfaserverstärktes Polyesterharz, pigmentiert, Schaufensterpuppen-Segmente, C-Schlauch-Kupplungen, Vacuflex-Schlauch. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und des Neuen Museums Nürnberg. Bild: Frank Sperling, 2023.

Seit dem 19. Jahrhundert und dem voranschreitenden kapitalistischen, wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt bietet Science Fiction einen Spiegel der sich wandelnden »conditio humana« einer jeweiligen Zeit und ihrer Werte, Ängste und Limitierungen. Die scheinbar externe Bedrohung durch extraterrestrisches, übernatürliches oder künstliches Leben entpuppt sich in der Science Fiction nicht selten als die Angst des Menschen vor seinen selbstgeschaffenen und -erlittenen Kulturbedingungen. Die Ungeheuerlichkeit des Unbekannten erhebt sich und erschüttert die Begrenzungen und die zentrale Stellung des menschlichen Protagonisten.

Human Is vereint historische, wegweisende, sowie neu produzierte Kunstwerke. Die Ausstellung zeichnet ein vielstimmiges Bild der gegenseitigen Durchdringungen von Körper und Technologie: Sie behandelt die oft gewaltsamen Verflechtungen des Menschen mit seinen technologischen Umgebungen, opponiert Heilsversprechen transhumanistischen Fortschritts und macht gleichzeitig Möglichkeitsräume auf, in welchen dualistische Taxonomien zugunsten einer vernetzten Existenz überwunden werden können. Human Is nutzt Science-Fiction und spekulative Fiktionen, um die humanistische Idee des Menschseins zum einen, sowie die Spezies des Anthropos zum anderen durch materielle und perspektivische Grenzzonen zu überschreiten. Die Werke machen dabei auch Machthierarchien, die Andere traditionell entmenschlicht haben, sichtbar. Afrofuturismus etwa imaginiert eine Gesellschaft, in der BIPoC* Personen jenseits von der Geschichte der Diskriminierung und Ausbeutung gleichberechtigt leben können und bedient sich dabei nicht selten Strategien der Mutation, Hybridisierung und Tarnung.

DEEDS NEWS - Courtesy of the artist - Photo Frank Sperling
Ivana Basic, Belay My Light, the Ground Is Gone, 2018. Wax, pink alabaster, blown glass, breath, dust, weight, oil paint, pressure, stainless steel. Courtesy the artist. Picture: Frank Sperling, 2023.

Für viele ist der Zusammenbruch der Systeme, auf die wir uns verlassen, keine ferne apokalyptische Zukunft mehr. Die visionäre Science-Fiction-Autorin Ursula K. le Guin betrachtet fiktionale Geschichten als Behältnisse, durch die die Möglichkeiten der menschlichen Erfahrung und des Wissens abseits linearer Fortschrittsnarrative neu entdeckt werden können. Durch sie können zerstörerische Prozesse und Entfremdungen zeitgenössischer Existenz auch Schöpferisches in Gang setzen, hin zu einer neuen Ethik der Relationalität, die möglicherweise nicht mehr genuin menschlich ist.

HUMAN IS

Joachim Bandau, Ivana Bašić, Ian Cheng, David Cronenberg, Sidsel Meineche Hansen, Matthew Angelo Harrison, Tishan Hsu, Mike Kelley, Alexander Kluge, Tetsumi Kudo, Fritz Lang, Nour Mobarak, Sandra Mujinga, Diane Severin Nguyen, Mary Shelley, Ovartaci, Analisa Teachworth, Suzanne Treister und WangShui

Kuratiert von Nina Pohl & Franziska Sophie Wildförster
Projektleitung Teresa Minn
Rechercheassistenz Samuel Staples
Kuratorische Ausgangsidee von Laura López Paniagua

WO?

Schinkel Pavillon
Oberwallstraße 32
10117 Berlin-Mitte

WANN?

Veranstaltungszeitraum:

Sonntag, 19. März – Sonntag, 23. Juli 2023

Erweiterte Öffnungszeiten am Gallery Weekend:

Mi – Fr: 14 – 20 Uhr
Sa – So: 11 – 20 Uhr

Öffnungszeiten:

Do – Fr: 14 – 19 Uhr
Sa – So: 11 – 19 Uhr

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