Die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München hat am 26. Juni 2024 die Silberplastik „Diana auf der Hirschkuh“ des Künstlers Georg Wrba an die Erbin des Industriellen Dr. Max Meirowsky (1866–1949), die in Genf ansässige Bona Terra-Stiftung, restituiert.
Abb. oben: Georg Wrba: Diana auf der Hirschkuh, um 1901, Foto: Lenbachhaus
Proaktive Recherchen des Lenbachhauses ergaben, dass das Werk im Jahr 1938 NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde. Die Landeshauptstadt München bezieht diesbezüglich eine klare Position: Das Unrecht, das durch das nationalsozialistische Regime begangen wurde, darf sich nicht wiederholen. Die öffentliche Hand setzt sich daher nachdrücklich für die Restitution von Kulturgut an die ehemaligen Eigentümer*innen bzw. ihre rechtmäßigen Erb*innen ein. Grundlage für die Rückgabe des Werks sind die Grundsätze der Washingtoner Erklärung von 1998 in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden. Der Kulturausschuss des Stadtrates der Landeshauptstadt München hat am 2. Mai 2024 die Restitution beschlossen.
Die Silberplastik „Diana auf der Hirschkuh“ gilt als eines der Frühwerke des Münchner Künstlers Georg Wrba (1872–1939). Ein bronzener Guss der Figur soll erstmals 1899 im Rahmen der Ausstellung der Münchner Secession präsentiert worden sein. Es gibt mehrere Fassungen der Plastik, aus Bronze oder Silber, hergestellt in unterschiedlichen Gießereien. Dennoch belegen die Unterlagen eindeutig, dass es sich bei diesem Objekt um die Silberplastik aus der Sammlung von Dr. Max Meirowsky handelt.
Über Dr. Max Meirowsky
Der Kölner Unternehmer, Mäzen und passionierte Kunstsammler bediente mit seinem Unternehmen für Isoliermaterial die wachsende Nachfrage der Automobil- und Elektroindustrie. Mit seinem Vermögen baute er sich eine Kunstsammlung auf, die Werke von Renoir, Gauguin und van Gogh enthielt. Für den Ausbau seiner 1910 erbauten Villa in Köln-Lindenthal hatte er den Münchner Künstler Georg Wrba engagiert. Mitte der 1920er Jahre hatte Meirowsky seine Stelle als Direktor des Kölner Unternehmens „Meirowsky & Co AG“ niedergelegt und zog nach Berlin. Seine Berliner Firma stellte 1927 den Betrieb ein, das Firmengrundstück wurde 1938 zwangsverkauft.
Gleiches Schicksal erlitt seine Sammlung: Nachdem Meirowsky ab 1936 deutschen Museen einzelne Werke zum Verkauf anbot, veräußerte er ab 1937 ganze Konvolute. Im November 1938 versteigerte das Berliner Auktionshaus Hans W. Lange 140 Objekte aus seiner Sammlung. Insgesamt gelten noch bis heute mehr als 300 Werke seiner Sammlung als vermisst. Den Erlös benötigte er dringend für die Bezahlung der sogenannten Reichsfluchtsteuer und der sogenannten Judenvermögensabgabe. Das Lenbachhaus erwarb zwei Objekte auf der Berliner Auktion. Neben der Silberplastik von Georg Wrba auch ein Gemälde von Philipp Röth, das bereits 2012 restituiert werden konnte.
Unmittelbar nach der Auktion emigrierte Meirowsky über die Niederlande in die Schweiz. Er verstarb 1949 als Staatenloser in Genf. In seinem Testament vom 3. Juni 1948 bestimmte er die Gründung der Bona Terra-Stiftung, die sich der Förderung des Handwerks und der Landwirtschaft in Israel widmen soll. 1954 konnte die Stiftung durch die Unterstützung des Testamentsvollstreckers, Paul Guggenheim, ins Leben gerufen werden.
Kulturreferent Anton Biebl betont: “Erstarkender Rechtspopulismus nährt sich von einer Abkehr von der Erinnerungskultur und dem Ignorieren der historischen Verpflichtungen, die wir haben. Die Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut gehört zur besonderen Verantwortung bei der Erinnerung an die im Nationalsozialismus Verfolgten und Ermordeten. Ich freue mich daher ganz besonders, dass die Landeshauptstadt München heute die Silberplastik ‚Diana auf der Hirschkuh‘ von Georg Wrba an die Erbin nach Dr. Max Meirowsky zurückgibt.”