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Sonntag, November 10, 2024

Bewundert, gesammelt, ausgestellt. Behinderung in der Kunst des Barock und der Gegenwart – Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes | 31.10.2024-03.03.2025

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Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden präsentieren ab Donnerstag, 31. Oktober 2024, die Ausstellung „Bewundert, gesammelt, ausgestellt. Behinderung in der Kunst des Barock und der Gegenwart“. Die Ausstellung wird von Dirk Weber kuratiert.

Abb. oben: Jakob Hoffmann, Bildnis des Thomas Schweicker, 1595© Kunstkammer Georg Laue, München/London, Foto: Jens Bruchhaus

Seit 1603 befand sich ein ikonisches Gemälde in der kurfürstlichen Kunstkammer in Dresden. Es zeigt den Fußkünstler Thomas Schweicker (1540-1602) aus Schwäbisch Hall – einen Mann, der ohne Arme zur Welt gekommen war und als Kalligraph überregionale Berühmtheit erlangte.

Das Werk war im zweiten Raum der Kunstkammer neben den Porträts der kurfürstlichen Familie und befreundeter Adelshäuser ausgestellt. Nach Auflösung der Sammlung im Jahr 1832 ging es in den Besitz der Gemäldegalerie über und wurde schließlich verkauft.

Im Rahmen der Sonderausstellung „Bewundert, gesammelt, ausgestellt. Behinderung in der Kunst des Barock und der Gegenwart” kehrt es als Leihgabe des Sammlers Thomas Olbricht erstmals nach Dresden zurück. Es gehört zu den Leitobjekten einer Kabinettausstellung im Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes, die sich mit dem Thema Behinderung in der höfischen Kunst auseinandersetzt und von Werken zeitgenössischer Künstler*innen ergänzt wird.

Neben Portraits und Schriftproben von Thomas Schweicker zeigt die Schau einen weiteren Fußkünstler des 17. Jahrhunderts, dessen Porträt und Kunstwerk bisher unveröffentlicht sind. Ein Harnisch des „Hofzwergs“ Rupert von der Veste Coburg wird ebenso zu sehen sein, wie verschiedene Darstellungen des kleinwüchsigen Hofbediensteten Hante, der wohl aus Indien nach Dresden kam.

Die Präsenz und die Zurschaustellung behinderter Menschen an den europäischen Fürsten- und Königshäusern verdeutlichen die Ambivalenz zwischen privilegierter Stellung, Ansehen und Diskriminierung. Kleinwüchsige Menschen etwa bekleideten Ämter als sogenannte „Hofzwerginnen“ und „Hofzwerge“. Dieses Spannungsfeld wird auch in den überaus populären „Zwergendarstellungen“ jener Zeit sichtbar, die vor allem in der Druckgrafik und in der Schatzkunst weite Verbreitung fanden. Die Ausstellung reflektiert darüber hinaus auch das Motiv der erworbenen Behinderung – etwa als Folge von Kriegen – oder die Erfindung prothetischer Hilfsmittel im Spiegel der Zeit.

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Schwedischer Grenadier mit Stelzfuß, Dresden, wohl 1709-1725© Grünes Gewölbe, SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Neben der historischen Dimension wird der Bogen in die Gegenwart gespannt. Die vier Künstler*innen Eric Beier, Eva Jünger, Steven Solbrig und Dirk Sorge entwickelten unterschiedliche Beiträge, um die Präsentation auf kuratorischer und künstlerischer Basis zu erweitern und etablierte Normen kritisch zu hinterfragen. Die Arbeiten werden in der Sonderausstellung und als Intervention in der Dauerausstellung des Neuen Grünen Gewölbes zu sehen sein.

Ein visuelles Leitsystem, konzipiert und gestaltet von Eric Beier, wird die Besuchenden vom Kleinen Schlosshof in den Sponsel-Raum und zu den zeitgenössischen Kunstwerken führen. Steven Solbrig wird am Eröffnungsabend eine Lecture Performance mit dem Titel „Soon We Will Be Legends? Von Bettlern, Wundern, Crips im Barock und der Gegenwart“ halten, in deren Zentrum die Ambivalenzen und Kontinuitäten der Verhandlung des menschlichen Körpers steht.

Unter den rund 50 Objekten befinden sich neben Arbeiten aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wertvolle Leihgaben aus der Olbricht Collection, dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, dem Nationalmuseum in Breslau (Wrocław), dem Kunsthistorischen Museum Wien, den Kunstsammlungen der Veste Coburg und aus der Schatzkammer Esterházy in Eisenstadt.

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Dirk Sorge, “Preziosi e Precari”, Philippinen, 1. Viertel 21. Jh.© Dirk Sorge

Inklusion ist den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden grundsätzlich und im Besonderen bei dieser Ausstellung ein wichtiges Anliegen. Damit die Ausstellung für alle Besuchenden möglichst barrierefrei zugänglich ist, wurde ein Begleitprogramm u.a. mit Führungen für sehbehinderte und blinde Menschen, für Gehörlose und Menschen mit Demenz, ein Künstler*innengespräch und ein Symposium in Kooperation mit der sächsischen Servicestelle Inklusion im Kulturbereich (SIK) konzipiert. Alle Beschriftungstexte, ebenso wie das kostenlos erscheinende Begleitheft, gibt es in einfacher Sprache in Deutsch und Englisch.

Am Mittwoch, den 4. Dezember 2024 veranstalten die SKD in Kooperation mit der SIK die Tagung „Die Unbekannten. Symposium zur Repräsentation von Behinderung in der Kunst“ im Albertinum. Viele Kunstsparten blicken auf eine jahrhundertealte Tradition, in der Behinderung keine eigene Rolle spielt. Dabei ist oft ein kuratorischer Blick vorherrschend, der Behinderung marginalisiert, exotisiert oder stigmatisiert. Die Veranstaltung bietet einen Rahmen, um Repräsentationspraktiken von Behinderung zu hinterfragen und als Bereicherung der kuratorischen Praxis und des etablierten Kunstdiskurses zu entdecken.

WANN?

Ausstellungsdaten: Donnerstag, 31. Oktober 2024 – Montag, 03. März 2025

WO?

Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes
Residenzschloss, Taschenberg 2
01067 Dresden

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