Die bedeutende Sammlung der Kunst der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle zeigt in einer großen Schau ihre neuesten Erwerbungen und Schenkungen (something new) im Dialog mit wichtigen Arbeiten, die bereits länger die Sammlung bereichern (something old) und beleuchtet diese mit besonderen Leihgaben, die auf der Wunschliste des Museums für eine dauerhafte Übernahme stehen (something desired) und teils speziell für die Präsentation entstanden sind.
Abb. oben: Annika Kahrs (*1984) Infra Voice, 2018 3-Kanal-Videoinstallation, 10:35 Min., in Farbe, mit Ton Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe des Fonds für Junge Kunst der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen © Annika Kahrs Foto: Hans Wulf Kunze
Die spannungsvolle Zusammenstellung an Werken von über 50 – größtenteils international renommierten – Künstler*innen zeigt auf beeindruckende Weise, wie enorm vielstimmig die Kunst der Gegenwart ist. Dabei behandeln die Arbeiten aktuelle und virulente Themen unserer Zeit: Verständigung und Kommunikation, Abschottung und Abgrenzung, Machtausübung und Protest sowie Utopie und Struktur. Präsentiert werden fotografische Serien, multimediale Rauminstallationen, Videoprojektionen, architektonische Modelle und Gebilde aus Stoff, die (virtuelle) Welten und Wirklichkeiten in den Blick nehmen, das Spannungsfeld von Form und Auflösung thematisieren und Potentiale der Vernetzung in Stoff und Sprache zeigen. Etwa drei Viertel der ausgestellten Arbeiten sind erstmalig in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.
Die Rußspuren an der Wand des italienischen Arte Povera-Künstlers Jannis Kounellis treffen auf eine fotografische Serie von Annette Kelm, welche die Umschläge von verbrannten Büchern aus der NS-Zeit zeigt. Die dicht aufeinander geschichteten Jutesäcke von Kounellis finden eine sehr zeitgenössische Entsprechung in einem Garagentor von Andreas Slominski. Die hier aufgeworfenen Fragen von Abschottung und Abgrenzung durchziehen auch die multimediale Installation der Hamburger Künstlerin Cordula Ditz, die sich mit dem jungen Hamburger Widerstandskämpfer Helmuth Hübener beschäftigt, der 17-jährig von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde.
Lost in translation ist der Leitgedanke eines thematischen Zusammenhangs, in dem es um Verständigung und Übersetzung geht. Das kann die Kommunikation zwischen Mensch und Tier mit den Mitteln der Musik sein, wie es in der großformatigen Mehrkanal-Videoprojektion von Annika Kahrs der Fall ist: Giraffen von Hagenbecks Tierpark werden hier in ein Zusammenspiel mit Musik des größten Streichinstruments der Welt, einem Oktobass, gebracht. Kommunikationsprobleme zwischen Menschen verschiedener Kontinente sind Thema von Simon Fujiwaras beeindruckenden Rauminstallationen.
Fragen nach Machtausübung und Protest stellen die Künstler Thomas Demand (mit der Fotoserie Oval Office) oder auch der japanische Fotograf Seiichi Furuya, der sich in seiner Dia-Installation Mémoires dem Spannungsfeld von Individuum Annika Kahrs (1984) Infra Voice, 2018 3-Kanal-Videoinstallation, 10:35 Min., in Farbe, mit Ton Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe des Fonds für Junge Kunst der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen © Annika Kahrs Foto: Hans Wulf Kunze MIRA FORTE Leiterin Presse- & Öffentlichkeitsarbeit Hamburger Kunsthalle Stiftung öffentlichen Rechts Glockengießerwall 5 20095 Hamburg T +49-(0)40-428131-204 F +49-(0)40-428131-884 presse@hamburger-kunsthalle.de www.hamburger-kunsthalle.de und Staat widmet. Die große Rauminstallation New Management von Simon Denny beschäftigt sich mit der sogenannten Frankfurt Declaration von 1993, einer globalen Marktführer-Strategie von Samsung. Die Künstlerinnen Sara Sizer, Edith Dekyndt, Hannah Rath und Fernando de Brito nutzen hingegen das Gewebe von Textilien, um auf abstrakt-poetische Weise Vernetzungen und Verknüpfungen anschaulich zu machen. Ihre zarten und zugleich präsenten Arbeiten sind gleichsam Architekturen aus Stoff, denen die gebauten Modelle von Wirklichkeit und virtuellen Welten (Thomas Schütte, Jan Köchermann, Tilman Walther) antworten.
Begleitend zu something new, something old, something desired gibt es zehn Filmbeiträge zu zehn Künstler*innen, die den Aufbau bzw. die Installation der jeweiligen Arbeiten vor Ort in der Hamburger Kunsthalle im Gespräch mit der Kuratorin vorstellen und damit einen ungewöhnlichen Blick hinter die Kulissen ermöglichen.
Beteiligte Künstler*innen: Jan Albers, Fernando de Brito, Günter Brus, Nina Canell, Robert Cottingham, Stephen Craig, Jose Dávila, Edith Dekyndt, Thomas Demand, Simon Denny, Cordula Ditz, Peter Doig, Simon Fujiwara, Seiichi Furuya, Zvi Goldstein, Anna Grath, Christian Haake, Raymond Hains, Almut Heise, David Hockney, Karl Horst Hödicke, Annika Kahrs, Annette Kelm, Jürgen Klauke, Hans-Jürgen Kleinhammes, Bernd Koberling, Jan Köchermann, Jannis Kounellis, Jens Lausen, Jean Leppien, Almut Linde, Axel Loytved, Paul McCarthy & Mike Kelley, Annette Messager, Gerold Miller, Simon Modersohn, Robert Morris, Bruce Nauman, Cady Noland, Sigmar Polke, Tobias Putrih, Hannah Rath, Daniel Richter, Gerhard Richter, Grit Richter, Thomas Schütte, Richard Serra, Sara Sizer, Andreas Slominski, Paul Spengemann, Pia Stadtbäumer, Paul Thek, Wolfgang Tillmans, Philippe Vandenberg und Tilman Walther.
WO?
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall 5
20095 Hamburg
WANN?
Freitag, 18. Februar 2022 bis Sonntag, 18. Februar 2024
Di-So 10 – 18 Uhr
Do 10 – 21 Uhr