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Samstag, April 20, 2024

Berlinische Galerie zeigt Ruth Hildegard Geyer-Raack: Raumgestaltung der 1920er bis 1950er Jahre | bis 18.04.2022

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Die Berlinische Galerie zeigt noch bis Mitte April Werke der Künstlerin und Innenarchitektin Ruth Hildegard Geyer-Raack von den 1920er bis 1950er Jahren. Ausgewählte Werke werden in der Dauerausstellung des Hauses präsentiert.

Abb. oben: Ruth Hildegard Geyer-Raack, Musterentwurf für Stoff oder Tapete, um 1930, © Sybille Geyer-Lehmann

Ruth Hildegard Geyer-Raack (1894–1975) war in der Weimarer Republik eine weit über Berlin hinaus bekannte Innenarchitektin, Wandmalerin und Designerin. Sie hatte sich auf hochwertige und anspruchsvolle Raumausstattungen spezialisiert. Ihre sachlich-eleganten Entwürfe brachten gegensätzliche moderne Einrichtungsstile wie Bauhaus und Art Déco in harmonischen Einklang. Die Berlinische Galerie präsentiert in ihrer Dauerausstellung neben Archivmaterialien erstmalig einen Originalstoff der „Vereinigten Werkstätten“, 12 ausgewählte Musterentwürfe für Stoffe und Tapeten sowie 15 Fotografien realisierter Raumgestaltungen aus dem eigenen Bestand.

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Ausstellungsansicht “Ruth Hildegard Geyer-Raack”, Foto: © Roman März

Ausgestellte Werke

In ihren frühen Werken verbindet Ruth Hildegard Geyer-Raack traditionelle florale Motivik mit geometrischer Abstraktion. Ihre großflächigen Wandmalereien in privaten und öffentlichen Innenräumen, die fotografisch überliefert sind, waren bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung außergewöhnlich. Die heiteren, von der Natur inspirierten Phantasiewelten trugen zu einer besonderen, warmen und modernen Wohnatmosphäre bei.

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Ruth Hildegard Geyer-Raack, Textilentwurf mit Tulpen, Azaleen, Fleißigen Lieschen und Vergissmeinnicht, um 1932, © Sybille Geyer-Lehmann

Dokumentarische Fotografien und die Ausstellungsbroschüre der Kölner „Internationalen
Raumausstellung“ (IRA) 1931 stellen den Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn dar: Neben renommierten innovativen Architekten diverser Stilrichtungen wie Bruno Paul, Adolf Loos, Le Corbusier und Marcel Breuer präsentierte sie dort als einzige Frau am Beispiel des Wohn- und Schlafraums der Dame auch eigene Gestaltungsvorschläge.

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Hugo Schmölz, Wohn- und Schlafraum der Dame entworfen von Ruth Hildegard Geyer-Raack, Internationale Raumausstellung (IRA), Köln 1931, © Sybille Geyer-Lehmann

Ausgewählte farbige Musterentwürfe für Tapeten und Stoffe aus der Nachkriegszeit lassen
erkennen, dass Geyer-Raack mit den Designvorstellungen der Zeit ging, ohne ihre persönliche, weiche und moderne Formensprache aufzugeben. In der Galerie Bremer, einem kulturell bedeutenden Treffpunkt West-Berlins, präsentierte sie eine in schwarzweißen Aufnahmen dokumentierte Kollektion von Regalen, deren Merkmal in markanten Schrägen liegt.

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Ruth Hildegard Geyer-Raack, Textilentwurf für Dessin „Madagaskar“ von 1951, undatiert, © Sybille Geyer-Lehmann

Für die rasche und preiswerte Serienproduktion von Stoffen und Tapeten entwarf sie vereinfachte Muster aus Kreisen, Dreiecken oder linearen Strukturen. Um eine kühle Strenge zu vermeiden, verwandte sie auch geschwungene dünne Linien und kombinierte diese mit weiterhin zurückhaltenden, freundlichen und warmen Farbtönen.

Biografie

Ruth Gertrud Hildegard Raack wurde am 16. Juni 1894 in Nordhausen am Harz geboren. Der Umzug ihrer Familie brachte sie 1913 nach Berlin. Hier studierte sie Malerei an der „Unterrichtsanstalt“ des Staatlichen Kunstgewerbemuseums. Die Leitung dieser Schule hatte seit 1907 der Architekt und Möbeldesigner Bruno Paul (1874–1968) inne, mit dem die Künstlerin später auch beruflich zusammen arbeitete. 1920/21 nahm sie an Sommerkursen des Bauhauses in Weimar teil.

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Fotograf*in unbekannt, Porträt Ruth Hildegard Geyer-Raack, um 1930, © Sybille Geyer-Lehmann

Zwei Jahre nach ihrer Heirat mit dem Regierungsrat Hugo Wilhelm Hermann Geyer
(1884–1975) am 2. September 1922 eröffnete sie unter ihrem neuen Namen Geyer-Raack in Berlin ihr eigenes Atelier. 1925 wird sie Mitglied im Deutschen Werkbund und 1928/29 Mitarbeiterin der Deutschen Werkstätten Hellerau. Bis in die 1930er Jahre reiste sie zu Studienzwecken mehrfach nach Paris, der damaligen Hochburg des Art Déco-Stils. Dort lernte sie den Architekten und gebürtigen Ungarn André Sivé (Geburtsname: András Szivessy) kennen, dessen Möbelentwürfe sie in Ausstellungen mit ihren Wandmalereien ergänzte.

Eine weitreichende publizistische Präsenz ab 1928 in bekannten Fachzeitschriften wie
„Innendekoration“, „Dekorative Kunst“ oder „Das Ideale Heim“ brachten Geyer-Raack zahlreiche Aufträge ein. Es entstanden Raumgestaltungen in Landhäusern, öffentlichen Gebäuden und Passagierschiffen. Des weiteren entwarf sie Stoffe und Tapeten für Firmen wie u. a. „Deutsche Werkstätten Textilgesellschaft“ (DeWeTex), Tapetenfabrik „Gebr. Rasch“, „Zimmer & Rohde“.

Als künstlerische Leiterin der „Internationalen Raumausstellung“ in Köln wurde sie überregional bekannt. Dort zeigte sie einen vielfältigen Querschnitt aktueller Wohnideen der internationalen architektonischen Avantgarde.

Mit einsetzender Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit fehlten Käufer*innen
für eine anspruchsvolle Raumkunst. Zudem verschärfte Hitlers Machtantritt nach 1933 die kunstpolitischen Rahmenbedingungen und versperrte den Weg für eine international aufgeschlossene, moderne Innenarchitektur in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Geyer-Raack vor allem für die boomende Textil-, Tapeten- und Möbelindustrie.

Bis zu ihrem Tod in Berlin am 19. März 1975 konnte sie jedoch an ihre Erfolge aus der Zeit um 1930 nicht mehr anschließen.

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Ausstellungsansicht “Ruth Hildegard Geyer-Raack”, Foto: © Roman März

Arbeiten der Künstlerin sind heute in renommierten Sammlungen vertreten, unter anderem im BauhausArchiv Berlin, im Kunstgewerbemuseum Dresden, in der Neuen Sammlung für angewandte Kunst in München, im Tapetenmuseum Kassel oder im Art Institute of Chicago.

WANN?

Mittwoch, 12. Januar – Montag, 18. April 2022

Mi–Mo 10–18Uhr
Di geschlossen

WO?

Berlinische Galerie
Landesmuseum für Moderne
Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124–128
10969 Berlin-Kreuzberg

KOSTET?

Eintritt 10 EUR, ermäßigt 6 EUR
Abweichende Preise bei Sonderausstellungen sind möglich.

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