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Donnerstag, April 25, 2024

Systematic Predetermination. Eine Ausstellung mit ciphrd, Ryan Bell + Leander Herzog im SP2 | 18.11.-18.12.2022

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Bevor die generative Kunst zu der globalen Kunstform wurde, die für unser zunehmend digitales Leben steht, wurde sie 1965 in Deutschland erstmals öffentlich vorgestellt. Georg Nees’ Computergrafik in der “Studiengalerie der TH Stuttgart” war die weltweit erste Ausstellung programmierter Kunst. Als Nees seine maschinengenerierten Zeichnungen zum ersten Mal sah, sagte er: “Hier entsteht etwas, das nicht wieder verschwinden wird.”

Abb. oben: Ryan Bell Fragments of a Wave #26, 2022 (Fragments of a Wave) Gerahmter Alu-Dibond-Druck.

Die Ausstellung im SP2 Kunstraum, eine Feier dieser “wunderbar stillen Gespräche”, lädt den Betrachter auf eine Reise ein, um die kompositorische Komplexität, die Abstraktionsebenen und vor allem die Vielseitigkeit der generativen Kunst zu erleben. Die hier präsentierten Werke von ciphrd, Ryan Bell und Leander Herzog reichen von einer sich ständig weiterentwickelnden und unendlich variablen figurativen Arbeit über eine gedruckte Komposition mit einer festen Form bis hin zu einer völlig abstrakten interaktiven Ode an den Minimalismus.

DEEDS NEWS - courtesy of SP2 - ciphrd
ciphrd Ethereal Microcosm #12, 2022 (Ethereal Microcosm)

Ethereal Microcosm #12 von ciphrd beginnt mit dem visuell komplexesten und am wenigsten abstrakten Werk und erforscht “algorithmische Organismen in einer abgeschlossenen Umgebung”, um die robusten Möglichkeiten der programmatischen Kunst zu zeigen. Kompositorisch verbindet Ethereal Microcosm #12 die Spontaneität und die natürliche Inspiration von Hemlock der abstrakten Expressionistin Joan Mitchell mit der Anordnung von Wassily Kandinskys Circles in a Circle und erzeugt so ein animiertes, lebendiges Nachkommen. Mit sich ständig verändernden Mustern, die sich entwickeln, interagieren und unendlich mutieren, ist das Werk jedes Mal anders, wenn man es erneut betrachtet, genau wie der Betrachter. ciphrd verleiht dem Ätherischen Mikrokosmos #12 eine Seele und Lebendigkeit, die sich überraschend real anfühlt. Der Philosoph Max Bense bezeichnete die grafischen Arbeiten von Nees aus dem Jahr 1965 als “künstliche Kunst”; ciphrd hat 2022 künstliches Leben geschaffen.

DEEDS NEWS - courtesy of SP2 - Leander Herzog
Leander Herzog Returns #90, 2021 (Returns)

Im Gegensatz zu den endlosen Kompositionen und der Dynamik von Ethereal Microcosm #12 betonen die starren Formen von Ryan Bells Fragments of a Wave #26, #250 und #376 die Wurzeln der generativen Kunst in der geometrischen Abstraktion, ohne dabei auf visuelle Komplexität zu verzichten. Wie der Name schon sagt, spielen auch die Fragmente einer Welle mit der Vorstellung einer kontinuierlichen Bewegung, sind aber dennoch statisch. Sie ziehen den Betrachter in ihren Bann und regen ihn dazu an, die detaillierten Muster, Paletten und den Rhythmus jedes einzelnen Werks genau zu betrachten und zu würdigen. Die Werke erinnern an die dicht gepackten, farbenfrohen Formen von Paul Klees Highway and Byways. Während Ethereal Microcosm #12 die Vorteile des digitalen Mediums voll ausschöpft, erinnert Fragments of a Wave den Betrachter daran, dass ein Kunstwerk mit einem Endergebnis ebenso befriedigend sein kann wie das Unendliche.

Leander Herzogs Returns #90 schließlich verzichtet auf kompositorische Komplexität und lässt sich von den minimalistischen Skulpturen von Anne Truitt, der Reinheit von Ellsworth Kellys Form und Farbe und der Kühnheit von Paul Kremers kantigen Kompositionen inspirieren. Obwohl die künstlerische Sprache im Vergleich zum auffallend digital geprägten Ethereal Microcosm #12 eher der Mitte des Jahrhunderts entstammt, erforscht Returns #90 zwei Säulen der generativen Kunst: Interaktivität und Zufälligkeit. Ein einfacher Klick auf das Kunstwerk offenbart immer wieder neue, sich zufällig verändernde Kompositionen. Mit generativer Kunst kann selbst das scheinbar Einfache die Grenzen des Machbaren in der Kunst erweitern.

WO?

SP2
Schillerpromenade 2
12049 Berlin-Neukölln

WANN?

Eröffnung: meist am zweiten Freitag im Monat, 18-21 Uhr

Ausstellungsdaten: Freitag, 18. November bis Sonntag, 18. Dezember 2022

geöffnet nach Vereinbarung per Email: sp2contemporary@gmail.com

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