Das Osthaus Museum Hagen eröffnete vor einigen Tagen die Ausstellung „Venetian Bubbles 2.5“ des Künstlers Georg Dokoupil. Diese zeitgenössische Intervention spiegelt seine jahrelange, unermüdliche Erforschung neuer Materialien und Techniken wider.
Abb.oben: Installationsansicht von „Venetian Bubbles 2.5“ von Georg Dokoupil im Osthaus Museum Hagen, 2024. Fotografie von Deyan Pavlov.
Als Gewinner des Karl Ernst Osthaus-Preises 2024, der alle zwei Jahre an bildende Künstler verliehen wird, ist Georg Dokoupil eingeladen, seine Einzelausstellung ‚Venetian Bubbles 2.5‘ im Osthaus Museum in Hagen zu präsentieren. Sie erstreckt sich über die Neue Galerie und die Zentrale Halle, zwei der größten Räume des Museums und zeigt die ersten großen skulpturalen Arbeiten des Künstlers aus Glas, neun großformatige Gemälde, Arbeiten auf Papier und 20 kleinformatige Seifenblasen-Bilder, die die Leichtigkeit und Zeichen von Freiheit, Spiel und Humor in seiner Kunst verdeutlichen.
Eine Schlüsselfigur der Neuen Wilden in Deutschland und bekannt für seine unkonventionellen Experimente in der globalen Kunstszene, hat Dokoupil sich nie auf ein bestimmtes Genre oder einen Stil festlegen lassen. Sein gesamtes Schaffen zeichnet sich durch den Bruch mit traditionellen Maltechniken, den ständigen Wechsel des Mediums und die Ablehnung eines festen Stils aus. Seit Ende der 1970er Jahre hat er Werke auf Leinwand geschaffen, oft ohne die üblichen malerischen Mittel. Stattdessen nutzt er unkonventionelle Materialien wie Kerzenruß, Autoreifen, Früchte, Schaum oder Seife, um seine Bilder zu gestalten. Die Freiheit und die Herausforderung, alles, was die Kunstgeschichte zu bieten hat, in seine eigene künstlerische Welt zu integrieren, sind seit jeher zentrale Elemente seiner Arbeit.
Dokoupils Ausstellung ‚Venetian Bubbles 2.5‘ überrascht erneut: Auch nach über dreißig Jahren Beschäftigung mit seinem Seifenblasen-Thema präsentiert er eine völlig neue Werkgruppe. Diese Werke, die erstmals in den Sale Monumentali der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig gezeigt wurden und nun im Osthaus Museum Hagen ausgestellt werden, eröffnen einen neuen Ansatz. Neun großformatige Gemälde (200 x 400 Zentimeter), die farbigen Seifenblasen zeigen, spiegeln die Freiheit seiner Technik. Seit den späten 1970er mischt er Seifenlauge mit Pigmenten und pustet die Seifenblasen auf eine mit Farbe bestrichene Leinwand, wobei er ihr Zerplatzen so steuert, dass komplizierte organische Abdrücke entstehen. Diese unvorhersehbaren Muster rufen ein Moment der Spontanität hervor, die die in der Malerei häufig anzutreffende Dauerhaftigkeit in Frage stellt. Gleichzeitig reflektiert Dokoupil über die menschliche Existenz. – Der Atem, mit dem die Blasen entstehen, evoziert einen flüchtigen, vergänglichen Moment.
Ebenfalls in der Ausstellung vertreten sind sieben neue Glasskulpturen, eine Erweiterung seiner berühmten Seifenblasenbilder, in der er mit spielerischer Leichtigkeit und einem Hauch Frechheit Flaschengestelle (80 bis 200 Zentimeter hoch) nutzt, um seine aus buntem Glas gefertigten Seifenblasen „trocknen“ zu lassen. Der Künstler nennt sie ‚Homemade Venetian Bubbles‘ und ehrt damit ihre nationale Herkunft verschiedener Hersteller von Kristallglas in der Tschechischen Republik, seiner Heimat. Der vergängliche Charakter der Seifenblasen tritt in einen spannenden Dialog mit dem Unmöglichen: eine Seifenblase, eingefangen und konserviert auf dem Höhepunkt ihrer Existenz. Eine auffällige Gegenüberstellung von Zerbrechlichkeit und Stärke unterstreicht damit auch die wiederkehrenden existenziellen Themen von Vergänglichkeit und Dauerhaftigkeit in Dokoupils Schaffen.
In seinen jüngsten Skulpturen, den ‚Open Bubbles Condensation Cubes,‘ die eine Hommage an seinen ehemaligen Lehrer Hans Haacke und dessen ‚Condensation Cube‘ (1963–1968) darstellen, gelingt es Dokoupil, ein System innerhalb eines bestehenden Systems zu erschaffen. Er integriert Glasblasen in einen Kasten, der mit kondensiertem Wasser gefüllt ist. Durch einen physikalischen Prozess entwickelt sich dieser Kasten zu einer organischen Einheit, die die äußeren Bedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit in das Kunstwerk einbezieht und so die Umgebung nahtlos integriert.
Die Auseinandersetzung mit der Architektur des Museums führte zu einer zusätzlichen Auswahl kleinformatiger Seifenblasen-Bilder, die erstmals in dieser Ausstellung zu sehen sind. Die Vielfalt der Formate und Techniken demonstriert eindrucksvoll die unendlichen Möglichkeiten, die diese Art der Malerei dem Künstler bietet.
Über Georg Dokoupil
Georg Dokoupils Hauptthema ist die Malerei. Er weigert sich, sich einem persönlichen Stil, einer Haltung oder einem konventionellen künstlerischen Ansatz unterzuordnen. Der offene und experimentierfreudige Künstler schafft mit unkonventionellen technischen Erfindungen unterschiedlichste Bildwelten: Er bringt Farbe mit einer Peitsche oder mit Autoreifen auf die Leinwand, er schafft Kerzenbilder mit Ruß oder bindet Pigmente in Seifenblasen, um sie dann auf seinen Leinwänden zerplatzen zu lassen. Der Künstler fixiert das Ephemere in seinen Bilderfindungen. Das Œuvre Dokoupils umfasst über 60 Serien und weit mehr als 100 erfundene Techniken oder Stile.
Dokoupil wurde 1954 in Krnov, der ehemaligen Tschechoslowakei, geboren. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee in Prag im Jahr 1968 floh er mit seiner Familie nach Deutschland. Von 1976 bis 1978 studierte Dokoupil Bildende Kunst in Köln, Frankfurt am Main und in New York an der Cooper Union bei dem Konzeptkünstler Hans Haacke. Dokoupil war Gründungsmitglied der deutschen Künstlergruppen Mülheimer Freiheit und Junge Wilde, die in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren entstanden.
Die Gruppe war mit dem legendären Kunsthändler Paul Maenz verbunden, der 1982 Dokoupils erste Einzelausstellung in Köln organisierte. In ihrem gemeinsamen Atelier in der Kölner Mülheimer Freiheit suchten die Jungen Wilden nach einem zeitgemäßen Ausdruck für ihre Kunst, indem sie einen neo-expressiven, figurativen Stil der farbintensiven Malerei mit traditionellen Sujets einsetzten und die intellektuelle, reduzierte Formensprache der Minimal- und Konzeptkunst überwanden. Dokoupil lehrte auch als Gastprofessor an der Kunstakademie Düsseldorf von 1983 bis 1984 und in Madrid im Jahr 1989.
Dokoupil entwickelte eine weniger wilde, eher ungewöhnliche Arbeitsweise und fand bald seinen eigenen radikal subjektiven Weg mit individuellen Überlegungen. Mit seiner 1982 auf der documenta 7 in Kassel gezeigten „Buchmalerei“ erregte Dokoupil weithin die Aufmerksamkeit der Kunstwelt. Seitdem waren Dokoupils Arbeiten – neben den frühen Gruppenausstellungen mit der Mülheimer Freiheit – in zahlreichen Einzelausstellungen in Galerien, Museen und an anderen Kulturorten weltweit zu sehen.
Über Reiner Opoku
Reiner Opoku ist ein in Berlin ansässiger Kunstberater und internationaler Kunstvermittler. Seit den frühen 1980er Jahren hat er zahlreiche internationale Kunstausstellungen kuratiert und vertritt eine Vielzahl renommierter zeitgenössischer Künstler. Reiner Opoku fungiert als Berater und Initiator, um Künstler und Kreative mit Institutionen, Galerien und Marken zusammenzubringen, indem er Kooperationsplattformen, Publikationen und Auftragsarbeiten schafft.
WANN?
Ausstellungsdaten: Samstag, 30. November 2024 – Sonntag, 23. Februar 2025
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag, 12 Uhr – 18 Uhr
Montags geschlossen
WO?
Osthaus Museum Hagen
Museumsplatz 1
58095 Hagen