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Mittwoch, Januar 15, 2025

transmediale 2025: (near) near but – far | 29.01.– 02.02.2025

Editors’ Choice

Die transmediale kündigt das Programm der 2025er Ausgabe (near) near but –– far an, die vom 29. Januar bis 2. Februar 2025 an verschiedenen Orten in Berlin stattfinden wird, u.a. dem silent green und dem HKW. Im Januar präsentiert transmediale außerdem die Gruppenausstellung UnNatural Encounters in Kooperation mit EMAP und silent green. Der Frage nachgehend, wie alltägliche Interaktionen mit digitalen Plattformen unser menschliches Bedürfnis nach Verbundenheit (ver)formen, präsentiert transmediale ein dreitägiges Programm in diversen Formaten, darunter Gespräche, Vorträge, Performances, Installationen und Screenings im HKW, dem langjährigen Veranstaltungsort des Festivals. In Kooperation mit Partnerfestival CTM werden zwei Performance Abende gemeinsam veranstaltet.

Abb. oben: Tati Au Miel, Foto von Brandon Bowen.

transmediale 2025 folgt einer erneuerten kuratorischen Herangehensweise, die sowohl das Thema als auch die Programmatik und Methodologie des Festivals prägt. Zwei Kurator:innen, Ben Evans James und Elise Misao Hunchuck, entwickeln den thematischen Fokus der Festivalausgabe und leiten die kuratorische Forschung. Zusätzlich haben sie eine Gruppe von Programmakteur:innen eingeladen, zum Festival beizutragen: Künstlerin und Performerin Nina Davies, Editor-Researcher Eugene Yiu Nam Cheung und trans*disziplinäre Künstler:in-Designer:in Ren Loren Britton.

transmediale erweitert außerdem die Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern: Winchester School of Art an der University of Southampton, Digital Aesthetics Research Centre (DARC) an der Aarhus University, Weibel Institut für digitale Kulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien und die Medienwissenschaft (EMW) an der Universität und FH Potsdam.

Thema

Algorithmen (ver)formen unser menschliches Bedürfnis nach Verbindung, indem sie trügerische Formen von Nähe (proximity) als Ersatz für tatsächliche Vertrautheit (closeness) vorantreiben. Digitale Plattformen und Systeme geben uns dadurch eine bestimmte Form der Kommunikation vor, die mit einer Performance von proximity einhergeht: Sie basieren auf einem choreografierten Algo-Rhythmus, der durch die reibungslose Benutzer:innenoberflächen unserer Geräte auf unsere Politiken, unsere Arbeit und unsere Beziehungen zueinander einwirkt.

Von ASMR-Trash-Talk-Flüstern auf TikTok, über Kinder, die mit ihren Eltern sprechen als wären diese Alexa, bis hin zu e-girls, die ihr Badewasser verkaufen, oder Menschen, die Roboter cosplayen und auf einem Tesla-Event Getränke servieren – (near) near but — far erarbeitet ein Verständnis für das fragwürdige Verhältnis von dieser seltsamen, virtuell erzeugten Nähe und den damit einhergehenden neuen Formen der Vertrautheit, die uns durch automatisierte Transaktionen vorgeschlagen werden. Das Festival geht dabei über die bloße Gegenüberstellung des Begriffspaares von Nähe (proximity) und Vertrautheit (closeness) hinaus und nähert sich anhand einer Reihe von Affekten der Kernfrage der Thematik an: Wie können Technologien Beziehungen unterstützen, die angemessener auf die Komplexitäten unseres individuellen und kollektiven Unmuts reagieren können?

Festival-Wochenende im HKW
31. Januar – 02. Februar 2025

Das Festival entfaltet sich über das Wochenende hinweg, indem es die Beziehung zwischen Nähe und Vertrautheit in einer Reihe von Vorträgen, Performances und unmoderierten Gesprächen destabilisiert – ein Format, das sich von der Formalität vertrauter Podiumsdiskussionen oder moderierter Q&A-Sessions abhebt. Während die Vorträge aufzeigen, wie Algorithmen unser menschliches Bedürfnis nach Verbindung formen und umgestalten, erweitern die Gespräche diese Themen und helfen uns, ein kollektives Verständnis der Auswirkungen von Vertrautheit – Ambiguität, Ambivalenz, Opazität, Zögern und Übersetzung – zu entwickeln, die wir durch Algorithmen und ihre maschinengesteuerten Aktionen verlieren.

Das Diskursprogramm stellt die Frage, wie Distanz teilweise als Werkzeug eingesetzt wird, um uns in unserer Komplexität zu reduzieren und uns auf eine ideale Vorstellung unseres Selbst zu beschränken. Gemeinsam untersuchen wir den Trend, große KI-Sprachmodelle zu nutzen, um menschliche Perspektiven durch maschinelle Stellvertreter abzubilden. Und wir fragen: Was passiert, wenn wir mit dem konfrontiert werden, was uns am menschlichsten macht? Wie über Handlungsfähigkeit und Repräsentation verhandeln, wenn Menschen, wie Hilfe- oder Asylsuchende, sich in der unmöglichen Lage befinden, ihre eigene Menschlichkeit unter Beweis stellen zu müssen? Weitere Aspekte des diesjährigen Festivals beinhalten trans*crip Technologien, die unsere Definitionen von Technologie um marginalisierte und intersektionale Perspektiven erweitern, oder auch Fähigkeiten, die notwendig sind, um Polizeigewalt bei Protesten mit Bild- und Videoanalysen zu dokumentieren.

Mit Beiträgen von Olga Goriunova, Laura Kurgan, Nelly Y. Pinkrah, Federico Campagna, Shaka McGlotten, Ranjodh Singh Dhaliwal, Mercedes Bunz, DeForrest Brown Jr., Cait McKinney, Alex Martinis Roe, Lindsey A. Freeman, David Isaac Hecht, Anna Engelhardt, Thomas Keenan und Ren Loren Britton.

Installationen

Künstler:innen, deren Arbeiten die Destabilisierung von Nähe und Vertrautheit materialisieren, bespielen die öffentlichen Räume des HKW. Die Installationen werden periodisch durch Performances, Präsentationen, Gespräche und Screenings aktiviert.

Beeinflusst von der Schwierigkeit autonomer Fahrzeuge, blinkende Lichter von Einsatzfahrzeugen zu erkennen, untersucht Felicity Hammonds Dark Adaptation die Grenzen dessen, was autonome Fahrzeuge „sehen“ können. Angesiedelt in einem Crashtest-Zentrum der Zukunft zeigt Hammonds Arbeit eine evolutionäre Rückentwicklung des autonomen Fahrzeugs: eine, bei der Sensoren manipuliert werden, um mit den fleischlichen Rhythmen von Daten zu kollidieren, die aus dem menschlichen Körper entstehen.

Seit Mai 2024 hat Nordkorea Tausende von Ballons mit Paketen voller Abfall – darunter Hello-Kitty-Merchandise, Elektroschrott, Zigarettenstummel und Erde mit Spuren von menschlichen Fäkalien – über die Grenze zur Republik Korea geschickt. Während Politiker:innen in Seoul die Ballons als Kriegserklärung bezeichnen, verwendet Hana Yoo in ihrer Installation die spielerische Form des primären Objekts, des Ballons, um die Ambiguität des Mediums und seiner Botschaft zu erforschen. Yoo’s Installation wird durch kurze Lecture-Performances aktiviert, die das Festivalwochenende eröffnen und abschließen.

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Hana Yoo, Sheep Balloon Installation, 2025.

Performances

Ein reading-stretching-running Club wird sich durch Berlin bewegen und eine Linie von der McLuhan-Lecture bis zu den Abschlussstunden des Wochenendes ziehen. Geleitet von Lindsey A. Freeman schafft der transmediale running club Raum, um den eigenen Körper zu spüren und die Stadt durch Akte der Liebe, Queerness und des Laufens zu erfahren.

Mit ihrer Solo-Performance DEAD DAD DEATH CULT präsentiert Samra Mayanja die Spannung zwischen unfreiwilligen Formen institutioneller Eingeschlossenheit (wie Gefängnisse) und unserem freiwilligen Wunsch, uns in Institutionen zu begeben, die uns aufnehmen (wie eine Universität). Basierend auf Mayanjas Erfahrung als Callcenter-Mitarbeiterin für den National Health Service in Großbritannien, thematisiert die Performance das kontinuierliche Aufbringen von Empathie in einer (dis)lokalisierten Position am Ende einer Helpline.

UNTITLED (iii) ist eine Performance von Bhenji Ra, Tati au Miel und SUUTOO, die Trickserei als widerständige Praxis und als Katalysator für verkörperte Emanzipation untersucht. Durch die ritualisierte Mythenbildung, die auf den gemeinsamen kulturellen Verbindungen der Künstler:innen zu Geistern und Folklore basiert, spielen sie mit Themen wie Sichtbarkeit, Schatten und Voyeurismus und führen das Publikum in Zustände veränderter Realitäten und Dunkelheit.

Die Performerin Nina Davies und das Künstler:innenduo 2girls1comp kollaborieren in einer neuen Performance, die von der Verbreitung von NPC-Tanztrends auf TikTok inspiriert ist und diese Trends in die Spielwelt von GTA V zurückführt. 2girls1comp ist ein Duo, das 2023 von Marco De Mutiis und Alexandra Pfammatter gegründet wurde. Ihre Arbeit verändert die Logik von Videospielen als Akt des kreativen Gegen-Spiels und offenbart das soziale und wirtschaftliche Gefüge, in dem wir uns befinden.

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2girls1comp, Dancing Plague, Installation, 2025, Made with Grand Theft Auto V (Rockstar Games, 2013).

Filmprogramm

Jedes der kuratierten Filmprogramme widmet sich einem einzelnen Thema, das durch die Arbeiten von Kurzfilmen verschiedener Künstler:innen beleuchtet wird. Ein Programm entfremdet uns vom Begriff der Distanz und von den gängigen Vorstellungen, die sie als eine Form der Entfernung oder des Rückzugs betrachten. Stattdessen regen die Filme in diesem Programm dazu an, Distanz als den Raum zwischen verschiedenen Perspektiven zu verstehen, den wir durchqueren, um voneinander zu lernen und zu einer neuen Qualität von Vertrautheit zu gelangen. In einer weiteren Filmreihe wird hinterfragt, wie die Intimitäten menschlicher Bewegungen im Tanz durch digitale Plattformen kommerzialisiert wurden. Die Filme erkunden, wie die Technologie des bewegten Körpers algorithmische Kontrollmechanismen hacken, beugen und verweigern kann.

Neben den kuratierten Filmprogrammen findet eine Reihe von Live-Film-Events statt, bei denen Filmemacher:innen vor Ort durch Vorträge, Gespräche und Performances eingebunden werden. Dazu gehört eine Lecture-Performance von Lého Galibert-Laîné, sowie Gespräche mit 2girls1comp, Alice Lenay und Maud Craigie. Basir Mahmood wird über seinen Film moon-sighting sprechen. Der Film beleuchtet, wie die Verbindungen innerhalb der Mirpuri-Gemeinschaften in Pakistan und Großbritannien durch Prozesse des Othering entwirrt werden können, bei denen das, was in Großbritannien als Mirpuri gilt, in Mirpur als britisch definiert wird.

Die Filipina-Australische Filmemacherin Bhenji Ra zeigt ihren Film Biraddali Dancing on the Horizon und spricht über ihre laufende Arbeit, in der sie Methoden der Performance erforscht, die hegemoniale westliche Tanzkonventionen dezentrieren und sich kritisch mit Geschlechter- und sexuellen Differenzen auseinandersetzen. In einem Gespräch mit Tati au Miel und Susan Gibb wird Ra untersuchen, wie die Oberfläche des Films die durch Kolonialisierung ausgelöschten Geschichten repräsentieren könnte. Anhand dessen wird diskutiert, wie eine Bewegungssprache entwickelt werden kann, die Geschlechtervokabulare mit kolonialen Realitäten der Vergangenheit und Gegenwart in der Asien-Pazifik-Region verbindet.

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Basir Mahmood, moon-sighting, Film Still.

Mit Arbeiten u.a. von 2girls1comp, Alex Martinis Roe, Aaron Ratajczak, Basir Mahmood, Bhenji Ra, Johannes Binotto, Charlotte Zhang, 업체eobchae, Hana Yoo, Lého Galibert-Laîné, Maud Craigie, Nina Davies, Simon Ripoll-Hurier.

transmediale x CTM Abendprogramm

Die Schwesterfestivals transmediale und CTM präsentieren ein gemeinsames Programm mit zwei Performance-Abenden im Miriam Makeba Auditorium des HKW. Mit den neuesten Entwicklungen in generativer KI, audiovisuellem Storytelling und Datensonifikation untersuchen die Arbeiten eine konfliktreiche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie bieten persönliche, kritische und spekulative Reflexionen darüber, wie KI neue Zugänge und Intimitäten zu unseren Geschichten, zur Welt um uns herum und zueinander ermöglicht. Das Programm am Freitag- und Samstagabend zeigt audiovisuelle Performances von u.a. Portrait XO, Rick Farin & Actual Objects, Hulubalang feat. Brandon Tay.

Prolog im silent green
29. – 30. Januar 2025

Konzipiert als Prolog zum Festivalwochenende finden zuvor zwei Tage mit Workshops statt, darunter Open-Source-Recherchen zu Themen wie der Gestaltung somatischer Erfahrungen, dem Monitoring von Protestaktionen aus der Ferne und dem Verständnis dafür, wie Bilder zu Beweismitteln werden. Dieser Teil des Programms erfordert eine separate Anmeldung. Im transmediale studio ist eine interaktive Installation von Ali Akbar Mehta zu sehen. Purgatory EDIT ist eine Installation und Cyberperformance, die auf einem von Künstler:innen zusammengestellten Medienarchiv mit über 40.000 Einträgen basiert, die Formen von Gewalt, Konflikt und Trauma repräsentieren.

Mit Workshops von Ren Loren Britton, Anna Engelhardt und Marc Cinkevich, Hazel Meyer, eeefff, BARD Berlin und Amnesty International, DeForrest Brown Jr., David Isaac Hecht und dem jährlichen PhD Research Workshop.

Zum Abschluss des zweitägigen Prologs findet am Donnerstagabend, dem 30. Januar 2025, die Eröffnung der transmediale in der Betonhalle des silent green statt. Wie jedes Jahr bietet diese Veranstaltung eine Gelegenheit für Begegnungen, Austausch und Feierlichkeiten mit der Festival-Community und dem Berliner Publikum. Das Programm wird Highlights wie Performances von DeForrest Brown Jr., Tati au Miel und weiteren Künstler:innen präsentieren.

Über transmediale

Nach vier außergewöhnlichen Jahren endete in diesem Sommer die Amtszeit von Nóra O’ Murchú als künstlerische Leitung. Für die kommende Ausgabe 2025 übernehmen Ben Evans James und Elise Misao Hunchuck die thematische Ausrichtung und Kuratierung des Festivals. Beide Kurator:innen bringen wertvolle Erfahrungen aus ihrer bisherigen Zusammenarbeit mit transmediale sowie eine enge Vertrautheit mit dem Festival und seinem Team mit. Der Beirat der transmediale vereint langjährige Wegbegleiter:innen und neue Alliierte aus den transdisziplinären Bereichen von Kunst und digitaler Kultur. Zu den aktuellen Mitgliedern gehören Nora Al-Badri, Asia Bazdyrieva, Gabriele Horn und Jussi Parikka. In enger Zusammenarbeit mit dem neuen Beirat entwickelt das transmediale-Team unter der Leitung von Geschäftsführer Filippo Gianetta ein nachhaltiges Modell für ein sich ständig weiterentwickelndes und transformierendes Festival. Dieser Moment des Wandels wird als Chance genutzt, die Funktionalität, Anforderungen und Ziele einer kulturellen Organisation sowie deren Führungsmodelle neu zu denken.

WANN?

Mittwoch, 29. Januar – Sonntag, 02. Februar 2025.



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