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Nimmersatt? Gesellschaft ohne Wachstum denken. Kunsthalle Münster und weitere | 27.11.2021-27.02.2021

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“Nimmersatt? Gesellschaft ohne Wachstum denken” eröffnet Ende November 2021. Als Kooperation der Kunsthalle Münster, des LWL-Museums für Kunst und Kultur sowie des Westfälischen Kunstvereins erstreckt sich „Nimmersatt?“ über drei Institutionen. Die Ausstellung thematisiert, wie menschliches Handeln und andauerndes Wachstum das Zusammenleben und die Umwelt verändern. Der Eröffnungstag findet am Freitag, 26. November 2021 ab 16 Uhr in den drei Orten mit verschiedenen Gesprächen statt.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Maria Rapicavoli - 2020-min
Maria D. Rapicavoli, Untitled (Boarded up storefronts in NYC), 2020, Fotografie auf Wandtapete, Maße variabel

Das menschliche Handeln beeinflusst die Umwelt maßgeblich. Der ökonomisch privilegierte Globale Norden folgt weitestgehend der Auffassung, keine andere Option als die des Wachstums zu haben. Doch Wachstum ist endlich, Prozesse sind aus dem Gleichgewicht geraten, bauen auf sozialer Ungleichheit und einer Ausbeutung der Natur/Umwelt auf. Dies macht es erforderlich, bestehende Pfade zu verlassen, sich bewusst von angewöhnten und als selbstverständlich betrachteten Maximen zu lösen und den Glaubenssatz vom Immer-mehr und Immer-weiter zur Diskussion zu stellen.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Andrea Bowers_Andrea_PetraKellysJacket - Foto Stefanie Genenger-min
Andrea Bowers, Petra Kelly’s Jacket (The transformation of forests into deserts, fertile earth into sunbaked concrete, and running rivers into silted floodwaters show that only through care for the environment can the livelihoods of those most dependent on it be sustained. We cannot allow economic and environmental concerns to be played off against each other.) 2020, Nr. 5/5, Pastell, Zeichenkohle, Graphit, Sprühfarbe auf Papier, 36,8 x 30,5 cm, Zitat von Petra Kelly, © Andrea Bowers, Foto: Stefanie Genenger

Die Teilhabe der Künstler:innen an der Gesellschaft besteht unter anderem darin, dass sie Zustände sichtbar machen und Visionen entwickeln. Die künstlerischen Arbeiten nehmen Bezug zu aktuellen Krisen, sozialer Ungleichheit, Klimaveränderung, Krankheit, Krieg, Fluchtbewegungen, Fremdenhass und damit einhergehenden Entwicklungen. Mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln folgt die Ausstellung der Frage, welche anderen Optionen als die des Wachstums bestehen. Denn Wachstum ist endlich, baut auf sozialer Ungleichheit sowie einer Ausbeutung des Menschen und seiner Umwelt auf.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Radha DSouza Jonas Staal_Comrades_in_Extinction 2020 2021-min
Radha D’Souza und Jonas Staal, Comrades in Extinction, 2020-21, Gouache auf Papier, je 21 x 29,7 cm. Courtesy Studio Jonas Staal

Das Versprechen von Glück ist nicht allein durch Wohlstand und das stetige Wachstum von Kapital einlösbar. Es gilt, das bisher Gültige zu überdenken und im Sinne einer Gemeinschaft zu handeln. Was kann an die Stelle bisheriger Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle treten? Wie kann Verzicht zu einer zukunftsfähigen Routine werden? Welche regionalen und globalen Maßstäbe können Konsum ressourcen- und klimafreundlich neu definieren und welche neuen Ideen im Sinne eines schöpferischen Einfallsreichtums in die Gesellschaft eingebracht werden? Können wir neue
Ziele des Zusammenlebens imaginieren, individuell und gemeinsam unsere Gewohnheiten ändern und handeln?

Gezeigt werden Videoinstallationen, Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen sowie Arbeiten im öffentlichen Raum. Neben einer Reihe von Leihgaben präsentieren die Häuser mehrere Neuproduktionen, die im Dialog mit den Kuratorinnen der Ausstellung, Merle Radtke (Kunsthalle Münster), Kristina Scepanski (Westfälischer Kunstverein) und Marianne Wagner (LWL-Museum für Kunst und Kultur), entstanden sind und erstmals gezeigt werden.

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Die Kuratorinnen von „Nimmersatt? Gesellschaft ohne Wachstum denken“ erarbeiten erstmals gemeinsam eine Ausstellung. V.l.n.r.: Kristina Scepanski (Westfälischer Kunstverein), Marianne Wagner (LWL-Museum für Kunst und Kultur), Merle Radtke (Kunsthalle Münster). Foto: LWL/Hanna Neander

An allen drei Orten begegnen Künstler:innen den aktuellen Zuständen mit Visionen als auch Utopien, die Gesellschaft ohne Wachstum denken.

In der Kunsthalle Münster thematisiert unter anderem die amerikanisch-libanesische Künstlerin Marwa Arsanios (1978) in ihrer Video-Trilogie „Who Is Afraid of Ideology?“ (2017/2019/2020) Bodennutzungsrechte und Saatgut. Arsanios‘ Filme nehmen kleine Initiativen an Orten im Irak, Nordsyrien und Kolumbien in den Blick. Die Künstlerin zeigt, wie Frauen Recht auf Land einfordern und sich mit dem Streben nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit auf unvermittelte Weise mit der Natur verbinden. „Part III – Micro Resistencias“ (2020) bietet mit der Idee der lokalen Stärkung schließlich einen Weg, die Diskussion um Saatgut und dessen Besitz nicht in die Hände transnationaler Konzerne zu legen.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Arsanios Marwa - WIAOI_Part_III_-_Video_Still-min
Marwa Arsanios, Who is afraid of ideology? Part III – Micro Resistencias (Still), 2020, digitales Video, Farbe, Ton, 31:16 Min. Courtesy die Künstlerin und mor charpentier, Paris

Der beninische Künstler Georges Adéagbo (1942) stellt im LWL-Museum für Kunst und Kultur in seiner neuproduzierten, raumgreifenden Installation konkrete Bezüge zu Münster her. Dazu bringt er gefundene Objekte und Tafelbilder, die er bei Kunstmaler:innen in seinem Herkunftsland Benin in Auftrag gibt, in einen Dialog. Die Beziehungen der Artefakte veranschaulichen einen kulturellen Austausch und plädieren für die Anerkennung unterschiedlicher kultureller Wurzeln anstelle von Hoheitsansprüchen des Globalen Nordens. Adéagbos Arbeit ist auch ein Vorschlag, voreinander zu lernen und klischeeverhaftete Vorstellungen und Hierarchien zugunsten eines gleichwertigen Miteinanders aufzulösen.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Anita Molinero - 2009 - Foto Christophe Levet-min
Anita Molinero, Sans titre, 2009, Reifen aus Natur- und Synthesekautschuk mit Rußzusatz, Behälter aus Polyethylen, Kabel, 150 x 160 x 130 cm, Centre d’art bastille (CAB) Grenoble, Courtesy die Künstlerin, Galerie Thomas Bernard, © Adagp, Paris, 2021, Foto: Christophe Levet.

Eine Skulptur aus Plastikcontainern der französischen Künstlerin Anita Molinero (1953) rückt den Umgang und die Wertvorstellungen von Rohstoffen vor dem Eingang des Westfälischen Kunstvereins in den Fokus. Nicht die traditionell mit dem Erscheinungsbild von Skulpturen verbundenen Materialien wie Marmor oder Bronze sind die Stoffe, die für das 21. Jahrhundert stehen, vielmehr ist es der Müll. Mit wachsender Tendenz vermehrt sich Abfall auf Kosten anderer tagtäglich und symbolisiert für Molinero so den Horizont menschlicher Aktivität.

DEEDS NEWS - nimmersatt - Andrea Bowers - 2020 - Foto Dawn Blackman-min
Andrea Bowers, My Name Means Future, 2020, Video mit Ton, 51 min 6 sek, Installationsansicht, Andrew Kreps Gallery, New York, 2020, © Andrea Bowers / Andrew Kreps Gallery, New York, Foto: Dawn Blackman

Künstler:innen

Georges Adéagbo (1942 in Cotonou, Dahomey, Benin, lebt und arbeitet in Hamburg und Benin), Mathis Altmann (1987 in München, lebt und arbeitet in Berlin), Marwa Arsanios (1978 in Washington DC, USA, lebt und arbeitet in Beirut und Berlin), Andrea Bowers (1965 in Ohio, USA, lebt und arbeitet in Los Angeles), Alice Creischer (1960 in Gerolstein, Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin), Cao Fei (1978 in Guangzhou, China, lebt und arbeitet in Bejing), Thirza Cuthand (1978 in Regina, Saskatchewan, Kanada, lebt und arbeitet in Toronto), Nina Fischer & Maroan el Sani (*1965 in Emden & *1966 in Duisburg, Deutschland, leben und arbeiten in Berlin), Johan Grimonprez (*1962 in Roeselare, Belgien, lebt und arbeitet in Brüssel, Griechenland und New York City), Christine & Irene Hohenbüchler (beide *1964 in Wien, leben und arbeiten in Wien), Karrabing Film Collective (2008 gegründet, Northern Territory, Australien), Eva Koťátková (1982 in Prag, lebt und arbeitet in Prag), Elke Marhöfer (1967 in Adenau/Eifel, lebt und arbeitet in Berlin und auf Sizilien, Italien), Anna McCarthy (1981 in München, lebt und arbeitet in München), Anita Molinero (1953 in Floriac, Frankreich, lebt und arbeitet in Paris), Matt Mullican (1951 in Santa Monica, Kalifornien, USA, lebt und arbeitet in Berlin und New York), Maria D. Rapicavoli (1976 in Catania, Italien, lebt und arbeitet in New York, USA), Lerato Shadi (geboren in Mahikeng, Südafrika, lebt und arbeitet in Berlin), Andreas Siekmann (1961 in Hamm, Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin), Radha D’Souza (1953 in Bommalpalayam, Tamil Nadu, India, lebt und arbeitet in London, England) und Jonas Staal (1981 in Zwolle, Niederlande, lebt und arbeitet in Rotterdam), Sophie Utikal (1987 in Tallahassee, Florida, USA, lebt und arbeitet in Berlin), Raul Walch (*1980 in Frankfurt am Main, Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin)

Eva Koťátková, The Machine for Restoring Empathy, Installationsansicht STUK, Leuven, Belgien, 2021, Foto: Kristof Vrancken

Programm Eröffnungstag
Freitag, 26. November 2021
Eintritt frei in allen drei Institutionen

16 Uhr: Kunsthalle Münster
Von Kreisläufen, Monopolen und Verantwortung
Begrüßung: Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster
Andreas Siekmann, Künstler im Gespräch mit Merle Radtke, Leiterin Kunsthalle Münster

18 Uhr: LWL-Museum für Kunst und Kultur
Erzählungen: Kapitalfluss – Überfluss – Endlichkeit
Begrüßung: Matthias Löb, LWL-Direktor
Alice Creischer, Künstlerin Andreas Löschel, Ressourcenökonom im Gespräch mit Marianne Wagner, Kuratorin LWL-Museum für Kunst und Kultur

20 Uhr: Westfälischer Kunstverein
Die Realität übersteigt die Fiktion
Begrüßung: Tobias Viehoff, Vorstandsvorsitzender Westfälischer Kunstverein
Raphael Smarzoch, Autor und Journalist + Miriam Zeh, Literaturkritikerin im Gespräch mit Kristina Scepanski, Direktorin Westfälischer Kunstverein

Location 1

Kunsthalle Münster
Hafenweg 28, 5. Stock, 48155 Münster

Di – So 12 – 18 Uhr

Eintritt frei

Location 2

LWL-Museum für Kunst und Kultur
Domplatz 10, 48143 Münster

Di – So 10 – 18 Uhr
Am 2. Freitag im Monat 10 – 24 Uhr (freier Eintritt ab 18 Uhr)

13 EUR, 6,50 EUR ermäßigt

Location 3

Westfälischer Kunstverein
Rothenburg 30, 48143 Münster

Di – So 11 – 19 Uhr

4 EUR, 2 EUR ermäßigt

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