Kunstwerk: Mimesis #11 Diptychon, © Gabriela Torres Ruiz.
Die Künstlerin Gabriela Torres Ruiz nähert sich in der Ausstellung THE PATH OF LEAST RESISTANCE im Kunstqurtier Bethanien an natürliche Phänomene an. Vom 9. September bis 2. Oktober 2021 werden Arbeiten (Fotografie, Zeichnung und Installation), sowie eine Video-Ton-Installation gezeigt, die in Kooperation mit Rosangela de Araujo (Videoanimation) und Andrés Jankowski (Musik) entstand. Das Projekt wurde in Kooperation mit dem Medizinhistorischen Museum der Charité und dem Berliner Museum für Naturkunde entwickelt.
Wie kann Kunst dazu beitragen, dass Natur in ihrer Vielschichtigkeit wahrgenommen wird? Wie kann sie Sensibilität und Empathie für andere Formen des Lebens sowie ein Bewusstsein für ein harmonisches Gleichgewicht zwischen menschlicher Existenz und natürlicher Welt fördern? Mit diesen leitenden Fragen setzt sich Torres Ruiz auseinander. Obwohl „Natur“ und „Kultur“ im westlichen Bewusstsein oft als getrennt – ja sogar als Gegensatz – gesehen werden, zeigen Torres Bilder, dass alles in diesem Universum einen gemeinsamen Ursprung hat.
Dabei ließ sie sich von Adrian Bejans Theorie The Constructal Law inspirieren und erforschte daran angelehnt «Strömungsmuster, welche die Struktur des gesamten Universums bestimmen». Diese Strömungsmuster finden sich in Flüssen, neuronalen Netzwerken, Blitzen, in der Lunge, in der Wuchsform von Pflanzen und in sozialen Dynamiken. «Jede Strömungsarchitektur auf der Erde folgt der natürlichen Tendenz, leichter fließen zu wollen. Die Evolution ihrer Bewegung verfolgt stets das Ziel, in ein Gleichgewicht zu kommen und Widerstände zu minimieren.»
Gabriela sieht die Welt in Assoziationen und Verbindungen. Sie forscht nach Verwandtschaften zwischen Bewegungen, Licht, Schatten, Konturen und begegnet immer wieder Formen und Muster der Ähnlichkeit. Formen, die verwandt sind miteinander. Diptychen oder Triptychen nennt man Bildpaare oder -trilogien, die miteinander im Dialog sind. Wie entstehen diese Dialoge zwischen Bildern, Räumen, Landschaften, die im Moment der Aufnahme vielleicht weit auseinanderlagen?
Ob zwei Bilder miteinander sprechen, sei für sie oft sofort erkennbar, sagt Gabriela. Die sich ähnlichen Muster zeigen sich den Betrachter:innen unmittelbar. Eine Art Memoryspiel in dem sich die Grenze zwischen Suchen und Finden verwischt. Und doch ist diese Arbeit des Suchens und Findens wesentlich dafür, dass sich Ähnliches
den Betrachtenden überhaupt erschließt. Die Lichter einer Stadt und die Verästelungen eines Baumes. Beides Formen, die in einer ähnlichen Bewegung gewachsen – oder vielleicht eben: geflossen – sind. Hauptachsen und Nebenachsen. Von dick zu dünn. Von breit zu schmal. Die Schuppen eines Fisches und die Zeichnung des Lichtes, das sich in den Wellen bricht. Ineinanderfließende Halbmonde. Lichtschuppen.
Es ist die Art und Weise des Schauens, das sich an der Ähnlichkeit, der Form-und Bewegungsverwandtschaft orientiert, dass die Diptychen und Triptychen herausschält und miteinander in Dialog bringt. Dieser Blick für das, was miteinander verbunden ist, erscheint mir gleichzeitig ungewohnt und wunderbar. Die Welt in ihrer Verbundenheit, ihrer Verwandtschaft wahrzunehmen ist für uns eher fremd geworden. Das Trennende ist oft das, worauf wir uns konzentrieren. Unsere Wahrnehmung orientiert sich an dem, was wir unterscheiden können. Dadurch entstehen Trennungen. Zwischen dick und dünn, jung und alt, gestern und heute, eckig und rund, schwarz und weiß, hell und dunkel, gut und schlecht. Dualität statt Dialog. Ewiges Dilemma.
Verheißungsvoll erscheint mir da der Weg des geringsten Widerstandes und die Art von Wahrnehmung, die sich den Darauf-Gehenden erschließt. Wenn ich erneut zu den Bildern zurückkehre, regt sich in mir eine leise Ahnung der Weite dieses Horizontes, der sich über Welten der Verbindungen aufspannt.
Text: Sabina Fischer – Natur-Dialog-Bewegung.
THE PATH OF TEAST RESISTANCE – Gabriela Torres Ruiz
WO? Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Eröffnung: Donnerstag, 9. September 2021, 18 – 21 Uhr.
Ausstellungszeitraum: Donnerstag, 9. September – Samstag, 2. Oktober 2021
WANN? Mi + So, 13 – 18 Uhr, Do – Sa, 13 – 20 Uhr
KOSTET? Eintritt frei
Workshop (auf Deutsch):
Jugend im Museum mit Marcela Moraga, “Wunderbare Geometrie – Naturdesigns fotografieren und Foto – Diptychen entwickeln”: Sa, 11.09.2021 – Sa, 25.09.2021, 10 -13 Uhr (3 Termine)
Die Ausstellung ist barrierefrei zugänglich.
Gabriela Torres Ruiz wird vertreten von der Galerie Brockstedt, Berlin.
www.kunstquartier-bethanien.de