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Freitag, Dezember 27, 2024

THE INTERVIEW. IN|DEEDS: WHO IS … Dr. Eva Morawietz | 360°

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Dr. Eva Morawietz ist Direktorin und Chefkuratorin des Migrant Bird Space in Berlin. Die studierte Kunsthistorikerin verfügt über Expertise in zeitgenössischer Kunst mit dem Schwerpunkt Konzeptkunst und Fotografie aus Asien. Sie arbeitete als Kuratorin der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin und besitzt als Galeristin langjährige Erfahrungen im Bereich Ausstellungsmanagement und Kunstpublikation.

https://www.artatberlin.com/wp-content/uploads/panoramas/Eva%20Morawietz-Migrant%20Birdspace%20Pano.html

Zwei Sätze zu Deiner Vita. Wie bist Du zur Kunst gekommen? Warum Kunst?

Eigentlich war das fast alternativlos. Es war entweder die Kunst oder Literatur. Letzten Endes bin ich ein visueller Mensch und damit hat sich der Weg in die Kunstwelt irgendwann von selbst ergeben.

Inwiefern unterscheidet sich der Berliner bzw. deutsche Kunstmarkt zu China bzw. Shanghai?

Aus meiner Sicht ist der Markt in China noch nicht so gesättigt wie hier in Europa, nicht so festgefahren. Im Gegenteil, ich habe den Eindruck dass er stetig wächst, mit einer zunehmenden Zahl an kunstinteressierten kaufkräftigen Chinesen und grossartigen jungen Künstlern. Und: wir reden hier von Asien — die Dinge ändern sich rasend schnell. Für mich ist dort einfach mehr los.

Und wie unterscheiden sich westliche Kunstmessen oder Biennalen von den großen Kunstmessen bzw. Biennalen in China?

Hm- in China sind sie tendenziell grösser, frei nach dem quasi-chinesischen Motto “more is more”. Auch ist die Trennung zwischen Kommerz und Kunst (z.B. Fashion und Kunst) nicht so deutlich. So eine Messe kann dann u.U. auch mitten in einer Shopping-Mall stattfinden, kein Problem.

Wie unterscheiden sich westliche Galeriekonzepte von chinesischen und welche Art von Kunst präferieren die Chinesen Deiner Meinung nach?

Nach meiner Einschätzung sind die chinesischen Galerien  — im Übrigen auch chinesische Museen — kommerzieller ausgerichtet. Die Verbindungen zu privatwirtschaftlichen Teilen der Gesellschaft sind fliessender: Es gibt zuhauf Galerien in Shopping-Centern, mehr Kooperationen von Galerien und Museen mit Unternehmen, Modelabels, der Filmindustrie etc.: Kunst als Konsum-Erlebnis.

Generell hab ich den Eindruck dass die Chinesen eher noch die klassischen Medien bevorzugen, sprich Malerei, Zeichnung und Skulptur. Aber auch das ändert sich mit der jüngeren Generation von Sammlern.

Was macht die Kunst aus, die Du zeigst? Und kannst Du die Intentionen Deiner Ausstellungen mit uns teilen?

Wir zeigen junge, zeitgenössische asiatische Kunst, die vornehmlich — wenn auch nicht immer — in den neuen Medien angesiedelt ist, z.B., Video-Kunst, digitale Kunst, Fotografie.

Es gibt eine ganze Welt von fantastischer junger Kunst in Asien die wir dem westlichen Kunstmarkt vorstellen wollen. Wir verstehen uns auch als Vermittler zwischen den Kulturen Asiens und Europas.

Ein oder zwei Tipps für Kunstbegeisterte die China besuchen … gemeint sind „Must See“, und gibt es bestimmte Umgangsformen, die es zu beachten gilt?

Long Museum in Shanghai

Ullens Center for Contemporary Art (UCCA) in Beijing

Beide gehören für mich zu den führenden zeitgenössischen Museen in China

Speziell in China: Respect the exit-signs. Die Chinesen hängen in den beeindruckendsten musealen Räumlichkeiten Exit-Schilder noch und nöcher und zwar direkt ins Visier. Damit muss man klarkommen.

Warum Berlin?

Meine Partnerin Lu Mei hat die Galerie hier ins Leben gerufen, mit dem Ziel die Kulturhauptstädte Peking und Berlin zu verbinden und künstlerischen Austausch zu schaffen. Beide Städte bleiben als Kunststandorte dynamisch und spannend. Weder in Berlin noch in Peking scheint die Szene so saturiert wie in anderen Hauptstädten der Welt.

Welche drei zeitgenössischen Künstler sind aus Deiner Sicht in 100 Jahren noch bedeutend?

Zhang Huan, Cao Fei, Lu Yang

Wie schützt Du Dich in der heutigen Zeit vor zu viel Inspiration?

Find ich nicht schwierig. Ich fühl’ mich von dem meisten Kram eher unterinspiriert.

Wie beurteilst Du die aktuelle Entwicklung des Kunstmarktes? Gibt es überhaupt den einen Kunstmarkt?

Es gab nie nur “den einen” Kunstmarkt. Ansonsten: es gibt nach wie vor ein beängstigendes Ungleichgewicht zwischen Qualität, realen Kaufentscheidungen und dem aktuellen Hype – das hat sich in meinen Augen nur noch verstärkt. Es ist auch nicht neu dass die Big Player-Galerien zunehmend ihre eigene Enklave bilden, den Markt abgrasen, und die kleinen und mittelständischen Galerien wahnsinnig zu knapsen haben.

Welche prozentuale Bedeutung misst Du Kunstmessen für den Erfolg einer Galerie bei?

Nicht in Prozenten zu bemessen. Kunstmessen sind eine echte Chance, können aber auch total nach hinten losgehen. Umso toller dass es auch Messe-Formate gibt, die mit spannenden Konzepten und erschwinglichen Konditionen aufwarten (hey, POSITIONS!)

Zwei Sätze zu Deinem aktuellen Projekt.

Im September eröffnet unsre nächste Ausstellung: “Shi Zheng | Embers”, ein junger Chinese der mit knalligen virtuellen Welten aufwartet (Eröffnung: 3. September, 19:00 Uhr!). Ausserdem: paperpositions Frankfurt und Positions Berlin.

Worüber machst du zurzeit am meisten Gedanken; was beschäftigt Dich? Was macht Dich aktuell glücklich? Was macht Dir aktuell Angst?

Angst macht mir nur meine Steuererklärung.

Glück empfinde ich natürlich jeden Tag bei der Arbeit 😉 Aber ja tatsächlich, I love my job — die Arbeit mit meinen grossartigen chinesischen Kollegen & Künstlern und das Hin-& Herspringen zwischen den Kulturen.


THE INTERVIEW IN|DEEDS ist ein konzeptuelles, mediales Kunstwerk, das Regeln folgt: Ein Interview umfasst eine bestimmte Menge an Fragen, in diesem Fall 13 Fragen. Sie werden ohne Zeitdruck und ohne Längenvorgabe schriftlich beantwortet. Der Interviewte hat die Freiheit, ihm wichtige Fragen zu ergänzen (hier nicht geschehen) oder auch Fragen unbeantwortet zu lassen (hier geschehen). Am eingereichten Interview nehmen wir inhaltlich keine Änderungen oder redaktionellen Korrekturen vor. Der Interviewte wird somit unverfälscht und im O-Ton wiedergegeben.

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