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Donnerstag, März 20, 2025

Berlinde de Bruyckere: Khorós – BOZAR Brüssel | 21.02.-31.08.2025

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Ab 21. Februar 2025 präsentiert das BOZAR Centre for Fine Arts in Brüssel eine große Einzelausstellung von Berlinde De Bruyckere (Gent, 1964). „Khorós“ ist die erste große Ausstellung ihres Werks in Brüssel. In „Khorós“ zeigt De Bruyckere eine Auswahl ihrer Arbeiten aus den letzten 25 Jahren im Dialog mit historischen und zeitgenössischen Künstlern, von Lucas Cranach über Pier Paolo Pasolini bis zu Patti Smith. Für BOZAR hat De Bruyckere eine poetische und kraftvolle Ausstellung konzipiert, die auf die historischen, vom Architekten Victor Horta entworfenen Art-Déco-Hallen zugeschnitten ist. Auf einer Fläche von 1.000 m² werden monumentale Skulpturen und Installationen sowie kleinere Arbeiten auf Papier gezeigt, darunter sowohl ältere als auch ganz neue Werke. Fotografien, Video- und Audiofragmente sowie rituelle Objekte stehen ebenfalls in Wechselwirkung mit ihrem Werk. Das BOZAR ist eines der dynamischsten und hochkarätigsten Kultur- und Kunstzentren Belgiens. Auf über 4 000 m² werden nicht nur Ausstellungen gezeigt, sondern auch Theater, Tanz, Literatur, Konferenzen und Filmvorführungen dargeboten.

Abb. oben: Berlinde De Bruyckere, Into One-another I to P.P.P., 2010–2011, 2011, wax, wood, glass, iron, epoxy. Iself Collection, Photo: Mirjam Devriendt.

In De Bruyckeres Werk stehen der Mensch und die conditio humana im Mittelpunkt. Ihre suggestive Bildsprache vermittelt oft eine fragile Dualität: Leid und Liebe, Trauer und Trost, Leben und Tod.

„Es ist das immer wiederkehrende Grauen und die Schönheit, die wir als Menschen nicht ganz verstehen, von denen wir aber dennoch ein Teil sind“, sagt De Bruyckere. „Meine Arbeit ist immer ein Spiegelbild dessen, wie ich als Mensch und als Künstler die Welt betrachte und hinterfrage. Das ist es auch, was mich an Pasolinis Werk anspricht: Alles, was wir sehen, ist durchlebt, unsterblich und vibriert im Aufruhr des Politischen, des Erotischen und des Existenziellen.“

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Berlinde De Bruyckere, Invisible Love, 2011 (detail), 2011, wax, wood, leather, wool, rope, horsehair, linen, iron, polyurethane, epoxy. Private Collection Buggenhout, Ghent, Photo: Mirjam Devriendt

De Bruyckere schöpft aus einem breiten Spektrum an Inspirationen: religiöse Ikonographie, klassische Mythologie, die Werke der Alten Meister und verschiedene kulturelle Traditionen. Sie bringt diese Säulen ihrer Bildsprache in einen zeitgenössischen Kontext – sie reflektiert die Gewalt, die uns umgibt, die Bilder des menschlichen Leids auf globaler Ebene, aber auch Schönheit, Trost und Transformation.

Khorós

In Khorós tritt Berlinde De Bruyckere in einen Dialog mit verwandten Künstlern – ihren compagnons de route, wie sie sie nennt. Das griechische Khorós (χορός) bezieht sich auf die Gruppe von Sängern/Tänzern in griechischen Tragödien, die das Geschehen auf der Bühne kommentieren. Die Ausstellung ist also als ein Zusammenspiel von Stimmen, gemeinsamen Themen und Dialogen konzipiert.

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Berlinde De Bruyckere, Invisible Beauty, 2011, 2011, wax, wood, rope, horsehair, leather, iron, epoxy. Private Collection Buggenhout, Ghent, Photo: Mirjam Devriendt

„Die Arbeit im Dialog ist das, was ich am meisten liebe“, gesteht die Künstlerin. „Sich auf die Menschen einzulassen, sensibel zu sein für das, was um mich herum vor sich geht. Anstelle einer ‚Retrospektive‘ fand ich es auf Bozars Wunsch hin spannend, über vergangene Dialoge und die Figuren, die mich inspiriert haben, nachzudenken. Meine Werke – und ihre Bedeutungsebenen – werden in diesem Kontext anders gelesen.“

Die Dialoge in Khorós schlagen, ähnlich wie De Bruyckeres Werk selbst, Brücken in Zeit und Raum: von der griechischen Mythologie und biblischen Szenen über das Kino von Pier Paolo Pasolini bis hin zum literarischen Werk der ikonischen Musikerin und Dichterin Patti Smith oder der zeitgenössischen bildenden Kunst, auch von ihrem Partner, dem Künstler Peter Buggenhout. Hinduistische Zeremonialobjekte wie der Lingam und die Yoni stehen ebenfalls im Dialog mit De Bruyckeres Werk und unterstreichen den ausdrücklich erotischen und sexuell aufgeladenen Charakter einiger ihrer Kreationen.

DEEDS.NEWS - Bozar - Pier Paolo Pasolini
Pier Paolo Pasolini, Salò o le 120 giornate di Sodoma, (murdered deserter of the guards), 1975., © Michele Mancini and Giuseppe Perella (eds), Pier Paolo Pasolini: Corpi e luoghi (Rome: Theorema)

Neben ikonischen Werken wie dem Pferd (Lost I, 2006), dem Fohlen (Lost V, 2021-2022) und dem monumentalen Baum (San Sebastian, 2019-2022) sowie Werken der Biennale von Venedig (Arcangelo, City of Refuge und Need-series), die zum ersten Mal in Brüssel gezeigt werden, beleuchtet Khorós auch weniger bekannte Aspekte von De Bruyckeres Praxis. Neuere Werke, darunter ihre Linolarbeiten (Plunder I, 2024-2025) und Collagen (It almost seemed a lily, 2024), wurden speziell für die Bozar-Ausstellung produziert.

Eros und Thanatos

Ihre körperlichen, viszeralen Skulpturen stehen im Dialog mit anderen Kunstdisziplinen: Malerei, Film, Literatur, Video, Tanz…. In dieser zyklischen Ausstellung ist alles miteinander verwoben, vereint durch den wiederkehrenden Fokus auf den Körper in all seinen Erscheinungsformen: seine Lebenslust und sein Verfall, in seiner ewigen Metamorphose.

Verwitterte Decken, Tierhäute, Bäume, Blumen, verrostetes Metall, kopflose Körper – jede Form und jedes Material in De Bruyckeres Werk ist sorgfältig nach seiner metaphorischen Kraft ausgewählt. Außerdem arbeitet sie nie mit neuen Materialien; die Aufwertung dessen, was wertlos oder abgenutzt erscheint, ist grundlegend für ihre künstlerische Vision.

DEEDS.NEWS - Bozar - Lucas Cranach
Lucas Cranach, Salome with the Head of Saint John the Baptist, 1530s, oil on linden timber. Szépművészeti Múzeum/ Museum of Fine Arts, Budapest, inv. 145, © Szépművészeti Múzeum/ Museum of Fine Arts, Budapest

De Bruyckere: „Meine Arbeiten zwingen einen, etwas zu sehen, was man vielleicht nicht sehen will. Ich möchte die Menschen dort berühren, wo sie Angst haben, berührt zu werden, Dinge ansprechen, für die sie keine Worte haben – und doch gibt es immer mildernde Umstände. Ich schrecke nicht vor der Wunde zurück; Leiden, Verfall, Tod, Einsamkeit – so wie sie Teil des Lebens sind, sind sie auch Teil meiner Arbeit. Aber das Gleiche gilt für Zärtlichkeit, Verbundenheit, Vitalität und Begehren. Eros und Thanatos, immer Seite an Seite“.

In Khorós kontrastieren sehr intime und zerbrechliche Werke mit monumentalen und rohen Installationen. Doch jedes Werk verkörpert eine poetische Verletzlichkeit, die den Besucher zur Verlangsamung und zum Nachdenken einlädt.

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Berlinde De Bruyckere, Lost V, 2021–2022, 2022, horsehide, marble, textile, iron, epoxy. Courtesy the artist and Hauser & Wirth

Die Ausstellung ist die erste in der Reihe Conversation Pieces, einem neuen Konzept, bei dem Bozar einen Künstler einlädt, sein eigenes Werk mit dem anderer Künstler in einen Dialog zu bringen.
Begleitend zur Ausstellung erscheint die Publikation Berlinde De Bruyckere. Khorós, herausgegeben von Bozar Books & Mercatorfonds, mit Texten u.a. von Gary Carrion-Murayari.
Der Besucherführer, der auch digital über die Bloomberg Connects App zugänglich ist, bietet einen narrativen Kontext zu den Werken. Das Bozar ist die erste Institution in Belgien, die diese App einführt. Im April wird außerdem ein kostenloser Podcast veröffentlicht, der auf Gesprächen mit dem Künstler basiert.
Die Ausstellung wird durch ein interdisziplinäres Programm mit Vorträgen und Debatten, der All over the P(a)lace nocturne, Führungen, Filmvorführungen (im neu eröffneten Kinosaal The 23) und einer Performance ergänzt.

WANN?

Ausstellungsdaten: Freitag, 21. Februar bis Sonntag, 31. August 2025

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr

WO?

BOZAR/Centre for Fine Arts
Ravensteinstraat 2
1000 Brüssel

KOSTET?

Regulär: 18 EUR
Unter 30 Jahre: 9 EUR
Über 60 Jahre: 16 EUR
Unter 18 Jahre: 2 EUR

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