Eine Plädoyer für die Berliner Kunstszene und für das Entdecken und Sammeln. Von Julia Spindelmann.
Berlin muss sich als vergleichsweise junger Kunstmarktstandort immer wieder behaupten, denn die jüngere Geschichte betrachtend gibt es in der Hauptstadt keinen traditionellen Kunstmarkt. Vielmehr sind die heutigen Strukturen vor allem in den 90er Jahren entstanden und für diese recht kurze Zeitspanne ist die kreative Szene sowie das kunstinteressierte und kaufwillige Publikum ein deutliches Zeichen für das Potenzial, das der Standort dem Kunstmarkt bietet.
Abb. oben: POSITIONS Berlin Art Fair 2018 – Foto Clara Wenzel Theiler
Die in ihrer nunmehr sechsten Ausgabe stattgefundene POSITIONS Berlin Art Fair hat diese Entwicklung als Vorreiter mit vorangetrieben, bleibt ihrem Motto treu und besinnt sich darauf, was sie stark macht: Berlin als kreativer Schmelztiegel junger Talente und eine wachsende Sammlergeneration.
Die Hauptstadt ist für ihre lebendige Kunstszene international bekannt, ist ein internationaler Standort der Kunstproduktion und führt den Diskurs über Kunst und deren Zukunft an. Über 20.000 Besucher*innen der POSITIONS Berlin Art Fair und zahlreiche Verkäufe auch innerhalb Berlins zeigen, dass sich die Motivation des Messeformats bestätigt und dass das Konzept ihrer stringenten Nachwuchsförderung Früchte trägt: Galerien fassen Vertrauen in eine verlässliche und kaufkräftige Sammlerschaft in Berlin und zeigen dies immer wieder durch die Präsentation hervorragender künstlerische Positionen und durch ihren Mut zum Experiment, nicht zuletzt bei der konzentrierten Gestaltung der Kojen.
Die 70 teilnehmenden internationalen Galerien, die vom 12. – 15. September im Rahmen der Berlin Art Week von der POSITIONS Berlin Art Fair in den Hangar 4 des Flughafen Tempelhof (Columbiadamm 10, 10965 Berlin) eingeladen wurden, um auf der Kunstmesse spannende Künstler*innen mit ihren wichtigsten Werken zu präsentieren, bewiesen dies einmal mehr: Trevor Kiernanders Gemälde bei Art Mûr (Berlin/Montreal) untersuchten Räume und beginnen oft als Fotografien, bis sie vom Künstler zur minimalen Wiedererkennung abstrahiert werden; Die Berliner Galerie Exgirlfriend zeigte mit “Channeling” eine Solopräsentation des in Chicago lebenden Künstlers Christopher Meerdo, der sich in seiner Arbeit mit dem Nachlass Osama Bin Ladens und künstlicher Intelligenz auseinandersetzt; Die italienische Galerie antonella cattani contemporary art präsentierte u.a. Werke der deutschen Künstlerin Julia Bornefeld, die sich in ihrer Serie ‚Morphische Felder 2018-19‘, mit Bildkompositionen mikro- und makroskopischer Strukturen auseinandersetzt, die dem Betrachter einen Blick in eine Welt amorpher Formen eröffnen; Der junge Berliner Künstler Lukas Glinkowski (Galerie Judith Andreae, Bonn) interessiert sich für öffentliche Räume und den Spuren, die wir darin hinterlassen. Auf U-Bahnsteigen und in öffentlichen Toiletten findet der Meisterschüler von Katharina Grosse die Vorbilder für seine Kacheltableaus, auf denen er Graffitis, Texte und gekritzelte Botschaften neu interpretiert.
Die POSITIONS Berlin Art Fair konzentriert sich verstärkt auf das, was sie auch in der Vergangenheit angetrieben hat und worin nicht zuletzt auch die Verantwortung eines Messeveranstalters liegt: Die Nachwuchsarbeit und die Förderung junger Galerien, junger Künstler*innen und angehender Sammler*innen, die sich auf der Kunstmesse als Ort des Austausches begegnen und dann im Idealfall über viele Jahre einen gemeinsamen Weg beschreiten. Dieser Dreiklang stärkt den Kunstmarkt nachhaltig und wirkt sich fruchtbar auf alle Akteure aus.
Mit dem Format Academy POSITIONS wurden in diesem Jahr 16 junge zeitgenössische Positionen von Absolvent*innen deutscher und polnischer Kunsthochschulen gezeigt. Die ebenfalls kuratierte Ausstellung Selected POSITIONS, bei der Arbeiten bis zu 1.900 Euro präsentiert wurden, ermöglicht jungen und angehenden Sammler*innen den Einstieg in den Kunstmarkt und die eigene Sammlung.
Mit Open Air POSITIONS wurde erneut das überdachte Rollfeld des Flughafens mit großformatigen Skulpturen und Installationen bespielt. Daneben wurde den Besucher*innen ein attraktives Rahmenprogramm mit Talks, Preisverleihungen, Sonderausstellungen und weiteren Veranstaltungen geboten.
Die nächste Kunstmesse des Veranstalters in Berlin ist die paper positions 2020 vom 30. April bis 3. Mai 2020 in der Deutsche Telekom Hauptstadtrepräsentanz, Französische Straße 33 a-c, 10117 Berlin-Mitte.