Ab dem 21. Oktober 2022 zeigt das Jüdische Museum Berlin (JMB) die Ausstellung Inside out – Etgar Keret. Ausgehend von Erinnerungen an seine Mutter hat der israelische Autor Keret eigens für die Ausstellung neun Kurzgeschichten verfasst, die nun erstmals öffentlich präsentiert werden.
Abb. oben: Meine Mutter, Polen, ca. 1937; Etgar Keret
Mit diesen Kurzgeschichten knüpft Keret explizit an die jüdische Tradition an, Erinnerungen von Generation zu Generation weiterzugeben. Er erzählt von gemeinsamen Erlebnissen mit seiner Mutter, die 1934 in Polen geboren worden ist, und gibt Geschichten wieder, die sie ihm als Kind erzählt hat – alltägliche Geschichten ebenso wie traumatische Kriegserlebnisse und Gewalterfahrungen. Dabei wechselt Keret wiederholt zwischen der Perspektive des erwachsenen Erzählers und der des Kindes. Er erhebt mit seinen literarischen Texten keinen Anspruch darauf, eine Realität abzubilden oder ein vollständiges Bild seiner Mutter zu vermitteln, im Gegenteil, er betont, ein solcher Versuch sei zum Scheitern verurteilt, und er will das Unsichere und das Fragmentarische seiner Erinnerung auch in der Ausstellung zeigen.
Die Kurzgeschichten werden mit von Etgar Keret ausgewählten Objekten aus der JMB-Sammlung sowie zwei Installationen, einer Videoarbeit und Illustrationen präsentiert, die in Kooperation von Etgar Keret mit zeitgenössischen Künstler*innen entstanden sind. Etgar Keret will mit seiner Ausstellung die Erwartungen der Museumsbesucher*innen brechen: Er will ihnen kein Wissen vermitteln, ihnen nichts erklären, sondern mit ihnen die per se unvollständigen und nicht verifizierbaren Erinnerungen an seine verstorbene Mutter teilen. Im Zusammenspiel von Erinnerungen, Objekten und künstlerischen Installationen eröffnet die Ausstellung Räume für Assoziationen und Gefühle.
Alle Geschichten sind in der Ausstellung – und mit Ausstellungsbeginn auf der Website des JMB – dreisprachig in gedruckter Form und als Audios zugänglich. Etgar Keret selbst hat seine Texte auf Hebräisch und Englisch eingesprochen, der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Daniel Kehlmann die deutsche Übersetzung. Kehlmann, der mit Keret befreundet ist, wird auch am Begleitprogramm der Ausstellung teilnehmen: Am 29. November 2022 lädt das JMB zu einem Gespräch der beiden samt Lesung ein. Etgar Keret und seine Frau Shira Geffen werden bereits am 27. November 2022 beim Screening der Miniserie Mein sprechender Goldfisch (The Middleman, 2019) anwesend sein, die sie gemeinsam geschrieben und bei der sie zusammen Regie geführt haben. Zwei Schreibworkshops mit Ausstellungsführung und Lunch am 20. November und am 12. Dezember runden das Begleitprogramm ab.
WO?
Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin
WANN?
Freitag, 21. Oktober 2022 bis Sonntag, 5. Februar 2023