7.9 C
Berlin
Samstag, April 20, 2024

On Equal Terms. Gruppenausstellung in den Uferhallen e.V. | 14.09.-25.09.2022

Editors’ Choice

Die Ausstellung On Equal Terms in den Uferhallen verhandelt u. a. die Frage, wie sich die Kunst zu Mechanismen teils freiwilliger, teils erzwungener Einpreisung kultureller und künstlerischer Werte verhält. On Equal Terms knüpft damit an das Programm der seit 2019 durch eingeladene Kurator*innen gestaltete Jahresausstellungen der Uferhallen an.

Abb. oben: On Equal Terms, courtesy of Uferhallen e.V.

Zur Berlin Art Week 2022 eröffnet der Uferhallen e.V. in Berlin-Wedding seine nunmehr vierte Jahresausstellung. In der Gruppenausstellung On Equal Terms sind sowohl ausgewählte Werke von Künstler*innen der Uferhallen als auch Arbeiten von Gästen zu sehen. Die Schau mit insgesamt 26 Positionen verhandelt die Frage, wie sich die Kunst zu Mechanismen teils freiwilliger, teils erzwungener Einpreisung kultureller und künstlerischer Werte verhält: Während sich die große Mehrheit der Künstler*innen Berlins gegen die ökonomische Verdrängung von künstlerischen Freiräumen zu wehren sucht, müssen sich ihre Sprache und ihr Agieren bisweilen einer ähnlichen Logik andienen: Aus Arbeitsplätzen und künstlerischen Netzwerken werden „Kreativräume“ und „kulturelles Kapital“. Im Auflehnen gegen den Ausverkauf von Arbeits- und Wohnflächen geraten diese notwendigerweise zum Gegenstand von Prozessen der Verrechnung einer Kreativwirtschaft. Welchen Preis hat der Eintritt in den (standort-)politischen Bieterkampf? In welchem Verhältnis stehen kulturelles und monetäres Kapital? Ereignet sich hier eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe (on equal terms)?

Die von Sophia Gräfe und Arkadij Koscheew ausgewählten Werke entgegnen diesen Fragen teils auf konzeptueller, teils formaler Ebene. Auf dem Vorplatz der Ausstellungshalle ist eine neue Arbeit des Berliner Medienkünstlers Aram Bartholl zu sehen. This Is Fine zeigt ein überdimensionales Flammen-Emoji, welches in der Online-Kommunikation für gewöhnlich große Begeisterung unter Social-Media-Posts symbolisiert. Auf dem Vorplatz der Uferhallen jedoch wird die Ambivalenz dieses Symbols deutlich: Feuerstelle und Gefahrenzone. Im Innenraum begegnet die Arbeit Jackpot von Benedikt Braun der kapitalistischen Verheißung endloser Produktivität: Hunderte 1-Cent-Münzen wandern scheppernd auf zwei Förderbändern in einem Kreis, der keinen Mehrwert kennt. Die Wandarbeiten des Künstler*innenkollektivs Lou Cantor wiederum wenden sich der Materialästhetik von Aufprallbarrieren zu, die während Crashtests in der Automobilindustrie unter starken Kräften verformt werden. In der 3-Kanal-Video-Installation von Bianca Kennedy schließlich ist ein Zusammenschnitt historischer Filmszenen zu erleben, in denen Menschen in Badewannen zu sehen sind: We are all in this together. Die Ausstellung, welche neben Installationen, Skulpturen, Malerei, Licht-, Video- und Fotoarbeiten zeigt, wird durch ein Performanceprogramm mit Auftritten von Tommy Neuwirth, Manfred Peckl und Ann Schomburg ergänzt.

Neben einer Gruppenausstellung mit ausgewählten Künstler*innen der Uferhallen und Gästen umfasst das Projekt ein Film-, Performance- und Vermittlungsprogramm (Termine siehe unten).

Teilnehmende Künstler*innen:

Stefan Alber / Aram Bartholl / Antje Blumenstein / Benedikt Braun / Lou Cantor / Peter Dobroschke / Maria Eichhorn / FORT / Heiner Franzen / Wolfgang Ganter /  Asta Gröting / Christian Henkel / IOCOSE / Šejla Kamerić / Bianca Kennedy / Peter Klare / Werner Liebmann / Tommy Neuwirth / Manfred Peckl / Alona Rodeh / Hansjörg Schneider / Bettina Scholz / Ann Schomburg / Mark Wallinger / Klaus Weber / Nicole Wermers

Kuratiert von Arkadij Koscheew & Sophia Gräfe.

Uferhallen Kunstaktien. Dokumentation einer Publikumsgesellschaft

Parallel zur Ausstellung On Equal Terms zeigt der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) vor Ort eine Dokumentationsausstellung zum Standort Uferhallen und präsentiert ein vollständiges Set der „Kunstaktien.“ Was hat es damit auf sich? Die Uferhallen wurden 2006 vom Land Berlin an eine kleine Gruppe privater Investor*innen, die UferHallen AG, verkauft. Diese initiierte 2011 ein einzigartiges Projekt, für das sie rund 120 Künstler*innen einlud, je 25 Aktien als Kunstwerke zu gestalten. Über 3.000 sogenannte „Kunstaktien“ entstanden auf diese weise. Sie verbrieften einen Anteil an dem 38.000 qm großen Gelände und stellten zugleich auch originäre Kunstwerke dar. Ziel war eine möglichst breite Streuung der Aktien zur langfristigen Sicherung der Uferhallen als Kulturstandort. 2017 wurde eine Investorengruppe der Samwer-Brüder Mehrheitseigner der AG. Die beschloss 2021, über ein Squeeze-Out-Verfahren den Verkauf der verbliebenen freien Aktien zu bewirken. Trotz dieser Entwicklung trugen die Kunstaktien entscheidend dazu bei, dass anhaltende Gespräche zwischen dem Mehrheitseigner und heutigem Eigentümer, dem Bezirk und dem Senat mit dem Ziel der Sicherung des Kultur- und Atelierstandorts Uferhallen geführt werden.

Bereits 2014 hatte der n.b.k. vier Kunstaktien für die Sammlung Artothek erworben und 2018 – auf Initiative und mit finanzieller Unterstützung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und dem Bezirksamt Mitte – weitere 20 Aktien gesichert, um ein Mitspracherecht der Kleinaktionäre zu erhalten. Die UferHallen AG wurde mit dem Squeeze-Out in die Marema GmbH umgewandelt, alle Kunstaktien wurden entwertet und sollen als nunmehr reine Kunstwerke an die Künstler*innen zurückgegeben werden.

In seiner Ausstellung zur Geschichte der Kunstaktien zeichnet der n.b.k. die Entwicklung der Uferhallen und die Genese des Projekts rund um die Publikumsgesellschaft nach. Gezeigt werden Kunstaktien aller beteiligten Künstler*innen. Zeitgleich werden auf Einladung des n.b.k. und in Kooperation mit On Equal Terms des Uferhallen e. V. und der Berlin Art Week die Eingangstore der Uferhallen mit ortsspezifischen Arbeiten von Rosa Barba, Maria Eichhorn, Herta Müller und Karin Sander bespielt.

Kuratorin Uferhallen Kunstaktien: Anna Lena Seiser

Kuratorische Assistenz, Recherche: Cilia Jonda, Hansjörg Schneider

Begleitprogramm On Equal Terms

Performances

Mittwoch, 14. September 2022, 19:00 Uhr, Manfred Peckl aka anger ranger (Text) & Ivar van Urk aka each/ache (Sound): Hilfe!

Freitag, 16. September 2022, 19:00 Uhr, Ann Schomburg: Celebrating Time

Samstag, 17. September 2022, 19:00 Uhr, Das weltweite Netzwerk für ein bedingungsloses Grundeinkommen (Tommy Neuwirth)

Vermittlung

Im Anschluss an die Gruppenausstellung On Equal Terms öffnet das Vermittlungsformat „Kunstquartett“ Räume für junge Menschen. Schüler*innen aus Berlin-Wedding treffen Künstler*innen der Uferhallen. In drei Workshops erhalten sie die Möglichkeit, künstlerisches Denken, Arbeiten und Forschen kennenzulernen. Die Kinder und Jugendlichen der Albert-Gutzmann-Schule sind dazu eingeladen, künstlerische Praktiken selbst auszuprobieren und eigene Kunstwerke zu gestalten.

Konzept und Leitung: Gloria Aino Grzywatz

Workshop 1: 26. September 2022, Studio Bianca Kennedy – Video

Workshop 2: 28. September 2022, Studio Hansjörg Schneider – Arbeiten mit Papier

Workshop 3: 29. September 2022, Studio Bettina Scholz – Malerei

WANN?

Ausstellungsdaten: Mittwoch, 14. September bis Sonntag, 25. September 2022

Eröffnung: Mittwoch, 14. September 2022, 18;00 – 22:00 Uhr

Öffnungszeiten
Mittwoch – Freitag 14:00 – 20:00 Uhr, Samstag & Sonntag 12:00 – 18:00 Uhr

Sonderöffnungszeiten Berlin Art Week (14.–18.09.2022):
12:00 – 22:00 Uhr

WO?

Uferhallen e.V., Große Halle, Uferstraße 8–11, 13357 Berlin-Gesundbrunnen

KOSTET?

Eintritt frei. Es ist keine Anmeldung notwendig.

Um das Tragen einer FFP2-Maske wird gebeten. Die Ausstellung ist rollstuhlgerecht zugänglich. Barrierefreie WCs sind vorhanden.

- Advertisement -spot_img

IHRE MEINUNG | YOUR OPINION

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

+++++++++ O P E N C A L L 2024 +++++++++

spot_img
- Advertisement -spot_img

Latest article