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Freitag, April 19, 2024

Roman Lipski: This Permanent Other Landscape | Julia Stosckek Collection | 23.02.-26.02.2023 > verlängert bis 06.03.2023!

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Die Julia Stoschek Collection hostet Ende Februar 2023 das prozessuale Ausstellungsprojekt “This Permanent Other Landscape” des Künstlers Roman Lipski, kuratiert von Laura López Paniagua. Der Künstler erforscht darin die Beziehung zwischen Kunst und Wissenschaft, indem er den Produktionsprozess seiner aktuellen Werke mit technologischen Mitteln wie künstlicher Intelligenz (KI), virtueller Realität (VR) und Quantenunschärfe – einem auf Quantenberechnungen basierenden Verfahren zur Bildmanipulation – vorstellt. Im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Ausstellung werden die Räume der Julia Stoschek Collection zu einem lebendigen Atelier, in dem der Künstler und seine Mitarbeiter*innen vor Ort arbeiten werden. Ein Veranstaltungsprogramm begleitet das Projekt (siehe unten). Darin wird es auch eine experimentelle Vortragsreihe mit dem Titel “This Permanent Other Landscape – Challenges of the Emerging Digital-Physical Statu Quo in Art, Science and Society” geben, um drängende Fragen zu diskutieren, die solche Technologien mit sich bringen. Die Veranstaltung ist in der Julia Stoschek Foundation unabhängig von deren offiziellem Programm untergebracht.

Abb. oben: Ausstellungsansicht, 2018, Futurium

Der Einsatz von Technologien wie VR, KI und insbesondere Quantum Blur (QB) in der Kunst befindet sich erst in einem frühen Stadium und damit in einer Phase des Experimentierens und der Entdeckung ihrer Potenziale, möglichen Ergebnisse und Konsequenzen. Die Kunstwerke, die Roman Lipski derzeit produziert, sind Beispiele für eine fortlaufende Erkundung dieser neu entstehenden Landschaften – im wörtlichen Sinne, als Landschaftsmaler, und auch metaphorisch, indem er die neuen Bereiche betritt, die diese Technologien mit sich bringen. Aus diesem Grund konzentriert sich diese exklusive viertägige Ausstellung auf den komplexen und kollektiven Prozess, den die Entstehung dieser Werke mit sich bringt, und nicht auf die fertigen Arbeiten. Die Räume der Julia Stoschek Collection werden zu einem lebenden Atelier, in dem der Künstler und seine Kollaborateur*innen vor Ort arbeiten, sowie zu einer vorläufigen Ausstellung von Kunstwerken, an denen während der Ausstellung gearbeitet wird. Die Show ist somit eine “Ausstellung über eine kommende Ausstellung” – in einer noch unbestimmten Zukunft.

Die Ausstellung ist in drei thematische Räume unterteilt, die Lipskis facettenreiche Untersuchung der Landschaftsmalerei mit experimentellen Medien zeigen.

Der erste Raum oder “das Atelier” ist eine angepasste Version des Ateliers des Künstlers, in dem er mit dem Quanten-Software-Ingenieur Marcel Pfaffhauser und dem Komponisten Kimin Han an seinem aktuellen QB-Projekt arbeitet.

DEEDS NEWS - Kimin Han - 2023 - studio work in progress
Kimin Han, 2023, studio work in progress

Der zweite Raum ist der Künstlichen Intelligenz (KI) gewidmet, einer Technologie, mit der Lipski in Zusammenarbeit mit dem Kunstkollektiv YQP und der KI-Firma Birds on Mars insbesondere vor allem zwischen 2016 und 2021 gemeinsam bahnbrechende Werke produzierte, die Fragen über die mögliche Symbiose von KI und Mensch in der Kunstproduktion aufwerfen.

Der dritte Raum enthält die Kunstwerke, die Lipski und sein Team mithilfe von QB, VR und dem Soundprogramm Max/MSP produzieren. Durch diese Transformationen wird ein digitalisiertes 2D-Landschaftsgemälde durch QB extrudiert und zu einer neuen 3D-Landschaft, in die die Besucher durch VR reisen können. Diese visuelle Reise ist auch eine Klangreise, da Han in der Lage ist, experimentelle Klänge entsprechend den visuellen Parametern jedes Pixels (Farbton, Sättigung, Helligkeit und Höhe in der QBTopographie) zu modulieren. Ist dies das erste Mal, dass Landschaftsmalerei nicht aus einer orthogonalen, entfernten Perspektive, sondern im weitesten Sinne von innen heraus wahrgenommen werden kann? Da diese immersive Erfahrung die Greenberg’sche Flachheit der Malerei eindeutig in Frage stellt, könnte man sie als eine Form des virtuellen Theaters im Sinne von Fried betrachten?

DEEDS NEWS - Roman Lipski - Studio - 2022
Roman Lipski, Studio, 2022

Die Fragen, Schwierigkeiten und Paradoxien, auf die Lipski bei der Annäherung an diese hybriden, digital-physikalischen Landschaften stößt, gehören zu einer breiteren Diskussion, die die Gesellschaft mit dem neuen technologischen Status quo führt. Um diese Diskussion öffentlich zu machen, wird eine Reihe von Vorträgen und offenen Diskussionen mit Lipski und seinen Kollaborateur*innen (Wissenschaftler*innen, Quanten Ingenieure*innen und Künstler*innen), Akademiker*innen und Student*innen der Berliner Universitäten stattfinden.

Der Titel der Ausstellung ist eine Hommage an die Science-Fiction-Legende Philip K. Dick, der in seinem Werk häufig über die Natur der Realität und ihre – seiner Meinung nach – multiplen, sich überschneidenden Welten (oder Landschaften) spekulierte. In “How to Build a Universe that Doesn’t Fall Apart Two Days Later” (1978) verweist er auf die Existenz einer unveränderlichen, uralten Landschaft, die jeder anderen Welt, die der menschliche Geist bewohnen kann, unterliegt. Könnte diese permanente Dimension der Ereignishorizont der gegenwärtigen Ausbreitung der elektronischen Weltgestaltung sein?

DEEDS NEWS - Roman Lipski in Dialogue with the AI Muse - 2018 - Futurium - Foto Hans-Georg Gaul
Roman Lipski im Dialog mit der KI Muse, 2018, Futurium, Foto: Hans-Georg Gaul

Roman Lipski
Der in Polen geborene und in Berlin lebende Maler Roman Lipski (geb. 1969 in Nowy Dwór Gdański, Polen) ist dank seiner Zusammenarbeit mit den Quantenwissenschaftlern Dr. James Wootton und Marcel Pfaffhauser sowie der Betreuung durch die WissenschaftlerInnen Dr. Walter Riess, Dr. Mira Wolf-Bauwens und den verstorbenen Stephan Schneider ein Pionier auf dem Gebiet der Quantenkunst. Seine zeitgenössischen Werke entstehen unter Verwendung von Quantum Blur, das Gemälde in Quantenzustände kodiert und deren Manipulation durch Interferenzmuster mit Hilfe von Quantenoperationen ermöglicht. Sein Schaffen mit der Quantentechnologie hat ihn nicht nur dazu
gebracht, seine eigene Bildsprache neu zu erfinden, sondern auch, sich neuen Themen zu nähern und mit verschiedenen Darstellungsformen zu experimentieren. Derzeit erforscht Lipski in seiner Malerei ultragroße Formate und die einzigartig geformten “Leinwände” und “Welten” (digital, 3D, textural), die er mit Quantum Blur entwickelt. „Es gab zwei Hauptmotivationen [für die Entwicklung von Quantenunschärfe]. Zum einen gab es damals nicht viele Qubits, mit denen man arbeiten konnte. Ob wir nun Quanten-Hardware verwendeten oder simulierten, wir hatten weniger als 10 zur Verfügung. Ich wollte also einen Weg
finden, so viel wie möglich in so wenige Qubits wie möglich zu packen. Das war ein Grund dafür, dass ich eine Amplitudencodierung verwendete (das ist der Fachbegriff für diese Art, Informationen in Qubits zu pressen). Ein weiterer Grund war, dass die Anwendung von einfachen Quantengattern einen interessanten und ‘natürlich erscheinenden’ Effekt haben sollte, indem die Bilder durch die wellenartige Natur der Quantenmechanik weiterentwickelt werden.”

Dr. James Wootton
Lipskis technologische Experimente sezieren das Zusammenspiel von Kunst und Wissenschaft auf eine Weise, die neue Formen der Kreativität und Inspiration verspricht – eine verlockende Aussicht. Sein im Distanz Verlag erschienenes Buch “Superpositions” präsentiert diesen neuen Werkzyklus sowie einen breit gefächerten Querschnitt durch die Arbeiten der letzten 16 Jahre.

Laura López Paniagua
Laura López Paniagua ist Schriftstellerin, Kuratorin und Wissenschaftlerin. Im Jahr 2020 veröffentlichte sie ihre erste Monografie “Mike Kelley: Materialist Aesthetics and Memory Illusions” (Mousse Publishing) und hat auch für Institutionen wie die Biennale Venedig (2019, May You Live in Interesting Times) und TATE modern (2024) geschrieben. Sie hat im Schinkel Pavillon gearbeitet und an Ausstellungen wie Sun Rise / Sun Set (2021), HR Giger – Hans Bellmer und einigen der kommenden Programme im Jahr 2023 mitgewirkt. Sie hat an der Freien Universität promoviert und unterrichtet seit 2019 im Fachbereich Kunstgeschichte am Bard College Berlin. Sie hält derzeit internationale Vorträge und habilitiert sich (2024).

Kimin Han
Kimin Han studierte (MA) zeitgenössische Musikkomposition und Computermusik in Südkorea. Er entwickelte ein starkes Interesse an akustischen Phänomenen, die er als Rohmaterial nutzt, um sie in seiner Arbeit direkt zu enthüllen, im Vertrauen auf die moderne Interpretation der traditionellen koreanischen Musik, die er geerbt hat. Han studiert seit 2019 Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und erforscht, kombiniert und demontiert verschiedene Medien, um seine künstlerische Phantasie zu verwirklichen und neue Bereiche wie Klangvisualisierung und Klanginstallation herauszufordern. Außerdem setzt er seine musikalische Forschung mit dem Fokus auf Klangverräumlichung fort.

DEEDS NEWS - Roman_Lipski_12_8_2022_21_32
Roman Lipski, 12.08.2022, 21:32, 9 + 2

Marcel Pfaffhauser
Marcel Pfaffhauser studierte Informatik an der ETH Zürich. Im Jahr 2011 schloss er seinen Master in Theory of Computing ab, bevor er an der USI in Lugano im Bereich der Quanteninformationstheorie forschte. Danach bildete er sich weiter und arbeitete 5 Jahre lang als Software Engineer mit Unity mit Fokus auf Augmented Reality, Virtual Reality und Gamification. Im Jahr 2020 wechselte er zu IBM Research in Zürich, wo er im Europe Community Team an einer Vielzahl von Outreach-Aktivitäten arbeitet. Einige davon konzentrieren sich auf Quantenspiele oder machen Quantencomputing für Spieleentwickler, Künstler und Hobbyisten zugänglicher.

Dr. James Wootton
Dr. James Wootton promovierte 2010 an der Universität Leeds mit einer Arbeit über topologisch geordnete Systeme und deren Nutzung für das Quantencomputing. Danach arbeitete er an der Universität Basel an topologischen Quantenfehlerkorrekturcodes, bis er 2018 zur Gruppe Quantum Technologies bei IBM Research – Zürich wechselte.
Im Jahr 2016 rief er ein Citizen-Science-Projekt ins Leben, das der Öffentlichkeit helfen sollte, sich an der Forschung zur Quantenfehlerkorrektur zu beteiligen, und begann auch, die Quantencomputer zu nutzen, die IBM gerade in die Cloud gestellt hatte. Dies führte dazu, dass er 2018 zu IBM Research – Zürich kam.
Bei IBM arbeitet er weiter an der Quantenfehlerkorrektur, mit dem Fokus darauf, diese als Grundlage für Benchmarks für baldige Hardware zu nutzen. Er untersucht auch, wie Quantencomputer für die Aufgabe der Verfahrensgenerierung nützlich sein könnten, und ist einer der Hauptakteure des Qiskit-Lehrbuchs.

PROGRAMM

Donnerstag, 23. Februar 2023
18:00-21:00 Uhr, Eröffnungsempfang
Registration notwendig: https://forms.gle/CFTACw1mgDpCGo4J6

Freitag, 24. Februar 2023
Experimentelle Vortragsreihe
This Permanent Other Landscape – Herausforderungen des entstehenden digital-physischen Status Quo in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft.

In dieser experimentellen Vortragsreihe kommen der Künstler, seine Kollaborateur*Innen, Akademiker*Innen aus den Bereichen Kunst und Wissenschaft, Kunstspezialist*Innen und Universitätsstudent*Innen zusammen, um drängende Fragen zu erörtern, die Technologien wie KI, VR und Quantenberechnungen mit sich bringen.
Mit freundlicher Unterstützung des Bard College Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin.

Registration notwendig (begrenzte Plätze): https://forms.gle/fTeQUpeB5gMYnVZm9

Programm wird in kürze veröffentlicht: https://www.romanlipski.com/current

Samstag + Sonntag, 25. + 26. Februar 2023
12:00-18:00 Uhr, öffentlich zugängliche Ausstellung

Ausstellungsdaten:

Verlängert bis Montag, 6. März 2023!

WO?

Julia Stoschek Collection, Leipziger Straße 60, 10117 Berlin-Mitte

WANN?

siehe Programm oben

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