Max Ernst nimmt in der Kunst des Dadaismus und Surrealismus eine herausragende Stellung ein. Sein Name steht für grenzüberschreitende Werke, die Traum und Wirklichkeit verbinden. Das Museum für Fotografie präsentiert die Ausstellung „FOTOGAGA. Max Ernst und die Fotografie. Zu Gast in der Sammlung Würth“ begibt sich erstmals auf die Suche nach Berührungspunkten zwischen seinem Werk und der Fotografie. Die Ausstellung läuft vom 18. Oktober 2024 bis zum 27. April 2025.
Abb. oben: Max Ernst: Lichtrad / la roue de la lumière, aus: Histoire Naturelle, Blatt 29, 1926. Lichtdruck nach Frottage, 32,5 x 50 cm. Sammlung Würth © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Zum hundertsten Geburtstag des Surrealismus zeigt das Museum für Fotografie einen repräsentativen Überblick der Arbeiten von Max Ernst aus der Sammlung Würth. Ergänzend kommen Werke aus der Kunstbibliothek, dem Kupferstichkabinett, der Sammlung Scharf-Gerstenberg und der Staatsbibliothek zu Berlin hinzu sowie weitere hochkarätige Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen in Frankreich und Deutschland.
Max Ernst und die Fotografie – eine ungewöhnliche Verbindung
Die Kunst von Max Ernst (1891–1976) entstand in einer Zeit des neuen, kreativen Umgangs mit der Fotografie. Momentaufnahmen, wissenschaftliche Fotografien oder Bilder von Kriegsmaschinen boten ihm nicht nur Inspiration, sondern waren gleichermaßen Arbeitsmaterial, vor allem für seine Collagen. Sein Werk ist von den technischen und künstlerischen Entwicklungen des Mediums Fotografie wesentlich beeinflusst. So nutzte er fotografische Reproduktionstechniken, um die Bildwirksamkeit seiner Arbeiten zu steigern: Vergrößerungen ließen seine kleinformatigen Collagen in Ausstellungen gegenüber Gemälden bestehen. Die Produktion von Fotopostkarten der Collagen sorgte für eine schnelle und unkomplizierte Verbreitung der Arbeiten. Die Invertierung der Tonwerte im Fotogramm steigerte die Wirkung seiner Frottagen.
Max Ernst, der erstaunlicherweise selbst nie als Fotograf in Erscheinung trat, posierte gern vor der Kamera, vor namhaften Fotograf*innen ebenso wie im Fotoautomaten. Mal ernst, mal ein bisschen „gaga“, veranschaulichen die Porträts nicht nur seine Lust am Spielerischen, sondern auch die gelegentlich strategische Nutzung der Fotografie zur Förderung seiner künstlerischen Agenda. Der Titel der Ausstellung „FOTOGAGA“ ist einer Werkgruppe von Hans Arp und Max Ernst entlehnt, die sie „FATAGAGA“ nannten: die „FAbrication de TAbleaux GAsométriques Garantis (Fabrikation garantiert gasometrischer Bilder)“. Eine dieser Fotocollagen, in denen die beiden ihr persönliches, freundschaftliches Verhältnis thematisierten, ist in der Ausstellung zu sehen.
100 Jahre Surrealismus
Gezeigt werden rund 270 Werke, vor allem Papierarbeiten, aber auch Gemälde von Max Ernst sowie Fotografien, Fotogramme, Collagen und illustrierte Bücher seiner surrealistischen Zeitgenoss*innen. Obwohl sie alle sich explizit nicht mit der Realität befassten, sondern mit dem, was darunter, dahinter und dazwischenliegt, war das immer noch recht neue Medium Fotografie für viele von großer Bedeutung. Nicht zuletzt nutzten sie es, um sichtbar zu machen, was dem bloßen Auge ohne technische Hilfsmittel verborgen bleibt: das Ferne, das Winzige, das Bewegte.
Die Werke von Max Ernst werden in den Kontext zeitgenössischer wie auch historischer Bezüge gestellt. Dabei lassen sich vielfältige, überraschende Parallelen zu Fotografien anderer Künstler*innen entdecken. Die für die Ausstellung ausgewählten Arbeiten zeichnen sich durch Experimentierfreude und ein kreatives Spiel mit dem Zufall aus. Ihre Urheber*innen besannen sich auf in Vergessenheit geratene Verfahren aus dem 19. Jahrhundert und entwickelten neue Techniken im Umgang mit lichtempfindlichem Material. Halbautomatische Verfahren, die Arbeit mit Vorgefundenem, Kombinatorik und das Verwischen von Spuren prägen gleichermaßen das Werk von Ernst wie das fotografische Œuvre vieler Zeitgenoss*innen und nachfolgender Künstler*innen. Sie haben auch 100 Jahre nach der Veröffentlichung von André Bretons erstem surrealistischen Manifest am 15. Oktober 1924 ihre Faszination nicht verloren.
Kooperation mit Tradition
Die Staatlichen Museen zu Berlin blicken auf eine langjährige Kooperation mit der Sammlung Würth zurück. „FOTOGAGA. Max Ernst und die Fotografie“ bildet die vierte Ausstellung einer Reihe, die 2019/20 mit „Anthony Caro. The Last Judgement Sculpture der Sammlung Würth“ in der Gemäldegalerie begann. Außerdem waren 2021/22 „Illustre Gäste. Kostbarkeiten der Kunstkammer Würth“ im Kunstgewerbemuseum sowie „David Hockney – Landschaften im Dialog. Die ‚Vier Jahreszeiten‘ der Sammlung Würth“ 2022 ebenfalls in der Gemäldegalerie zu sehen. Für die Ausstellung im Museum für Fotografie konnte auf die besonders umfassenden Bestände vor allem an druckgrafischen Arbeiten von Max Ernst in der Sammlung Würth zurückgegriffen werden, die nun erstmals in Berlin gezeigt werden.
Veranstaltungen
Ein umfangreiches Angebot an Führungen und Workshops lädt ein, die Ausstellung im Gespräch und Austausch zu entdecken und selbst surrealistische Techniken auszuprobieren. Eine Vortragsreihe beleuchtet ab Februar 2025 einzelne Fragestellungen der Ausstellung aus unterschiedlichen Perspektiven.
Publikation zur Ausstellung
Es erscheint ein reich bebilderter Katalog im Wienand Verlag in deutscher und englischer Sprache mit Essays von Katja Böhlau, Ludger Derenthal, Michael Lailach und Jürgen Pech.
Kuratorisches Team
Die Ausstellung wird kuratiert von Katja Böhlau und Ludger Derenthal, Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin.
WANN?
Eröffnung: Donnerstag, 17. Oktober 2024, 19 Uhr
Ausstellungsdaten: Freitag, 18. Oktober 2024 – Sonntag, 27. April 2025
Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Freitag – Sonntag, 11 – 19 Uhr, Donnerstag, 11 – 20 Uhr
WO?
Museum für Fotografie
Stauffenbergstraße 41
10785 Berlin