Nach dem Auftakt des Film-und Diskursfestivals Ende September im Goethe-Institut in Taschkent, startet der zweite Teil in Berlin im Haus der Kulturen der Welt (HKW) und im SİNEMA TRANSTOPIA. Ausgangspunkt von Destination: Tashkent sind Konzept und Geschichte des Tashkent Festival for Asian, African and Latin American Cinema, das zwischen 1968 und 1988 Filmemacher*innen verschiedenster Nationen in Usbekistan willkommen hieß. Das damalige Festival war nicht nur ein Schauplatz für das Kino der Sowjetunion und der sogenannten blockfreien Staaten, sondern auch ein Ort der Geselligkeit und der Zusammenkunft für den kritischen Austausch.
Abb. oben: Filmstill aus Tashkent 58-88 von Zumrad Mirzalieva.
Mit der Vorführung von historisch relevanten Filmen lässt Destination: Tashkent den Geist des ursprünglichen Festivals in Berlin wieder aufleben. Dessen Rolle als Plattform für den transnationalen Dialog wird aus einer aktuellen Perspektive und mit einem diskursiven Begleitprogramm neu ausgelotet. Darüber hinaus schlagen zwei Kurzfilmreihen mit Werken zeitgenössischer Filmemacher*innen aus Zentralasien und einer in Berlin ansässigen Diaspora eine Brücke in die Gegenwart.
Begleitend zum Festival erscheint der Destination: Tashkent–Reader mit Texten und Gesprächen, Archivfunden und Ergebnissen der Recherchen vor Ort. Der Reader wird am 1. Dezember im HKW im Rahmen des Festivals vorgestellt wird.
Programm
Mi., 27.11.2024
19:00
Eröffnung
Grußworte von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung (HKW), Johannes Ebert (Goethe-Institut), und Maren Niemeyer (Goethe-Institut Usbekistan), Can Sungu (HKW)
Miriam Makeba Auditorium (HKW)
Eintritt frei
19:30
Film: Emitaï (Gott des Donners)
R: Ousmane Sembène, 1971, Senegal, 103‘, Wolof, Diola,
Französisch mit englischen Untertiteln, mit Live Übersetzung
ins Deutsche
Während des Zweiten Weltkriegs rekrutiert das Vichy-Regime Männer aus den französischen Kolonien. Der Widerstand in einem Diola-Dorf im Senegal entwickelt sich unter dem erbarmungslosen Druck seitens der kolonialen Herrschaft zum Aufstand und endet in einer Tragödie. Ousmane Sembènes filmische Erzählung verfolgt die stufenweise Zuspitzung des Konflikts mit dem Fokus auf die Dorfbewohner*innen. Ihre dramatische Stärke schöpft sie jedoch nicht aus den Schicksalen der einzelnen Protagonist*innen, sondern aus dem fatalen Zusammenprall der eingespielten Lebensordnung des Dorfes mit der Ignoranz, Respektlosigkeit und Aggression der ‚weißen‘ Kolonialisten. So wie der Dorfälteste seine Hoffnung nicht an Emitaï, den Gott der Veränderung richtet, sondern an den Aufstand, richtet Sembène seine Hoffnung an die junge Generation.
Mit einer Einführung von Aboubakar Sanogo
Miriam Makeba Auditorium (HKW)
Eintritt frei
21:30
DJ-Set
Magnus Hirschfeld Bar (HKW)
Eintritt frei
Do., 28.11.2024
11:00–13:30
Stadttour (Auf Englisch): Transnational Spaces of Film Culture in Berlin (Wedding)
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
Eintritt frei
Treffpunkt: SİNEMA TRANSTOPIA
15:00
Film: Les Ambassadeurs
R: Naceur Ktari, 1976, Frankreich, Tunesien, Arabisch
und Französisch mit englischen Untertiteln
Szenen aus dem Alltag und den verworrenen Schicksalen verschiedener Bewohner*innen des Pariser Quartiers Goutte d’Or, die mit Arbeitslosigkeit, Verachtung, Gleichgültigkeit und Rassismus zu kämpfen haben. Als Reaktion auf den rassistischen Mord an einem Jugendlichen in der Nachbarschaft wollte Ktari einen massenwirksamen Film machen, um eine Debatte anzustoßen. Die Ausstrahlung des Films im französischen Fernsehen im Jahr 1977 provozierte viele Reaktionen – solidarische wie rassistische. Les Ambassadeurs gewann 1976 den Tanit d’Or beim Carthage Film Festival und lief 1976 auf dem Taschkent Filmfestival.
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
€7 (Tickets ab 21.11.)
17:30
Begrüßung (Auf Englisch)
Can Sungu (HKW), Maren Niemeyer (Goethe-Institut Taschkent)
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
Eintritt frei
18:00
Keynote (Auf Englisch): The Spirit of Tashkent
Masha Salazkina
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
Eintritt frei
18:45
Kurzfilm: Tashkent 58–88
R: Zumrad Mirzalieva (DAVRA), 2024, Usbekistan, 10‘,
Russisch mit englischen Untertiteln
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
Eintritt frei
20:00
Film: Bakajdyn Zhajyty (Bakaj’s Weide)
R: Tolomush Okeev, 1966, UdSSR / Kirgis SSR, 78’, Kirgisisch mit englischen Untertiteln
Mit einer Einführung von Sultan Usuvaliev
Zusammen mit den anderen Kindern kommt Kalyk im heimatlichen Lager auf der Bergweide an, um die Sommerferien mit den Eltern zu verbringen. Sein Vater Bakaj, der Lager-Älteste, fasst den Entschluss, Kalyk nicht wieder ins Internat zu schicken, damit der Junge ihm und der Mutter in ihren älteren Jahren zur Seite stehen kann. Nach einem in Gewalt explodierten Familienkonflikt setzt der Junge seinen Willen durch und verlässt seine Eltern, um ein weiteres Schuljahr in der Stadt zu verbringen. Die im schwarzweißen Cinemascope scheinbar mühelos eingefangenen, majestätisch schönen kirgisischen Bergweiden werden zum Schauplatz einer Kollision zwischen Tradition und Progress, im deren Mittelpunkt der Wille zur Emanzipation der jungen Generation steht. Tolomush Okeevs zeitloses Meisterwerk, der emotional bewegt und philosophisch einstimmt.
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
€7 (Tickets ab 21.11.)
Fr., 29.11.2024
14:00
Film: Maa Bhoomi (Unser Land)
R: Goutam Ghose, 1979, Indien, 158‘, Telugu mit englischen Untertiteln
Der Film greift die Geschichte des Telangana-Rebellion auf, der in den Jahren 1944 bis 1946 im indischen damaligen Fürstenstaat Hyderabad eskalierte. Im Zentrum dieser epischen Verfilmung von Krishan Chanders Novelle steht der landlose Bauer Ramayya, der sich nicht mit den herrschenden Bedingungen arrangieren will. So legt Ramayya den ganzen Weg vom Analphabeten und hungernden Taglöhner zum kommunistischen Agitator und Guerillakämpfer zurück. Goutam Ghoses Aufarbeitung dieses Kapitels der indischen Geschichte stand in direkter Verbindung zu den sozialen Missständen in Indien und konkret zu der Hungersnot von 1974, die in ihrem Ausmaß derjenigen von 1943 in Hyderabad glich.
Mit Einführung und anschließendem Filmgespräch mit dem Regisseur
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
€7 (Tickets ab 21.11.)
17:30
Kurzfilm: Tashkent 58–88
R: Zumrad Mirzalieva (DAVRA), 2024, Usbekistan, 10‘,
Russisch mit englischen Untertiteln
Begrüßung: Can Sungu (HKW)
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
18:00
Paneldiskussion: “Contact Zones” of Cinematic Internationalism
Mit Masha Salazkina, Manishita Dass, Aboubakar
Sanogo, Moderation: Sophie Genske
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
20:00
Film: West Indies: The Fugitive Slaves of Liberty
R: Med Hondo, 1979, Frankreich, Algerien, Mauretanien, 115’, Französisch mit deutschen Untertiteln, Live-Übersetzung ins Englische
Mit einer Einführung von Aboubakar Sanogo
In einer verlassenen Fabrik wurde ein Bühnenbild in Form einer Attrappe eines Sklavenschiffs aufgestellt, auf deren Oberdeck „Liberté, Égalité, Fraternité“ prangt. Dieses symbolische Schiff dient als komplexe Mehrzweckbühne, auf der wichtige historische Ereignisse im Zusammenhang mit dem französischen Kolonialismus in der Karibik dargestellt werden, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Verbindungen zwischen den Westindischen Inseln und Frankreich liegt. Das Schiff selbst ist ein Mikrokosmos des Kolonialismus und veranschaulicht dessen Hierarchien, Ungleichheiten und inneren Aufruhr. Von Regierungssitzungen bis zu Straßenprotesten, von Sklavenhandel bis zur Arbeitsmigration werden zahlreiche Themen durch dramatische Formen, die von der Revue und Brecht inspiriert sind, zum Leben erweckt und durch Tanz und Musik ergänzt.
Med Hondo’s West Indies: The Fugitive Slaves of Liberty ist eines der ersten seiner Art in Afrika und wurde seinerzeit mit einem für eine afrikanische Produktion beispiellosen Budget finanziert. Fast ein halbes Jahrhundert nach seinem Erscheinen ist er immer noch ein einzigartiges Meisterwerk und ein Meilenstein des afrikanischen Kinos.
Miriam Makeba Auditorium (HKW)
€7/5 (Tickets ab 21.11.)
Sa., 30.11.2024
13:00
Film: Interview
R: Mrinal Sen, 1971, Indien, 101‘, Bengalisch mit englischen Untertiteln und Live-Übersetzung ins Deutsche
Ein Familienfreund hat Ranjit einen lukrativen Job in einer britischen Firma zugesichert. Als Formalität soll der junge Mann zum Vorstellungsgespräch kommen und zwar in einem europäischen Anzug. Der Meister des indischen Kinos Mrinal Sen erzählt Ranjits Suche nach einem unauffindbaren Anzug als eine Allegorie des postkolonialen Indiens mit seiner internalisierten Abwertung der eigenen Lebensweise, seiner Fetischisierung des britischen Kolonialerbes und den prekären Umständen der Bevölkerungsmehrheit.
Ein präzises und bewegendes Porträt der Mittelschicht Kolkatas der 1970er Jahre, das von einer tiefen Verbundenheit des Regisseurs mit seiner Heimat und ihren Leuten zeugt.. Interview ist ein anregender Zug gegen die konventionelle Filmsprache mit einer geistreichen Durchbrechung der vierten Wand.
Mit einer Einführung von Manishita Dass
Safi Faye Saal (HKW)
€7/5 (Tickets ab 21.11.)
15:30
Keynote (Auf Englisch mit Übersetzung ins Deutsche)
Translation Practices at Tashkent Film Festival
Elena Razlogova
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
16:30
Paneldiskussion (Auf Englisch mit Übersetzung ins Deutsche)
Live Translations as Global Practice
Mit May Adadol Ingawanij, Jesse Gerard Mpango,
Iuliia Glushneva, Moderation: Elena Razlogova
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
18:15
Lecture-Performance: Hung Tongue von Slavs and Tatars
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
20:30
Film: Gelin (Schwiegertochter)
R: Khodzha Kuli Narliyev, 1972, UdSSR, Turkmen SSR, 81‘
Die junge Ogulkeyik lebt mit ihrem alten Schwiegervater in der Wüste und wartet sehnlichst nach ihrem in den Krieg gezogenen Mann. Wenn der Krieg endet und es klar wird, dass ihr Mann verschollen ist, gibt sie die Hoffnung auf seine Rückkehr nicht auf und bleibt bei dem Schwiegervater, auch wenn dies bedeuten soll, nie wieder zu heiraten. Die nicht endenden täglichen Aufgaben, die Ogulkeyik mit genauen, nie hastigen Bewegungen ausführt, werden von ihren Tagträumen begleitet, in denen sie stets glücklich vereint mit ihrem Mann ist. Gelin ist ein Meilenstein des turkmenischen Kinos und eine detailgenaue filmische Rekonstruktion der materiellen Kultur der turkmenischen Hirtennomaden und ein Lobgesang auf die Liebe.
Russisch mit deutschen Untertiteln und Live-Übersetzung ins Englische
Mit einer Einführung von Azem Bekturova
Safi Faye Saal (HKW)
€7/5 (Tickets ab 21.11.)
22:30 Uhr
Raqs Raqs Shanba Party
Tunes und Beats aus Asien, Afrika und Lateinamerika!
SİNEMA TRANSTOPIA
Lindower Str. 20/22, 13347 Berlin
€5; Eintritt frei für akkreditierte Gäste
So., 1.12.2024
13:00
Gespräch, Buchpräsentation: Destination: Tashkent
Aykan Safoğlu, Valeriya Kim, Elyor Nemat im Gespräch mit Eric Otieno Sumba
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
14:15
Kurzfilmreihe: Visions of Intersectionality
Mit einer Einführung von Can Sungu und anschließendem
Filmgespräch mit Aykan Safoğlu und Zara Zandieh
Safi Faye Saal (HKW)
Dauer: 72’
€7/5 (Tickets ab 21.11.)
16:00
Paneldiskussion (Auf Englisch)
Encounters for and around Films—Space for Film and
Discourse Berlin/ Tashkent/ Almaty
Malika Mukhamejan (Qyzqaras) , Valeriya Kim (Cinema Love),
Dieu Hao Do (BAFNET), Saltanat Shoshanova, Moderation: Can Sungu
Safi Faye Saal (HKW)
Eintritt frei
17:45
Kurzfilmreihe
Winds of Change: Women’s Stories from Central Asia
Mit einer Einführung von Valeriya Kim und Malika
Mukhamejan (auf Englisch)
Safi Faye Saal (HKW)
Dauer: 78’
€7/5 (Tickets ab 21.11.)
WANN?
Mittwoch, 27. November bis Sonntag, 1. Dezember 2024
WO?
Sinema Transtopia
Lindower Str. 20/22
13347 Berlin
oder
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
KOSTET?
Akkreditierung (bis 18.11.): Regulär: 30 EUR, Ermäßigt: 15 EUR
Die Akkreditierung erlaubt den freien Eintritt zu allen Festivalfilmen im HKW und SİNEMA TRANSTOPIA und berechtigt zur Buchung von je einem kostenfreien Ticket für alle Veranstaltungen im Rahmen des Festivals, solange Tickets verfügbar sind.
Einzeltickets: Regulär: 7 EUR, Ermäßigt: 5 EUR