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Kleine Oper – große Wirkung: Opéra national de Lorraine in Nancy zeigt JULIE von Philippe Boesmans | ab 27.03.2022

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Wie schafft es der junge Operndirektor Matthieu Dussouillez, fernab der großen Straßen in einer kleinen Stadt im Osten Frankreichs, Nancy in Lothringen, so viel Aufmerksamkeit zu erregen? Wie ist es möglich, mit selten gespielten Werken eine solche Relevanz zu erzeugen, dass die Oper selbst an einem Dienstag Anfang Februar mit einem begeisterten und jungen Publikum gefüllt ist?

Abb. oben: Außenfassade der Opéra national de Lorraine Nancy, © L’œil créatif für Opéra national de Lorraine

„Das Haus will ganz nach vorne und hat dort schon mal einen Pflock eingeschlagen“, so der Deutschlandfunk. Die neue Oper Julie von Philippe Boesmans (ab 27. März) oder die Interpretation von Fortuno durch die musikalische Leiterin Marta Gardolińska (am 24. April) gehören sicherlich in diese Reihe; ebenso wie die Koproduktion mit der Oper in Halle (Première am 19. März) in Form einer Neuinszenierung von Jan Ignacy Paderewskis Manru, die in der nächsten Spielzeit in Nancy aufgeführt werden soll.

DEEDS NEWS - Courtesy of Opera national de Lorraine - Grande salle - (c) L’œil creatif
Großer Saal, © L’œil créatif für Opéra national de Lorraine

Der Direktor Matthieu Dussouillez (*1985), der die Intendanz seit 2019 innehat, beobachtet junge Talente aufmerksam, ermutigt und unterstützt sie: In sein Labor für neue Formen des NOX-Musiktheaters bezieht er nicht nur Profis, sondern auch die Einwohner der Stadt mit ein. In einem Interview verrät der junge Operndirektor einige seiner Erfolgsrezepte: Das „traditionelle Haus in einem wunderschönen Ambiente“ ist „ein aufstrebendes Musiktheater“ und überzeugt, indem es drängende Fragen mit theatralischen Mitteln stellt. Seit 2020 setzt Dussouillez ein europäisches Projekt um, das sich an starken künstlerischen Leitlinien orientiert. Es sieht die Förderung einer neuen Generation internationaler Künstler:innen vor, die in einer sich rasch wandelnden Welt in der Lage sind, über die Oper von morgen nachzudenken. Ziel ist die Entwicklung eines Opern- und Symphonieprogramms im Einklang mit dem musikalischen Europa und dem Jugendstil, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Architektur von Nancy geprägt hat. Darin sollen vor allem die zeitgenössische Musik und die Wiederentdeckung seltener Werke gefördert und der Wiederaufführung emblematischer Repertoirewerke besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Matthieu Dussouillez verfolgt den konsequenten Aufbau einer bürgerlichen, in der Region verankerten Oper, die zukunftsorientiert und offen für soziale Fragen ist und sich für Gleichheit, Vielfalt und ökologischen Wandel einsetzt.

„Mit dem Programm der Opéra national de Lorraine setzen wir uns für die Idee ein, dass die Oper nicht auf eine patrimoniale oder museale Kunstform beschränkt werden kann: Sie ist eine lebendige Ausdrucksform, die von einer neuen Generation von Künstler:innen aufgegriffen wird, um einen Blick auf unsere heutige Welt zu werfen. Zeitgenössische Kunst zu fördern bedeutet auch, Werke, die in den letzten 50 Jahren entstanden sind, wieder aufzugreifen, um sie dauerhaft im Repertoire zu verankern: Zu oft werden Opern nur einmal aufgeführt und geraten dann in Vergessenheit.“

Matthieu Dussouillez, directeur général de l’Opéra national de Lorraine

Julie, Philippe Boesmans

Die Oper Julie wurde 2005 beim Festival von Aix-en-Provence und im Théâtre de La Monnaie nach August Strindbergs Werk Fräulein Julie uraufgeführt. Ihr Komponist Philippe Boesmans ist eine der angesehensten und beliebtesten Figuren der heutigen Opernwelt. Er hat zu den Höhepunkten des europäischen Opernschaffens beigetragen. Seine Musik verweigert sich weder der Raffinesse noch der Freude an der Erzählung und der Fiktion und stellt ihre Ausdruckskraft in den Dienst des Dramas, dessen Schatten, Unausgesprochenes und Lügen sie enthüllt.

DEEDS NEWS - Courtesy of Opera national de Lorraine - Croquis de decors Julie - (c) Silvia Costa
Kulissenskizzen Julie, © Silvia Costa

Silvia Costa, Regisseurin und bildende Künstlerin, bricht hier mit dem Naturalismus, der Strindbergs Theater anhaftet, und legt das Ritual, die nackte Existenz und den Totentanz frei, mit dem sich die Körper einander geben und verweigern, bis sie zerstört werden. Silvia Costa liefert eine sowohl plastische als auch choreografische Oper, die sich der Performance annähert.

WAS?

Julie, Oper in einem Akt
Musik: Philippe Boesmans
nach Fräulein Julie von August Strindberg
Produktion: Opéra national de Lorraine
Koproduktion: Opéra de Dijon
Musikalische Leitung: Emilio Pomarico
Orchester und Chor der Opéra national de Lorraine
Regie und Bühnenbild: Silvia Costa

WO?

Opéra national de Lorraine
1, rue Sainte-Catherine
54000 Nancy 
Frankreich

WANN?

Sonntag, 27. März 2022, 15 Uhr
Dienstag, 29. März , Donnerstag, 31. März , Freitag, 1. April 2022 um 20 Uhr

KOSTET?

Eintritt: von 5 bis 75 EUR

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