Im vergangenen Mai wurde gegen die Urteile der Gezi-Prozesse, bei denen zum Beispiel Osman Kavala zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, demonstriert. Gemeinsam mit der Künstlerin Zehra Doğan, den Journalisten Can Dündar und Deniz Yücel, der Schriftstellerin Aslı Erdoğan und dem Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner, alle selbst im Nachklang der Gezi-Proteste inhaftiert, zogen die Demonstrierenden vom Bundeskanzleramt zum Bundestag und weiter zur türkischen Botschaft, um ein Zeichen zu setzen gegen Justizwillkür und Autokratie in der Türkei. In diesem Jahr stehen am 14. Mai Wahlen in der Türkei an, die nicht weniger als einen Scheideweg bedeuten. Gleichzeitig jähren sich die Ereignisse um den Taksim-Platz zum zehnten Mal.
Abb. oben: aus dem Theaterstück „Alles wird schön sein“, Uraufführung 26.05.2023, Foto: Esra Rotthoff
Beides nimmt das GORKI zum Anlass und als Angebot, sich mit den aktuellen politischen Umbrüchen und erhofften Aufbrüchen in der Türkei und weltweit auseinanderzusetzen. Vom 26. Mai bis 25. Juni findet im GORKI das Festival GEZİ – TEN YEARS AFTER statt, das Zehra Doğan, Can Dündar, Aslı Erdoğan, Peter Steudtner und Deniz Yücel als Curatorial Advisory Board und Mitwirkende aktiv mitgestalten. Mit dem Untertitel Ein Prolog im Frühling ist es der erste Teil des 6. Berliner Herbstsalons LOST, in dessen Rahmen man sich angesichts all der Krisen und Kriegen unserer Zeit aktiv fragt: Was tun?
Gezi war und ist ein Symbol dafür, eine lebenswerte Gesellschaft gemeinsam aufzubauen. Zusammen mit Zeitzeug*innen, die aktiv an den Ereignissen beteiligt waren und heute im Exil, vor allem in Berlin, leben, versucht GEZİ – TEN YEARS AFTER anhand von Ausstellungen, Workshops, Performances, Filmvorführungen, Diskussionen und anderen Formaten diesem Vermächtnis für die Zukunft nachzuspüren.
So feiert im Rahmen des 6. Berliner Herbstsalons u.a. das Theaterstück Alles wird schön sein am 26. Mai 2023 seine Uraufführung. Darum geht es: Ein Mann bekommt eine tödliche Diagnose. Er wird sterben, noch bevor seine Tochter auf die Welt gekommen ist. Also versucht er für sie eine Tonkassette aufzunehmen und fragt sich, ob es überhaupt möglich ist, etwas über den eigenen Tod hinaus zu bewahren. Was bleibt von ihm? Enttäuschungen? Sünden? Verletzungen? Ideale? Die Erinnerungen an das Geräusch der Wellen am Schwarzen Meer, die Zombie-Filme der 80er Jahre, ausgeliehen in einer West-Berliner Videothek, die Stimmung in einem Land nach einem Militärputsch? Wie soll einer von sich erzählen, der die dunklen Seiten seiner Vergangenheit einfach nur vergessen will, so wie das Land in dem er aufgewachsen ist, die Türkei. Ihm fehlen die Worte, also versucht er mit Liedern, die ihn bewegten, sein brüchiges Leben zu rekonstruieren.
GEZİ – TEN YEARS AFTER
Curated by Shermin Langhoff Co-Curator Erden Kosova Assistant Curator Nele Lindemann Scenography Pia Grüter Curatorial Advisory Board Zehra Doğan, Can Dündar, Aslı Erdoğan, Peter Steudtner, Deniz Yücel
Curators of Spaces and Projects Serkan Altuniğne, Ezgi Asar, Zehra Doğan, Yeşim Duman, Şirin Fulya Erensoy, Anthony Hüseyin, Nil Mutluer, Alp Tekin Ocak, Murat Özbank, Necati Sönmez, Peter Steudtner
Dramaturgs and Consultants of Spaces and Projects Ivo Dreger, Yunus Ersoy, Oliver Frljić, Valerie Göhring, Johannes Kirsten, Holger Kuhla, Simon Meienreis, Çiğdem Özdemir, Clara Probst, Theresa Welge
WANN?
Donnerstag, 25. Mai – Montag, 26. Juni 2023
WO?
Maxim Gorki Theater Berlin
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin-Mitte