Das Bonnefantenmuseum präsentiert Melati Suryodarmo (1969, Surakarta, Indonesien) als 11. Gewinnerin des Bonnefanten Award for Contemporary Art (BACA). Am 12. Juni findet die Eröffnung von I am a Ghost in My Own House, Suryodarmos erster großer Einzelausstellung in Europa und den Niederlanden, statt. Sie ist eine vielseitige Künstlerin, aber vor allem für ihre eindringlichen Performances bekannt. Sie überträgt in ihrem Werk scharfe soziopolitische Themen in eine poetische, körperliche Bildersprache. Die Verleihung des BACA an Melati Suryodarmo ist für das Bonnefantenmuseum ein willkommener Anlass, sie dem niederländischen Publikum vorzustellen und einer der Pionierinnen der Performancekunst eine Ehre zu erweisen. Am Tag der Eröffnung stehen zwei Performances auf dem Programm, und zwar die vierstündige Performance Transaction of Hollows und parallel dazu die Performance Sweet Dreams Sweet. In der darauffolgenden Woche führt Suryodarmo dann selbst die Performance I am a Ghost in My Own House auf.
Abb. oben: Melati Suryodarmo, I’M A GHOST IN MY OWN, HOUSE, 2012, Photo Courtesy of the artist, Foto: Riki Zoelkarnain
Der Titel der Ausstellung I am a Ghost in My Own House stammt von Suryodarmos gleichnamiger zwölfstündiger Performance. Im Verlauf dieser Performance zerkleinert sie zwölf Stunden lang mit einem Mörser aus Stein Holzkohle bis zur eigenen Erschöpfung und erschöpft dabei auch das Energiepotenzial der Holzkohle. Suryodarmo sieht die Holzkohle als Symbol für einen Lebenszyklus, an dessen Ende zwangsläufig der Tod steht.
„Für Suryodarmo symbolisiert die Zerkleinerung der Holzkohle ihre Müdigkeit und physische Erschöpfung, die mit ihrer Entwurzelung und ihrer Rückkehr nach Indonesien im Anschluss an einen mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland einhergeht. Das war auch die Inspiration für den Titel I am a Ghost in My Own House.“
PHILIPPE PIROTTE, GASTKURATOR
Die Werke in der Ausstellung präsentieren ihre Vielseitigkeit als Künstlerin, denn außer Performances umfasst die Ausstellung auch Videoinstallationen, Fotografien und Zeichnungen. Ihre langen Performances dienen Suryodarmo auch als Inspiration für ihre anderen Werke, bei denen ihr Körper und der Umgang mit bzw. die Gestaltung der Zeit im Vordergrund stehen.
Sie betrachtet ihren Körper als Archiv und Landschaft, ihre Verbindung zur Welt. Ihr Körper ist ihr vertrauter Zufluchtsort, der eine größere Konstante darstellt als ein beliebiger physischer Raum. Zeit und das Erleben der Zeit spielen eine zentrale Rolle in ihrem Werk, da diese die Performerin, das Publikum und den Raum in etwas anderes verwandeln. Durch die Dauer, die Trägheit, die Beobachtung, die Introspektion sowie die interaktiven Aspekte ihrer Kunst versucht sie, die kurze Aufmerksamkeitsspanne unseres individuellen, passiven Konsumverhaltens zu erweitern.
Melati Suryodarmo studierte an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig in Deutschland. Durch eine zufällige Begegnung kam sie in Kontakt mit der berühmten Künstlerin Anzu Furukawa und studierte „Butoh“ (eine Form japanischen Theaters, in der verschiedene Disziplinen und Techniken wie Tanz, Performance und Bewegung vorkommen), um anschließend Unterricht in Performancekunst bei der renommierten Künstlerin Marina Abramović zu nehmen. Melati Suryodarmos Performances passen zu ihren eigenen Ideen und ihrem kulturellen Hintergrund und handeln von der Beziehung zwischen dem menschlichen Körper, den maßgeblichen kulturellen Traditionen bezüglich des Körpers und dem Kontext, in dem er lebt. Sie konzentriert sich auf Konzepte wie Heimat, Spiritualität, Familie und persönliche Geschichte und verknüpft sie mit soziopolitischen, aktivistischen und vor allem feministischen Ideen. Teilweise bedingt durch politische Diskriminierung und Genderdiskriminierung wurde ihr Werk lange übersehen. Suryodarmo ist aufgrund ihres unermüdlichen Strebens, Verbindungen zwischen der Kunst, Künstlern und der Gesellschaft zu schaffen, eine Schlüsselfigur in der indonesischen Kulturszene geworden. Obwohl ihr Name inzwischen gut etabliert ist und in Südostasien und auch darüber hinaus weithin Anerkennung genießt, wurde ihr Werk erstaunlicherweise nicht mit zahlreichen internationalen Preisen oder Einzelausstellungen ausgezeichnet.
In Abstimmung mit der Laureatin Melati Suryodarmo wurde Philippe Pirotte (1972, Belgien) zum Gastkurator der Ausstellung im Bonnefantenmuseum ernannt. Pirotte ist Kunsthistorikerin, Kuratorin, Kritikerin und Dekanin der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Städelschule und von Portikus, einem führenden Zentrum für zeitgenössische Kunst in Deutschland und auf internationaler Ebene.
Ergänzend zu I am a Ghost in my Own House erscheint eine ausführliche Monografie. Diese Veröffentlichung enthält Bilder aus Suryodarmos Oeuvre sowie Essays von Autor:innen wie Michelle Antoinette, Philippe Pirotte, Hendro Wiyanto und Catherine Wood.
Der BACA (Bonnefanten Award for Contemporary Art) ist der bedeutendste niederländische internationale Preis für Künstler: innen aus anderen geokulturellen Regionen und wird 2022 zum 11. Mal verliehen. Die Orientierung hinsichtlich überraschender, unterrepräsentierter Kunstformen, die die geografischen bzw. kulturellen Grenzen des vorherrschenden westlichen Kanons überschreiten bzw. außerhalb liegen, passen zum Profil des Bonnefantenmuseums. Das Museum arbeitet daher bewusst und aktiv mit Künstler*innen und Kuratoren*innen zusammen, die die Vielfalt des Programms und der Kollektionen des Museums verstärken und unterstreichen.
WO?
Bonnefantenmuseum
Avenue Ceramique 250
6221 KX Maastricht-Niederlande
WANN?
Eröffnung: Sonntag, 12. Juni 15:00 Uhr
Ausstellungsdauer: Sonntag, 12. Juni – Sonntag, 30. Oktober 2022
Öffnungszeiten: Di – So, 11:00 – 17:00 pm
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