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Dienstag, Dezember 10, 2024

Nachholtermin im Culterim: Nora Tormann – physical prospects | 07.10.-09.10.2022

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Alles zerfällt. Alles ist porös — da ist etwas dazwischen — zwischen dem Nichts. Was das ist — dem geht Nora Tormann mit physical prospects auf die Spur. Die Performance, die erstmals in der Zeit vom 07. bis 09. Oktober im Culterim, dem ehemaligen Luftschutzbunker in Charlottenburg, vor einem Live-Publikum gezeigt wird, beschäftigt sich mit der Erfahrung des Zerbrechens — des Zerbröselns.

Abb. oben: courtesy of Nora Tormann

Die Klimakrise, der bohrende Kapitalismus und das nach wie vor herrschende Patriarchat im Rücken — all diese unterschwellige und doch offensichtliche Gewalt und  Zerstörung, hinterlässt Spuren am individuellen Körper und an dem unserer Umwelt — die Warnung ist bedrohlich nah.  Mit queeren Perspektiven auf Trauer und Wut geht physical prospects von der eigenen Verletzlichkeit aus und sucht darin nach Möglichkeiten, sich dieser Gewalt zu widersetzen.  Wie kann so eine Widerständigkeit aussehen, wie fühlt sie sich an und wie materialisiert sie sich?

Nora Tormann setzt den Körper in Interaktion mit konzeptionellen Bühnenbildern. Bei physical prospects sind es Betonskulpturen und dutzende Kilos Moos — und als weiteres Element wird eine Klangblase erzeugt, die die Zuschauer:innen in einen akustischen Zwischenraum versetzt und in die poröse Landschaft integriert.

Geprägt von einem langen Aufenthalt auf Island, wo Nora auch Helena Rauch (Bühnenbild), Zofia Tomczyk (Sounddesign) und Elsa Mencagli (Künstlerische Assistenz) kennenlernte, sammelten sich die Erfahrungen um unendliche, karge Landschaften und einer weit-ruhenden Stille. Im Gegensatz dazu: die unberechenbare Zerstörungswucht der Klimakrise.

Die gemeinsame Erfahrung setzt den ästhetischen und akustischen Rahmen für physical prospects – der sich nun im ehemaligen Luftschutzbunker am Kaiserdamm 102 neu entfalten und vertiefen wird. Dabei bringt die Solo-Choreographie nicht nur den Körper in Bewegung, sondern auch die Materialien, sodass zuweilen die ganze Landschaft um diesen herum zerbricht. Mal löst sich die Nora Tormann hinaus – mal passt sich der Körper dynamisch der Bewegung der Umgebung an. Dabei wird ein Dialog und das Spannungsfeld zwischen den Elementen der Performance spürbar: „Mich fasziniert wie Porosität die Fragilität von Materialien, und die äußeren Einflüsse, die auf diese einwirken, sichtbar macht und gleichzeitig das Potenzial der Wandelbarkeit und damit Unberechenbarkeit birgt. Ich sehe darin auch eine Metapher zu der queeren Perspektive, in den Leerstellen einer brüchigen Normativität, Raum für experimentelle Gegenentwürfe zu finden – Wege hin zu möglichen Utopien.“, so Nora Tormann.

physical prospects ist ein sehr nachdenkliches Stück, vielleicht gar eines, das ohne Worte, sondern mit dem Körper und dessen Empfindungen denkt.

Choreographie & Performance & Kostüm: Nora Tormann // Bühnenbild: Helena Rauch // Sounddesign: Zofía Tomczyk // Lichtdesign: Raquel Rosildete // Choreographsiche Assistenz: Soroa Lear //  Künstlerische Assistenz: Elsa Mencagli //  Produktionsleitung: Chris Wohlrab // Pressearbeit: Anita Goß // Öffentlichkeitsarbeit: Aurora Kellermann // Videodokumentation: Svenja Simone Schulte // Grafik: Ksenia Apresian // Tontechnik: Antto Logy // Fotos: Oliver Look

DEEDS NEWS - Nachholtermin - Nora Tormann
courtesy of Nora Tormann

Nora Tormann arbeitet mit Performance, Choreographie und Text. Schwerpunkt Noras choreographischer Arbeit ist die Untersuchung von Körpern als Schauplätze politischer und philosophischer Abhandlungen: Wie formen sich ideologische Regime und Körper gegenseitig? Noras Praxis bewegt sich dabei an der Schnittstelle künstlerischer und theoretischer Forschung und stellt die Paradigmen in Frage, die die jeweiligen Wissensbereiche ausmachen.
Nora’s neuste Arbeit TURN – Kartographie einer Bewegung premierte als choreographischer Audiowalk im April 2022 in der Hasenheide. Zuvor entstanden physical prospects (ACUD Theater Berlin, 2021) und das Solo what remains washes away (Celestial Bodies Performing Arts Festival Reykjavík, 2019).

Als Tanz-Dramaturg:in arbeitete Nora seit 2019 u.a. mit dem Tanz-Kollektiv „Grupo Oito“, der Performance-Kompanie für junges Publikum „in back“ und Solo-Künstler:innen zusammen. Nora ist Co-Gründer:in von CELESTIAL BODIES, einer europaweiten Plattform für Künstler:innen.

Nora hat einen Master in Darstellender Kunst (2019 in Reykjavík) und einen Bachelor mit Schwerpunkt auf politische Theorie, Gender Studies und Soziologie (2016 in Maastricht und Guadalajara) abgeschlossen. 2021 erhielt Nora Stipendien durch den Fonds Darstellende Künste sowie den Dachverband Tanz Deutschland und wird zudem seit 2022 durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa mit einem Kulturaustausch-Stipendium gefördert. 2022 wird Nora überdies in Residenz am tanzhaus nrw arbeiten. 

Über das Tatwerk

Das TATWERK versteht sich als ein Labor zur Erforschung ästhetischer Potenziale und bildet eine diverse Gemeinschaft als Inkubator neuer Ideen, Perspektiven und Praktiken.
Der Fokus liegt auf politischen und poetischen Projekten, visionären Konzepten, die gesellschaftliche Dynamiken spiegeln und hinterfragen und anhand ihrer Fragestellungen neue Arbeitsweisen und Formate in die Szene einbringen.
Im TATWERK treten Künstler:innen in unterschiedlichen Formaten auf: es finden dort Premieren und Gastspiele, aber auch analoge und digitale Werkschauen und Work-in-Progress statt. So begrüßen wir bei unseren Events ein diverses Publikum, das auf Entdeckungsreise in die Tiefen der zeitgenössischen darstellenden Künste gehen will.
Seit dem Frühlings 2022 legt das TATWERK außerdem den Fokus des Programms auf den öffentlichen Raum und auf nicht theatrale Orte und erkundet, zusammen mit den Künstler:innen, die Wirkungsmöglichkeiten der darstellenden Künste über die eigene Räumlichkeiten hinaus.

WO?

Culterim –  Ehemaliger Luftschutzbunker Charlottenburg, Kaiserdamm 102, 14057 Berlin-Charlottenburg

WANN?

Freitag 7. Oktober bis Sonntag 9. Oktober 2022

KOSTEN?

15 EUR / ermäßigt 10 EUR (zzgl. VVK-Gebühr)

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