Die Ausstellung “Salud – Picasso Speaking. ‚Guernica’ und der Krieg in den Städten” greift Spuren und Stränge der mit Picasso verbundenen (Kunst-)Geschichten wieder auf und stellt sie in Bezug zu aktuellen Konflikten. Die Ausstellung wird gezeigt in der station urbaner kulturen, Veranstalter ist die nGbK – neue Gesellschaft für bildende Kunst.
Abb. oben: Ausstellungsplakat Kunat und Pofitik am Beispiel Guernica, 1975 © Succession Picasso, VG Bild-Kunst Bonn, 2022 und nGbk.
In Europa herrschte ein internationaler Krieg und der spanisch-französische Künstler Pablo Ruiz Picasso reagierte mit dem Monumentalgemälde Guernica. Die berühmte Friedenstaube, welche Brecht 1953 ungefragt als Vorhangmotiv des Berliner Ensembles nutzte, folgte später. Jenseits der Friedenstauben war der „Formalist“ Picasso den DDR-Behörden jedoch suspekt. Der Theatervorhang blieb bis 1993 im Einsatz und wurde zuletzt noch einmal aus Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine hervorgezogen.
An einige dieser Geschichten erinnerte erst kürzlich die außergewöhnliche Ausstellung Der geteilte Picasso im Museum Ludwig. Die Kölner Präsentation bezog dabei auch die Wanderschau von 1975 der NGBK (seit 2012 nGbK) Kunst und Politik am Beispiel Guernica. Picasso und der Spanische Bürgerkrieg mit ein: Diese reiste danach durch zahlreiche westdeutsche Schulen, Kulturzentren und sogar bis zur Biennale in Venedig. Und schlug sich in einem WDR-Fernsehbericht nieder, wo Jugendliche einer Gesamtschule von friedvolleren Zeiten träumten. Die „didaktische Ausstellung“ rannte gegen die Verbrechen der Wehrmacht an und zerlegte analytisch das panoramische Bild Guernica in aussagekräftige Einzelteile. Die Verbindung der Westberliner Linken zur DDR ging dabei über den räumlichen Bezug der NGBK an der Kreuzberger Grenze zu Ostberlin hinaus.
Der Titel der aktuellen Ausstellung Salud – Picasso Speaking zitiert den Künstler, als er im Dezember 1937 in seiner symbolischen Funktion als Direktor des Prado-Museums zum Telefon griff, um den Zweiten Amerikanischen Künstlerkongress (AAC) in New York mitten im Spanischen Bürgerkrieg zur Solidarität mit dem internationalen Widerstand gegen Franco, Hitler und Mussolini aufzufordern. 1939 gelang es dem AAC, Guernica nach New York zu bringen, um Geld zur Unterstützung der spanischen Flüchtlinge zu sammeln. Nach weiteren Reisen landete das Gemälde im MoMA, bis es 1981 zurück in ein demokratisches Spanien überführt wurde.
Der vor dem Franco-Faschismus exilierte und lange in Frankreich recht- und staatenlose Künstler trat 1944 in die Kommunistische Partei ein. Picasso hielt Verbindungen zur illegalen spanischen KP und spendete viel Geld für die Genoss_innen. Während er sich selten aus seinen Ateliers entfernte, war er doch bei den Friedenskongressen in Rom, Moskau oder Sheffield stets dabei. In die Nachfolgestaaten des Deutschen Reichs reiste der „geteilte Picasso“ jedoch nie.
Salud – Picasso Speaking. ‚Guernica’ und der Krieg in den Städten versammelt Materialien und Geschichten in einer Ausstellung über eine Ausstellung über Ausstellungen. Der in Berlin lebende israelisch-deutsche Künstler Eran Schaerf wird mit der Kuratorin Julia Friedrich (Museum Ludwig Köln, jetzt Jüdisches Museum Berlin) an ihr Picasso-Projekt in Köln erinnern. Picassos einzigartiger wie ambivalenter Rolle als Global-Künstler, dem eine posthume Verwertungsindustrie angeschlossen ist, widmen sich der in Berlin lebende russische Künstler Mikhail Lylov und die ukrainische Künstlerin Dana Kavelina gemeinsam mit David Riff und Guglielmo Piva in einer Soundarbeit.
Künstlerische Beiträge: Mikhail Lylov und Dana Kavelina mit David Riff und Guglielmo Piva, Eran Schaerf
Ausstellungsdesign: Madeleine Stöber
WANN?
Donnerstag, 15. September 2022 bis Samstag, 14. Januar 2023
WO?
station urbaner kulturen
Auerbacher Ring 41
12619 Berlin
KOSTET?
Freier Eintritt