Das Ausstellungsprojekt EARTH, t. b. a. erforscht während des Berlin Gallery Weekends 2021 Szenarien des postapokalyptischen Lebens. Vom 24. April bis 30. Mai 2021 findet “EARTH, t.b.a.” physisch und digital im Haus am Lützowplatz (Studio Galerie) statt. Das Projekt präsentiert eine Reihe von Szenarien des zukünftigen Lebens auf der Erde, die zwischen Imagination und Dokumentation oszillieren. Die ausgewählten Arbeiten, bei denen es sich überwiegend um ortsspezifische Installationen handelt, sind imaginäre Untersuchungen postapokalyptischer ländlicher und urbaner Landschaften als Folge menschlicher Einflüsse auf Natur und Architektur. Die im Titel ironisch verwendete Abkürzung ‘t. b. a’, (to be announced) die für etwas noch nicht Sicheres, “anzukündigendes” steht, verweist auf die Dringlichkeit des Umweltschutzes.
Die Ausstellung ist als Teil der von der Kuratorin Vanessa Souli konzipierten Ausstellungsreihe Anthropocene zu verstehen, die sich mit der umfassenderen Beziehung des Menschen zu seiner unmittelbaren, aber auch globalen, natürlichen und sozialen Umwelt beschäftigt. Der zunächst inoffiziell, doch nun zunehmend global genutzte Begriff Anthropozän, wird verwendet, um unsere aktuelle Periode der Erdgeschichte zu beschreiben, in der menschliche Handlungen einen sichtbaren Einfluss auf die Regulierung des Klimas und das Gleichgewicht der Ökosysteme haben. Konkret geht es in der Ausstellung darum eine Auseinandersetzung mit folgenden globalen Themen zu erzeugen:
• Umweltkatastrophen und ihre Auswirkungen auf Gemeinschaften (Klimawandel)
• Zivilisationsmüll der High-Tech-Gesellschaften (E-waste)
• Kulturelle Identität und Erinnerung in einer globalisierten Welt (Globalisierung)
Als Hauptforschungsschwerpunkte der jeweiligen Künstlerinnen, eröffnen diese Fragestellungen den Dialog durch verschiedene Interpretationen des Motivs der Landschaft. Genauer betrachtet, werden fünf Künstler raumspezifische Installationen für die Ausstellung schaffen, die exklusiv für die Ausstellung angefertigt werden (mit Ausnahme der Videoarbeit von Shingo Yoshida):
TEILNEHMENDE KÜNSTLER:INNEN
Nadine Baldow (Installation / Skulptur), Hendrik Czakainski (Installation / Skulptur), Kai Löffelbein (Installation / Fotografie), Jazoo Yang (Installation / Skulptur), Shingo Yoshida (Video / Fotografie) & VR FILM by Edward Burtynsky
Nadine Baldow (1990 in Dresden, lebt und arbeitet in Berlin) beschäftigt sich in ihren Arbeiten vor allem mit dem komplexen Verhältnis von “Kultur” und “Natur” und deren ständiger gegenseitiger Beeinflussung. Im Bestreben, diese Fragen zu beantworten, schafft sie imposante Installationen, die ernsthafte Fragen nach der Zukunft der Spezies und der Menschheit stellen. Für diese Ausstellung wird sie eine immersive Zellstruktur schaffen, die die Wände um sich herum zu verschlingen scheint.
Die Arbeiten von Hendrik Czakainski (*1979 in Aurich, lebt und arbeitet in Berlin) sind skulpturale und reliefartige Darstellungen von urbanen Siedlungen und jenseitigen Industriestandorten, die von menschlicher und natürlicher Zerstörung geprägt sind. Czakainskis Arbeiten sind oft mit Eindrücken von eigenen Reisen (vor allem nach Südostasien) verschmolzen und übersetzen die oft negativen Auswüchse unserer globalisierten und zunehmend urbanisierten Welt. Seine Werke sind massive skulpturale Wandarbeiten, die mit extremen Details und einer einzigartigen künstlerischen Sprache geschaffen werden. Auf diese Weise evozieren Czakainskis Arbeiten eine Ästhetik, die sich auf einem schmalen Grat zwischen Verwüstung und Wiedergeburt bewegt.
Kai Löffelbein (1981 in Siegen, lebt und arbeitet in Hannover) hat in Langzeitprojekten in Südamerika, Asien, Afrika und Osteuropa gearbeitet, in denen er die Auswirkungen gesellschaftspolitischer und wirtschaftlicher Handlungen auf die Bevölkerung und die Umwelt untersucht. In dieser Ausstellung konzentriert sich Löffelbeins Arbeit auf eine Installation, die die Auswirkungen des Übermaßes an Elektroschrott westlicher ‘zivilisierter’ Länder auf ärmere, ‘entwickelnde’ Nationen aufzeigt.
Jazoo Yang (1979 in Südkorea, lebt und arbeitet in Berlin) beschäftigt sich vor allem mit der Transformation ganzer Stadtteile durch Gentrifizierung. Indem sie Reste von Gebäuden, Häusern und Orten von kultureller Bedeutung sammelt, interpretiert sie das kulturelle Gedächtnis und die Identität neu. Dieser Schutt besteht aus den verlorenen Fragmenten des städtischen Lebens – Putzstücke von den Außenwänden eines Gebäudes, Tapetenfetzen aus einem Innenraum, Reste von antiken Fliesen. Indem diese Fundstücke in Skulpturen verwandelt werden, wird die Erinnerung als künstlerische Erzählung bewahrt und damit ein Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes geleistet.
Shingo Yoshida (1974 in Tokio, lebt und arbeitet in Frankreich und Deutschland) ist ein japanischer interdisziplinärer bildender Künstler mit Schwerpunkt auf Video und Installation. Seit dem Beginn seiner Karriere reist Yoshida für seine Projekte um die ganze Welt. Sein Interesse liegt in der Untersuchung von ‘Mikro-Gemeinschaften’, um die Regeln zu verstehen, wie die globale Gesellschaft funktioniert. Dabei entdeckt er, wie bescheiden unsere Existenz im Vergleich zur Ewigkeit der Natur ist. Für diese Ausstellung präsentiert er eine windbetriebene Videoinstallation, die ein verlassenes Gebiet in der chilenischen Stadtlandschaft zeigt.
Bei der VR-Experience von Edward Burtynsky sind die Besucherinnen eingeladen, die Welt des Anthropozäns mit den Augen des Fotografen und Anthropozän-Experten Edward Burtynsky zu erkunden. Zwei Filme, ‚DANDORA‘ (6min, 7sec) und ‚IVORY BURN‘ (6 min, 36sec), werden abwechselnd in den VR-Brillen präsentiert. Das Anthropozän-Projekt ist ein multidisziplinäres Werk, das Dokumentarfilm, Kunstfotografie, Film, Virtual Reality, Augmented Reality und wissenschaftliche Forschung kombiniert, um den menschlichen Einfluss auf den Zustand, die Dynamik und die Zukunft der Erde zu untersuchen. Die Kuratorin ist anwesend, um inhaltliche Fragen zu beantworten.
ANTHROPOCENE: IVORY BURN
Am 31. April 2016 fand im Nairobi National Park die größte Elfenbeinverbrennung der Geschichte statt. Elf Scheiterhaufen mit 105 Tonnen beschnittenen Elefantenstoßzähnen und 1,35 Tonnen Nashorn-Horn wurden angezündet, um ein klares Zeichen gegen den Elfenbeinhandel zu setzen. Der Straßenwert der Scheiterhaufen wurde auf 105 bis 150 Millionen Dollar geschätzt – das entspricht zwischen 6.000 und 7.000 Elefanten. Das Team des Anthropocene Project war vor Ort, um diese zutiefst symbolische und viszerale Botschaft an die Syndikate der Wilderei und des illegalen Handels einzufangen und um Zeuge des Verlusts von tierischem Leben und der Vielfalt, die es verkörperte, zu werden.
ANTHROPOCENE: DANDORA
Das Dandora Landfill ist das größte seiner Art in Kenia. Sie nimmt industrielle, landwirtschaftliche, gewerbliche und medizinische Abfälle auf, die sich auf etwa 2.000 Tonnen pro Tag belaufen. Es wird geschätzt, dass mehr als eine Million Menschen in der Nähe des Landfills leben. Die Bewohner arbeiten informell, sortieren den Schrott von Hand und verkaufen ihn an Recyclinganlagen vor Ort. Die Plastikhügel und -schluchten von Dandora stellen nicht nur eine ganz und gar menschliche Landschaft dar, sondern auch eine entstehende Mikroökonomie. Prolific und leicht zu beschaffen, ist Kunststoffabfall zu einer eigenen Ressource geworden, die abgebaut und als Ausgangsmaterial verkauft werden kann. Aber so viel davon kann nicht wiederverwendet werden und wird auf dem Land verbleiben, in unsere Wasserwege und Ozeane gelangen und schließlich eine bedeutende Sedimentschicht in den Schichten des Planeten bilden und das Anthropozän in der geologischen Zeit markieren.
VERANSTALTUNGEN
In Übereinstimmung mit den Covid-19 Bestimmungen werden alle Veranstaltungen online stattfinden. Künstlergespräche und Kuratorenführungen sind geplant. Ein VR-Erlebnis mit Edward Burtynskys Filmen ist geplant, falls die Covid-19-Bestimmungen physische Besuche erlauben. Bitte besuchen Sie die Website für aktuelle Informationen.
GALERIEBESUCH
Es darf jeweils nur eine Person den Raum betreten. Für Informationen zu den
Kunstwerken, Führungen und Termine wenden Sie sich bitte an info@vanessa-souli.com.
DER ORT
Das Haus am Lützowplatz (HaL) wird getragen von dem 1960 gegründeten Kunstverein „Haus am Lützowplatz – Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.“. Er wurde auf Initiative vom damaligen Berliner Bürgermeister Willy Brandt ins Leben gerufen, um die 1873 erbaute Stadtvilla am Lützowplatz als Kunststandort zu erhalten. Die Gründungsmitglieder waren allesamt Persönlichkeiten aus der Berliner SPD, der Berliner Kulturszene und den Gewerkschaften. Im Zentrum des in der Satzung des Vereins festgeschriebenen Förder-, Vermittlungs- und Bildungsauftrages steht die die Präsentation von zeitgenössischer bildender Kunst als Brückenschlag zur politischen und gesellschaftlichen Realität.
DIE INITIATORIN & KURATORIN
Vanessa Souli (*1992 Athen, lebt & arbeitet in Berlin) ist freie Kuratorin, Autorin und Künstlerberaterin. Seit 2017 kuratiert sie internationale Ausstellungen und schreibt für etablierte Magazine. Sie hat u.a. für das Barberini Museum, das Museum für zeitgenössische Kunst in Thessaloniki und das Athens Digital Arts Festival gearbeitet. Zu ihren aktuellen kuratorischen Interessen gehören das Zeitalter des “Anthropozän” und der Einfluss des Menschen auf
die Erde.
EARTH, t.b.a.
VERNISSAGE: 23. April, 2021 19:00 Uhr (per @hausamluetzowplatz)
FINISSAGE: 30. Mai, 2021 (mit der Möglichkeit auf Verlängerung)
WO? Haus am Lützowplatz, Studio Galerie, Lützowplatz 9, 10785 Berlin
(U1, U2, U3, U4 Nollendorfplatz, Bus M29, 100, 106, 187, N26 Lützowplatz)
WANN? Di-So, 11:00 -18:00 Uhr, Anmeldung hier
BEGLEITPROGRAMM
Kuratorenführung
15.05.2021, 16 Uhr – Anmelden
28.05.2021, 19 Uhr – Anmelden
Discussion Panels
30.04.2021, 18 Uhr – Anmelden
„Landschaft als Methode: ein Mittel zum Umweltbewusstsein“
mit Hendrik Czakainski und Kai Löffelbein
21.05.2021, 18 Uhr – Anmelden
„Landscape as Confrontation: Existential & Cultural Aspects in a Globalised
World“
mit Nadine Baldow, Jazoo Yang & Shingo Yoshida
VR Experience
30.04.2021, 16 – 17.30 Uhr – Anmelden per mail an info@vanessa-souli.com
21.05.2021, 16 – 17.30 Uhr– Anmelden per mail an info@vanessa-souli.com
@hausamluetzowplatz & @vanessa_souli
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