100 Galerien aus 20 Ländern, 20 Modedesigner:innen, 25 Nachwuchskünstler:innen plus viele weitere Positionen in den Sonderausstellungen und drei Awards, das alles steht auf dem Programm der zehnten POSITIONS Berlin Art Fair. Neben Geburtstagstorten dürfen sich Besucher:innen auf ein abwechslungsreiches internationales Jubiläumsprogramm freuen. Dieses Jahr mischen insgesamt auffällig viele junge Positionen den Kunstmarktplatz POSITIONS Berlin Art Fair auf. Themen wie soziale Ungerechtigkeit, Feminismus, Krieg und Naturkatastrophen dominieren die Kunstwerke, sie spiegeln die heutige Zeit und verschiedenste Lebensrealitäten wider. Daher taucht auch das Thema Digitalisierung immer wieder auf, in den Augmented Reality-Kunstwerken von Dennis Rudolph, der NFT-Sparte, aber auch in der Malerei, in beinahe maschinell wirkenden Pinselstrichen. Realitätsbewältigung ist in der Kunst omnipräsent.
Abb. oben: MAKSLA XO, Luciana Mariano, Home, acrylic on canvas, 60 x 90 cm, 2023, Courtesy of the artist and the gallery
Weitere Highlights
Luciana Marianos Werke scheinen Einblicke in Puppenstuben zu gewähren. Im Zentrum des Raumes immer ein gedeckter Tisch, zwei Stühle und dahinter ein Fenster, das einen Teil der Außenwelt für die Betrachter:innen der Szene ausschneidet. Die Wände gelb, rot oder blau gestrichen, herrscht farblich eine positive, gar verspielte Stimmung. Doch der erste Eindruck täuscht. Wie so häufig steckt der Teufel im Detail, liegt die Bedrohung im Verborgenen oder, wie es hier besser zutrifft, hinter der Fassade. Während der Tee noch in der Tasse dampft, liegt auf dem Teppich ein zerstückelter Frauenkörper auf dem Teppich, dessen Muster die Leiche kunstvoll umrahmt. Oder eine Flut lässt Pott und Pannen im Raum umherwabern. Missbrauch an Frauen, soziale Ungerechtigkeit und Rassismus sind Themen, auf die Luciana Mariano reagiert. Sie selbst sagte den schönen Satz: “Artists can’t fix the world… but we can paint it.” Die buchstäblich unheimlich bewegende Kunst der lateinamerikanischen Künstlerin ist zu sehen bei MĀKSLA XO aus Riga.
Ein geöffnetes Waffeleisen, in dem die Waffelherzen haften. Eines davon hält sich wacker an der oberen Fläche, ein losgelöstes Fünftel, ein Einzelkämpfer. Der 23-jährige Stuttgarter, Carlo Krone zoomt auf seinen Leinwänden an alltägliche Gegenstände heran. Das vermeintlich Banale entfaltet mit dieser Aufmerksamkeit ein ungeahntes Potenzial, sodass ein oben klebendes Waffelherz auf einmal für alle steht, die nicht „der Norm“ entsprechen (wollen). Fotorealistische Partien kombiniert der Künstler mit klar erkennbar grobem Pinselstrich. Kanten wirken teilweise grob angeschnitten, wie ein schlecht freigestelltes Objekt bei Photoshop und verleihen jedem Sujet einen digitalen-, collagenhaften Charakter. Es tut gut, über Alltagstrott und Hamsterrad zu lachen; ermöglicht wird dies in der Koje der Galerie Thomas Fuchs aus Stuttgart.
Die Portraits der Künstlerin Leezie Kiambi zeigen alle wichtigen Teile eines Gesichtes, alles, was es für die sinnliche Wahrnehmung braucht, ist da. Augen, Nase, Mund, Ohren und eine Fläche, auf der alles sitzt. Sehr reduziert in geometrischen Formen, beinahe collagenartig setzen sich die Gesichter zusammen, alles ruht – außer die Augen. Sie weinen, Tränen oder Blut, sie sind aufgerissen, staunen, erschrecken sich, haben Panik, sind müde, hängen herunter oder starren einfach verloren in die Leere. Emotionen und Reaktionen sind Leezie Kiambis Steckenpferd, sie möchte Gefühle malen und auslösen. Dies gelingt ihr auch aufgrund ihres Einsatzes starker Farben und Muster, die den überwiegend traurigen Augen immer spannungsreich entgegenstehen. Zu sehen in der Messekoje der East African Art Endeavor Gallery aus Stettin.
Das Krokodil schnappt nach einer Biene, die Giraffe kann der Schlange buchstäblich den Rücken runterrutschen. In allen Farben stickt Georg Haberler eine fantastische Tierwelt auf die Leinwand. Hier ist der Vogel zehnmal so groß wie der Löwe, der sich mit der Löwin abklatscht. Alles geregelt, alle ziemlich happy, wie es scheint. Nashorn und Dackel ahmen die Bremer Stadtmusikanten nach, was die Tiere halt so machen, wenn keiner guckt. Die Bilder von Georg Haberler sind pure Freude, in ihnen gibt es keine Regeln, Grenzen, keine Gravitation, alle springen, hängen und hüpfen so herum. Sie preisen die Absurdität, das Kind in uns allen, die Tiere und die Leichtigkeit, die uns hoffentlich nicht flöten geht. Zu sehen in der Koje der Weserhalle aus Berlin.
Vera Isler x POSITIONS
Texturen, Formen und Farben prägen Vera Islers Oeuvre, ihr Umgang mit diesen drei thematischen Säulen variierte jedoch über die Jahrzehnte.
In einer Sonderausstellung präsentieren wir in Zusammenarbeit mit dem Vera Isler Estate (Blaue Blume, Basel) ausgewählte Tapisserien und Collagen aus den 60er und 70er Jahren der in Berlin geborenen polnisch-schweizerischen Künstlerin Vera Isler (1931-2015).
Bernard Schultze x Artima POSITIONS
Als hätte die farbige Flüssigkeit die Leinwand geflutet, als würden sich die Farben in die Leinwand saugen und sich ungebremst und in Eigenregie durch das Textil ziehen, so wirken die farbintensiven abstrakten Werke des informellen Künstlers Bernard Schultze, selbst wenn er es war, der die Farben in ihre luftig leichten Bahnen gebracht hat. Ein akribischer Entstehungsprozess, der sich hinter einer Fassade des Zufalls verbirgt. Im Rahmen der Artima POSITIONS, der Sonderausstellung, in der besonders beachtenswerte, rare Positionen eine Plattform bekommen, wird dieses Jahr Schultzes noch verfügbares Triptychon “Tanz der Luftgeister” gezeigt.
WO?
Flughafen Tempelhof
Hangar 5 – 6
12101 Berlin
WANN?
Eröffnung:
Donnerstag, 14.09.2023 , 18 – 21 Uhr
Öffnungszeiten:
Freitag, 15.09.2023, 12 – 14 Uhr (VIP Hours)
14 – 20 Uhr (Reguläre Öffnungszeiten)
Samstag, 16.09.2023, 11 – 19 Uhr
Sonntag, 17.09.2023, 11 – 18 Uhr
KOSTET?
Regulär: 20 Euro
Ermäßigt: 10 Euro (Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt)