Ilna Ewers-Wunderwald (1875–1957) war im Jugendstil eine wahre Ikone. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Mythen liebende Künstlerin von der Kunstkritik gefeiert, geriet dann aber für mehr als 100 Jahre in Vergessenheit. Literaturkennern ist sie heute noch als Ehefrau des skandalumwitterten Schriftstellers Hanns Heinz Ewers (1871–1943) bekannt, dessen Bücher sie illustrierte. Vom 28. Februar bis zum 23. Juni 2019 wurde im Berliner Bröhan-Museum eine Ausstellung der vielschichtigen Künstlerin gezeigt.
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Abb. oben: Ilna Ewers-Wunderwald auf Capri, um 1903, Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf
Die bildende Künstlerin, Modeschöpferin, Kabarettistin und Übersetzerin Ilna Ewers-Wunderwald hat so vielschichtig und intensiv gewirkt, dass es verblüffend ist, wie sie fast vollkommen in Vergessenheit geraten konnte. Sie hat sich auf abenteuerlichen Weltreisen nach Südamerika, Südostasien und vor allem Indien für ihre Werke inspirieren lassen. Öffentliche Bewunderung und Anerkennung erhielt die Künstlerin nicht nur für ihre Bilder, auch ihre Buchgestaltungen und Modeentwürfe erfreuten sich großer Beliebtheit – ebenso wie ihre Auftritte als Kabarettistin auf der Berliner Jugendstil-Bühne des „Überbrettl“.
Die Autodidaktin arbeitete insbesondere mit chinesischer Tinte und ist auf phantastische Weise ornamental, es entstanden Illustrationen zwischen Blüten und Tierwelten mit japonesquem Charakter. Die künstlerische Spezialität Wunderwalds war die Arbeit mit leuchtender Wasserfarbe in Verbindung mit Federzeichnung, sie zeigte sich dabei von Hokusai und Beardsley beeinflusst, entwickelte aber rasch die eigene Note eines phantastischen Jugendstils, die sie u.a. erfolgreich 1909 und 1910 in der Berliner Secession, 1911 und 1914 in der Großen Berliner Kunstausstellung oder 1912 in der Münchener Secession präsentierte.
Sie pflegte Beziehungen zu bedeutenden Galeristen wie Paul Cassirer und erlangte Aufmerksamkeit bei prominenten Künstlerkollegen wie Emil Orlik und Hermann Struck. Wunderwald schöpfte ihre Bildmotivik aus traumhaftem Spiel und exotischer Fantasie.
Die Sicherheit und Feinheit der Linienführung ist so bestechend, dass sie eine fast mikroskopische Naturbehandlung darstellt. Der Künstlerin, deren zartes Œuvre mit dem 1. Weltkrieg mehr und mehr in Vergessenheit gerät, wurde 2019 im Bröhan-Museum ein neuer Blick geschenkt. Die Presse wie art-Magazin, Weltkunst, Tagesspiegel, Südkurier, BZ oder Berliner Morgenpost feierte diese Wiederentdeckung enthusiastisch.
In der Ausstellung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Philosophen, Autor und Ewers-Kenner Dr. Sven Brömsel entstand, wurden sowohl Ewers-Wunderwalds Arbeiten mit leuchtenden Pastellfarben gezeigt als auch eine erst kürzlich entdeckte Serie von schwarz-weißen Federzeichnungen. Diese entstanden nach einer besonders prägenden Indienreise, die das Ehepaar 1910 antrat. Das dort erfahrene Nebeneinander von „Schönheit und Grauen“, wie es im Reisebericht der Künstlerin heißt, verarbeitete Ilna Ewers-Wunderwald in ihrer Kunst.
Zur Ausstellung erschien im Zagava Verlag „Alraune des Jugendstils – Ilna Ewers-Wunderwald“ mit einem biografischen Essay von Dr. Sven Brömsel.
EXHIBITION SPECIAL 360°