Das Vorderasiatische Museum und der Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart präsentieren erstmals ein gemeinsames Projekt mit dem britischen Künstlers Liam Gillick in den historischen Räumen des Pergamonmuseums. Von der ikonischen Prozessionsstraße und dem Ischtar-Tor Babylons bis zu den monumentalen Skulpturen von Tell Halaf lässt Gillick 6.000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte in einen Dialog treten und erzeugt so neue Bedeutungsebenen über alle historischen Perioden hinweg, die das Pergamonmuseum abbildet.
Abb. oben: Liam Gillick, Filtered Time Visualization, 2022 © Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul
Seit den 1990er-Jahren hat sich Liam Gillick kontinuierlich mit der Ausstellung als kritischem Medium auseinandergesetzt. Farbe ist dabei ein zentraler Aspekt seiner Arbeit. Im Pergamonmuseum hat er nun die Möglichkeit erhalten, sich frei und umfassend mit der Geschichte des Gebäudes und seiner Sammlungen auseinanderzusetzen. Seine Intervention mit dem Titel „Filtered Time“ beleuchtet mittels Licht- und Farbprojektionen sowie Klangbildern die historischen Epochen des Pergamonmuseums und seine verborgenen Geschichten.
In einer Zeit, in der sich Museen im gesellschaftlichen wie politischen Diskurs verstärkt mit historischem Unrecht auseinandersetzen, wirft diese gemeinsame Ausstellung auch Fragen auf, die sich auf die komplexe Geschichte beider Institutionen selbst beziehen: Welche Herausforderungen sieht sich das Vorderasiatische Museum als Hüter*in archäologischer Artefakte gegenüber? Und wie geht der Hamburger Bahnhof als Teil der Nationalgalerie mit dem Begriff der „Nation“ um? „Liam Gillick. Filtered Time“ schafft einen sensorischen Raum, der die Erkundung dieser wichtigen Fragen ermöglicht und unterschiedliche Perioden der künstlerischen Produktion gleichberechtigt präsentiert.
Kulturgeschichte als immersive Raumerfahrung
Gillicks künstlerischem Ansatz im Pergamonmuseum liegen insbesondere zwei jüngere wissenschaftliche Erkenntnissen zugrunde: die Verwendung von Farbe in der antiken Kunst und das sensorische Erlebnis von Klängen und Geräuschen, welche die Erfahrungswelt der Menschen in den ursprünglichen Kulturen und auch ihrer Erforscher*innen begleiteten. Die audiovisuellen Installationen Liam Gillicks schaffen eine immersive Atmosphäre, die die Räumlichkeiten und ihre Exponate auf historisch und kulturell spezifische Weise belebt. Dadurch bietet die Ausstellung Besucher*innen die Möglichkeit, das Museum und seine Sammlungen in Bezug auf Farbe und Zeit neu zu entdecken.
Der Künstler Liam Gillick
Liam Gillick wurde 1964 in Aylesbury, England geboren und studierte am Goldsmiths, University of London. Er lebt und arbeitet in New York. In seinen Arbeiten reflektiert er die Moderne in Bezug auf Abstraktion und Architektur und ihre Entwicklung im Laufe der Globalisierung. Gillicks Arbeiten wurden in zahlreichen wichtigen Ausstellungen gezeigt, darunter die Documenta X und die Biennalen von Venedig, Berlin und Istanbul. 2009 vertrat er Deutschland in Venedig. Museale Einzelausstellungen fanden im Museum of Contemporary Art in Chicago, im Museum of Modern Art in New York und in der Tate in London statt. Gillicks Werke befinden sich in vielen wichtigen öffentlichen Sammlungen, darunter dem Centre Pompidou in Paris, dem Guggenheim Museum in New York und Bilbao sowie dem Museum of Modern Art in New York. In den letzten 25 Jahren ist Gillick auch als Buchautor tätig.
Die Sammlung des Vorderasiatischen Museums im Pergamonmuseum
Das Vorderasiatische Museum öffnete seine Pforten erstmals 1930 im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel Berlin. Seine einzigartigen Sammlungen umfassen Objekte aus Uruk, Assur, Babylon und anderen Regionen, die aus einer Zeit von der Entstehung der frühen Staaten im 4. Jahrtausend v. Chr. bis zum Ende des Achämenidenreiches im 4. Jahrhundert v. Chr. stammen. Zu den Höhepunkten zählen die weltweit einzigartigen Rekonstruktionen monumentaler Architektur wie dem leuchtend blauen Ischtar-Tor Babylons. Liam Gillick setzt sich auch mit der Sammlungspräsentation auseinander, die konzeptionell auf Walter Andrae, den Gründungsdirektor des Pergamonmuseums, zurückgeht.
Kuratorisches Team
Die Ausstellung wirdkuratiert von Barbara Helwing, Direktorin des Vorderasiatischen Museums, und Sam Bardaouil und Till Fellrath, Direktoren des Hamburger Bahnhofs – Nationalgalerie der Gegenwart.
Katalog zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint ca. vier Wochen nach der Eröffnung ein vom Künstler gestalteter Katalog.
Die Ausstellung wird unterstützt vom Einstein Zentrum Chronoi in Berlin.
Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin
WO?
Pergamonmuseum
James-Simon-Galerie
Bodestraße, Museumsinsel
10178 Berlin
Hinweis: Der Zugang zum Pergamonmuseum erfolgt ausschließlich über die James-Simon-Galerie, Bodestraße.
WANN?
Eröffnung: Mittwoch, 5. April 2023 19-22 Uhr
Ausstellung: Donnerstag, 6. April – Sonntag, 15. October 2023