Kunsthalle Münster präsentiert ab Samstag, 4. Mai 2024 die Ausstellung forms of the surrounding futures der Künstler*innen Rodrigo Hernandez, Agnė Jokšė, Tarik Kiswanson, Esse McChesney, Rasmus Myrup, Ania Nowak, Luiz Roque und Ana Vaz. forms of the surrounding futures reagiert auf den gegenwärtigen Zustand der perma-nenten Krise, indem plurale Erzählungen jenseits einer normativen Dominanz für ein Morgen in den ausgestellten Werken und den Performances verkörpert und gefeiert werden. Dabei umgeht die Ausstellung vorherrschende Paradigmen, die den Status quo aufrechterhalten und mögliche Zukünfte vorwegnehmen, um unsere gegenwärtige Zeit als Moment der Transformation voller Potenzialität zu begreifen. Ein erweiterter Begriff von „queer“ bildet den Ausgangspunkt, um die vorherrschenden Paradigmen und Machtstrukturen in Frage zu stellen und die Konstruktion von Körpern, Räumen und Zeiten zu überdenken und neuzugestalten.
Abb. oben: Luiz Roque, S (Still), 2017. Courtesy the artist und Mendes Wood DM São Paulo, Brüssel, New York
Mit der Adaption der GIBCA 2023 (Göteborg International Biennial for Contemporary Art) greift die Kunsthalle Münster anhand der Werke von internationalen Künstler:innen wie Rodrigo Hernandez, Agnė Jokšė, Tarik Kiswanson, Esse McChesney, Rasmus Myrup, Ania Nowak, Luiz Roque, Ana Vaz Erzählungen auf, die die kollektive Fähigkeit nutzen, sich künftige Welten vorzustellen und zu proben: Träume, gemeinschaftsbildende Praktiken, Verletzlichkeit und Begehren dienen als Ansatzpunkte für die Neuerfindung des Potenzials wie der Grenzen von Körper und Sprache.
Das 20. und 21. Jahrhundert hindurch nahmen Feminist:innen, LGBTQ+ und rassifizierte Stimmen mit ihren Aktivitäten einen zentralen Platz im Kampf gegen die Strukturen der Ungleichheit ein und etablierten sich als Vorkämpfer:innen alternativer Szenarien. Veränderung ist regelmäßig das Resultat der Kämpfe von Unterdrückten. Sexualisierte und rassifizierte „Andere“ waren schon immer in größerem Maße kritischen Situationen ausgesetzt, was nichts anderes heißt, als dass sie an vorderster Front der gesellschaftlichen Kämpfe stehen. Die herrschenden Strukturen beseitigen zu wollen, schließt auch den intersektionalen Kampf für gleichberechtigte und nichtkonforme Formen des Lebens mit ein – einem Kampf, der auch für die voneinander abhängigen und miteinander verwobenen Systeme des Lebens auf dem Planeten geführt wird.
forms of the surrounding futures schmiedet eine Allianz der Anderen, spricht dabei gemeinsam geteilte dringliche Bedürfnisse an und hält plurale Narrative eines Morgens hoch. Das Projekt folgt der Position der Geografin Natalie Oswin: „queer“ stellt ihr zufolge eine Herausforderung der Norm dar, und zwar, indem queer „jenseits einer Macht und Kontrolle operiert, die Normativität durchsetzt“ und dabei ein „radikales (Neu-)Denken, (Neu-)Zeichnen, (Neu-)Konzeptualisieren, (Neu-)Vermessen“ beinhal-tet, „das imstande ist, Körper, Räume und Geografien (neu) zu machen“ (Natalie Oswin, Critical Geographies And The Uses Of Sexuality: Deconstructing Queer Space, 2008). In einem solchen erweiterten Verständnis wird queer als kollektive, emanzipative Position sichtbar, die rassifizierte, sexualisierte und naturalisierte Andere miteinschließt und sie in nicht-normativer Nähe zueinander platziert, sodass die konstruierte Natur der Gegenwart ebenso sichtbar wird wie das Entstehen multipler Zukünfte
Kurator*innen:
João Laia ist der künstlerische Leiter der Abteilung für zeitgenössische Kunst der Stadtverwaltung von Porto in Portugal. Von 2019 bis 2024 war er Chefkurator am Kiasma-Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst in Helsinki und Kurator der 12. Ausgabe der GIBCA-Gothenburg International Biennial for Contemporary Art, die 2023 in Göteborg, Schweden, stattfand. Gemeinsam mit Valentinas Klimašauskas kuratierte Laia die 14. Ausgabe der Baltischen Triennale mit dem Titel The Endless Frontier, die 2021 im CAC-Contemporary Art Centre in Vilnius stattfand. Laia und Klimašauskas arbeiten erneut zusammen, um das Künstlerduo Pakui Hardware im litauischen Nationalpavillon auf der 60. Biennale von Venedig im Jahr 2024 zu präsentieren. Frühere Projekte wurden in Institutionen wie Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Turin, La Casa Encendida, Madrid, MACBA-Museum für zeitgenössische Kunst, Barcelona, MAAT-Museum für Kunst, Architektur und Technologie, Lissabon, Moscow Young Art Biennial, MMOMA, Moskau, Whitechapel Gallery, London, und der Biennale für zeitgenössische Kunst Sesc_Videobrasil, São Paulo, präsentiert. Laia hat einen Hintergrund in Sozialwissenschaften, Filmtheorie und zeitgenössischer Kunst. Neben anderen Publikationen gab er 2022 Living Encounters (Kiasma/Mousse) und 2018 A Multiple Community (Sesc) heraus und veröffentlichte in Zeitschriften wie Art Monthly, Flash Art, frieze, Mousse, Spike und Terremoto. In ihrer Arbeit mit Ausstellungen, Filmvorführungen sowie Performance- und öffentlichen Programmen hat Laia regelmäßig mit künstlerischen Praktiken verschiedener Generationen, Medien und Geografien zusammengearbeitet, die traditionelle Formate erweitern, etablierte Geschichten in Frage stellen und mit alternativen Erzählungen experimentieren wollen.
Merle Radtke ist Kunsthistorikerin und arbeitet als Kuratorin und Autorin. Seit Juli 2018 ist sie Direktorin der Kunsthalle Münster. Zuvor war sie als Kuratorin u.a. für die Hamburger Kunsthalle, die Jürgen Becker Galerie und das Kunstmuseum Stuttgart tätig. Von 2015 bis 2017 war sie Mitglied des Graduiertenprogramms Ästhetik des Virtuellen an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK Hamburg), 2018 folgte ein Aufenthalt in der Villa Kamogawa / Goethe-Institut Kyoto, Japan. Sie publiziert regelmäßig Texte zu zeitgenössischer Kunst und Kultur. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind feministische Kunst, Geschichtsschreibung, Kunst und Öffentlichkeit, Praxis und Theorie des Internets, (post-)digitale Kunstpraxis und die Verbindung von Original, Replik und Simulation. Regelmäßig veröffentlicht sie Texte zu zeitgenössischer Kunst und Kultur. In der Kunsthalle Münster realisierte sie Ausstellungen und Projekte mit Mary Beth Edelson, Christiane Blattmann, Adrian Williams, Katia Kameli, Daniel Steegmann Mangrané, Mikołaj Sobczak, Pedro Barateiro und Dominique White. Außerdem ist sie für die Öffentliche Sammlung der Stadt Münster mit Werken von Künstlern wie Daniel Buren, Rebecca Horn, Maria Nordmann, Claes Oldenburg, Gerhard Richter, Oscar Tuazon und Silke Wagner verantwortlich. Seit 2020 leitet sie das an die Kunsthalle Münster angegliederte Residenzprogramm Residence NRW⁺, ein Programm für Nachwuchskünstler und Kuratoren.
WANN?
Eröffnung: Freitag, 03. Mai 2024
um 18:00 Uhr – Eröffnung in Anwesenheit der Künstler:innen
um 19:30 Uhr – Ania Nowak, To the Aching Parts (Manifesto)! (Performance)
Begleitprogramm:
Samstag, 04. Mai 2024, um 14:00 Uhr: Künstlergespräch mit Rodrigo Hernandez (DE), um 15:00 Uhr: Rasmus Myrup, The Völva’s Live Déjà Vu (Performance)
Sonntag, 23. Juni 2024, um 15:00 Uhr: Führung durch die Ausstellung mit Jolanda Saal
Donnerstag, 18. Juli 2024, um 18:00 Uhr: Führung durch die Ausstellung mit Jolanda Saal
Donnerstag, 04. August 2024, 15:00 Uhr: Direktorinnenführung durch die Ausstellung mit Merle Radtke, um 16:30 Uhr: Rasmus Myrup, The Völva’s Live Déjà Vu (Performance)
Ausstellungsdaten:
Samstag, 04. Mai bis Donnerstag, 04. August 2024
Öffnungszeiten:
Di – So, 12:00 bis 18:00 Uhr
WO?
Kunsthalle Münster
Hafenweg 28
48155 Münster