Vom 9. September bis 6. November 2022 zeigt LAS Ian Cheng – Life After BOB in der Halle am Berghain. Die Ausstellung imaginiert eine Zukunft, in der Mensch und KI miteinander verschmelzen. Im Zentrum steht eine von LAS mitbeauftragte 50-minütige Animation, die Cheng zu dieser Gelegenheit erstmals in ein installatives Format übersetzt. Damit schafft er eine greifbare Umgebung, in der die Welt und psychologischen Themen seiner neuesten Arbeit Life After BOB für Besucher:innen erfahrbar werden.
Abb. oben: Ian Cheng, Life After BOB: The Chalice Study, 2021, Live Animation, Farbe, Sound, 48 Min.
Life After BOB ist eine Anime-Serie, die im Zeitalter der „großen anomischen Krise“ spielt: eine zukünftige Welt, in der KI-Wesen den menschlichen Verstand mitbewohnen. In der ersten Folge The Chalice Study setzt der Neuro-Ingenieur Dr. Wong eine experimentelle KI namens BOB („Bag of Beliefs“) in das Nervensystem seiner Tochter Chalice ein. BOB, entworfen um Chalice durch die Herausforderungen des Heranwachsens in einer sich ständig verändernden Welt zu manövrieren, beginnt schnell alle Konflikte für die 10-jährige Chalice zu lösen. Das hat zur Folge, dass Dr. Wong die BOB-Seite seiner Tochter mehr und mehr bevorzugt, während sie selbst den Bezug zur Realität zunehmend verliert. Als BOB beginnt, Chalices Leben vermeintlich besser zu leben als sie selbst, fragt sie sich eifersüchtig, was ihr als Mensch noch übrig bleibt.
In der Unity Spiel-Engine entstanden, wird Life After BOB in der Halle am Berghain in Echtzeit präsentiert. Ein so detaillierter und komplexer Film, der live aus einer Spiel-Engine gestreamt wird, ist bisher beispiellos, und Chengs Arbeit ist mit 50 Minuten der bisher längste auf diese Weise konzipierte Film. Im Anschluss an das Filmscreening ermöglicht ein interaktives „World Watching“ dem Publikum, den Film anzuhalten und die Details einzelner Szenen im eigenen Tempo zu erkunden. So können Besucher:innen in die vielschichtige, vom Künstler gebaute Welt individuell eintauchen und ihre Details genauer betrachten.
Cheng studierte Kognitionswissenschaften, bevor er seine künstlerische Praxis entwickelte. Inspiriert von Videospiel-Designs, Improvisation und Kognitionswissenschaften, hat er in seinen jüngsten Arbeiten Computersimulationen geschaffen, die erforschen wie Akteur:innen eine sich kontinuierlich verändernde Umgebung navigieren. Life After BOB: The Chalice Study ist die erste Episode einer geplanten achtteiligen Mini-Serie über mentale Gesundheit im 21. Jahrhundert.
Erstmals entwickelt Cheng eine erfahrungsorientierte Umgebung, die verschiedene Atmosphären von Life After BOB in der 1.435 Quadratmeter großen Halle am Berghain zum Leben erweckt. „Die Fiktion wird zum Film, zum Videospiel, zu Spielzeugen, Spin-Offs, zum Vergnügungspark, zu einer Welt, die floriert und sich selbst verstetigt“, beschreibt es Ian Cheng.
Eigens für Life After BOB gestaltete Ian Cheng erstmals ein individuelles NFT-Erlebnis, TRUE NAME, das Besucher:innen durch die Ausstellung begleitet. Am Ende des Ausstellungsbesuchs können die personalisierten NFTs, die auf der Tezos-Blockchain gespeichert werden, mittels eines QR-Codes kostenlos erworben werden. Im Store ist außerdem die von LAS in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entworfene und in limitierter Auflage produzierte Souvenir-Kollektion erhältlich.
Bettina Kames, Direktorin von LAS: „LAS arbeitet mit Künstler:innen, die die Grenzen unserer Zukunftsbilder sprengen. Cheng ist einer der innovativsten Künstler:innen im Bereich Animation. Er verwendet die Unity Spiel-Engine, um die Bausteine eines gesamten filmischen Universums zu entwickeln.
Life After BOB ist in seiner technischen Umsetzung außergewöhnlich, und trifft daher unseren Ansatz, Innovationen in Kunst, Technologie und Wissenschaft zu fördern. Ich freue mich darauf zu sehen, wie er die Halle am Berghain verwandelt, und uns darin unterstützt, Wahrnehmungen unserer Gegenwart mit Projekten zu hinterfragen, die ihrer Zeit voraus und allen zugänglich sind.“
Amira Gad, Leitung Programme LAS und Kuratorin der Ausstellung: „Wir freuen uns sehr, diesen Herbst Ian Chengs Life After BOB in der Halle am Berghain zu zeigen. In einer speziell für LAS konzipierten physischen Umgebung – eine Premiere für den Künstler – können Besucher:innen in die mitreißende Welt von Life After BOB eintauchen. Chengs beunruhigende Vision zur Zukunft von KI fordert uns zur Auseinandersetzung damit heraus, wie tief sich Technologien bereits in unser Leben eingeschrieben haben, nicht nur im Alltag, sondern auch in unserer Identitätsbildung.“
Ian Chengs Life After BOB: The Chalice Study (2021) wurde gemeinsam beauftragt von LAS, der Luma Foundation und The Shed. Die interaktive mobile Anwendung wurde vom Leeum Museum of Art
(Seoul) unterstützt.
Über Ian Cheng
Ian Cheng wurde 1984 in Los Angeles geboren und lebt und arbeitet als Künstler in New York. Seine Arbeiten wurden weltweit ausgestellt, darunter als Solo-Ausstellungen im MoMA PS1, New York, in den Serpentine Galleries in London und im Carnegie Museum of Art, Pittsburgh. Darüber hinaus war er Teil von Gruppenpräsentationen im Museum of Modern Art, New York und hat im Whitney Museum für amerikanische Kunst, New York, ausgestellt sowie bei der Biennale in Venedig 2019, im Hirshhorn-Museum, Washington D.C., in der Tate Modern, London, im Louisiana Museum, Kopenhagen, und in der Fondation Louis Vuitton, Paris.
Seit 2012 produziert Cheng Simulationen, die untersuchen wie unterschiedliche Akteur:innen mit einer sich ständig verändernden Umgebung umgehen. Höhepunkt dieser Werkreihe war die „Emissaries“-Trilogie, in der Protagonist:innen, deren Ziel es ist eine Geschichte zu erzählen, in Konflikt geraten mit dem Chaos der offenen Welt einer Simulation. Zuletzt entwickelte er BOB („Bag of Beliefs“), eine KI-Entität, deren Persönlichkeit, Aussehen und Lebensgeschichte sich über Ausstellungen hinweg weiterentwickelt, was Cheng als „Kunst mit einem Nervensystem“ bezeichnet. 2015 gründete Cheng Metis Suns, eine Produktionsfirma, die sich der Weltbildung und Weltbildungskompetenz verschrieben hat.
Über LAS
LAS ist eine Berliner Kunstplattform an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Wissenschaft. Mit experimentellen Projekten an unkonventionellen Orten, sowohl im digitalen als auch im physischen Raum, erkundet LAS immer wieder innovative Formen der Ausstellungspraxis. In ihren Reflexionen über die Zukunft folgt LAS ihrem Leitmotiv Licht – ein Symbol, das für grenzüberschreitendes Denken, neues Wissen und Innovation steht. Dafür realisiert LAS i enger Zusammenarbeit mit Künstler:innen ortsspezifische Installationen und Interventionen, die einem breiten Publikum raumgreifende Sinneserfahrungen ermöglichen. Der interdisziplinäre Zugang soll den Blick weiten – sowohl auf die Gegenwart wie auch die Zukunft. Vor der Eröffnung eigener permanenter Räumlichkeiten verwirklicht LAS Pilotprojekte an ausgewählten Orten in Berlin und weltweit.
Über The Shed
The Shed ist eine neue Art von Kulturinstitution für das 21. Jahrhundert. Indem sie innovative interdisziplinäre Kunst fördert und präsentiert, trägt sie aktiv dazu bei, ein gemeinsames Verständnis unserer sich rasant verändernden Welt und einer gerechteren
Gesellschaft zu schaffen. In einem dynamischen und anpassungsfähigen Gebäude in Manhattans West Side bringt The Shed etablierte und aufstrebende Künstler:innen zusammen. So entstehen neue Arbeiten in Bereichen, die von Pop bis zu klassischer Musik, von Malerei bis zu digitalen Medien, von Theater bis zu Literatur und von Skulptur bis zu Tanz reichen. The Shed kooperiert mit unterschiedlichen Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden, mit Gemeindeorganisationen und gleichgesinnten Partner:innen, bietet aber auch einzigartige Räume für private Events an. Als unabhängige gemeinnützige Organisation, die Erfindungsgeist, Chancengleichheit und Großzügigkeit schätzt, setzt sich The Shed dafür ein, unterschiedliche Kunstformen zu fördern, die dringlichsten Probleme unserer Zeit anzugehen und seine relevante Arbeit wirkungsvoll und nachhaltig zu gestalten. Für die lokale Gemeinschaft, den Kultursektor, die Stadt New York und weit darüber hinaus.
Über die Luma Foundation
Die Luma Foundation wurde 2004 von Maja Hoffman in der Schweiz gegründet. Luma setzt sich mit der Beziehung zwischen Kunst, Kultur, Menschenrechten, Umwelt, Bildung und Forschung auseinander.
Die Stiftung schafft einen Ort, an dem sich verschiedene Disziplinen treffen, und sich so austauschen und gegenseitig inspirieren können. Ihre Vision setzt sie in dem experimentellen Campus Luma Arles um, ein Kulturort im Süden Frankreichs (geöffnet seit 2021), der sich mit zukunftsweisenden Ideen und dem sich wandelnden Charakter zeitgenössischer Kulturproduktion beschäftigt. Luma Arles möchte aktuelle Themen rund um Kultur, Natur, wissenschaftliche Experimente und Ökologie adressieren und neue Strukturen für Innovation und positiven Wandel schaffen. Der Campus im Parc des Ateliers in Arles hat einen wachsenden sozialen Einfluss auf die lokale Gemeinschaft und findet mit seinen vielfältigen Projekten und künstlerischen Programmen der letzten Jahre große Anerkennung.
WO?
Am Wriezener Bahnhof, 10243 Berlin-Friedrichshain.
WANN?
Freitag, 9. September bis Sonntag, 6. November 2022