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Freitag, April 26, 2024

25 Jahre für weibliche Positionen in Galerien und Museen | Berliner Künstlerinneninitiative Xanthippe e. V.

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Aus einem Zusammenschluss von Künstlerinnen aus dem Osten, die sich nach dem Ende der DDR im wiedervereinten Deutschland deutlich bemerkbar machen wollten und zwei Jahre später die Inselgalerie als Projekt übernahmen, ist eine europäisch und international ausgerichtete Künstlerinnen-Förderung geworden.

Abb. oben: Ausstellungseröffnung im Frauenministerium in Bonn am 28. 9. 1993, mit Gisela Kurkhaus-Müller (links) und Ministerin Angela Merkel, Foto: Jürgen Pätow

Seit genau 25 Jahren streitet der Berliner Fraueninitiative Xanthippe e. V. für weibliche Positionen in den Galerien und Museen. 2018 jährt sich die Gründung des gemeinnützigen Vereins zum 25. Mal. Zu den Vereinsmitgliedern gehören heute Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und Freundinnen der Galerie aus ganz Berlin.

Ausstellungsreihe zum Jubiläum

Die Künstlerinnen des Vereins präsentieren im zweiten Halbjahr 2018 in einer Folge von dreiwöchigen Ausstellungen unter dem Titel „X25“ eigene Werke und die einer selbst gewählten Partnerin. Sie sind damit auch Ausstellungsmacherinnen. Als erste Xanthippe ergreift Elli Graetz den Staffelstab. Sie präsentiert Barbara Illmer und übergibt am 18. Oktober an Gisela Kurkhaus-Müller, die die Bildhauerin Anja Spitzer als Partnerin gewählt hat.

Die weiteren X25 – Ausstellungen (die „Xanthippen“ werden in der Aufzählung zuerst genannt.)

20. September bis 13. Oktober 2018: Brigitte Denecke & Yang Sa You

18. Oktober bis 10. November 2018: Gisela Kurkhaus-Müller & Anja Spitzer

15. November bis 8. Dezember 2018: Sonja Blattner & Jill Tegan Doherty

13. Dezember bis 12. Januar 2019: Rosika Jankó-Glage & Susanne Schill

Die X25-Staffel wird im 2. Halbjahr 2019 bis ins 25. Jubiläumsjahr der Inselgalerie fortgesetzt.

Zur Geschichte der gemeinnützigen Berliner Künstlerinnen-Initiative Xanthippe e. V.

Im Herbst 1992 fanden sich 12 Künstlerinnen im Bürgerhaus Grünau unter der Leitung der Theater- und Kunstwissenschaftlerin Ilse-Maria Dorfstecher zu einem Pleinair zusammen. Allen gemeinsam war, dass sie aus der DDR kamen und vor der Frage standen, wie sie ihre Existenz durch künstlerisches Schaffen auch in Zukunft absichern können. Projekte wie das Pleinair waren Möglichkeiten, gemeinsame Strategien zu entwickeln.

Mit dabei waren damals unter anderen die Bildhauerinnen Marguerita Blume-Cárdenas und Emerita Pansowová, die Malerin und Grafikerin Nuria Quevedo, die Grafikerinnen Ursula Strozynski, Elli Graetz und Gisela Kurkhaus-Müller sowie die Schriftstellerin Annett Gröschner. Die Künstlerinnen schufen Plastiken, Bilder, Zeichnungen und Texte. Die entstandenen Arbeiten wurden im Jahr darauf unter dem Titel „Begegnungen I“ an drei Ausstellungsorten präsentiert, u.a. im Frauenministerium in Bonn. Die damalige Ministerin Angela Merkel eröffnete die Ausstellung.

Parallel zu diesen Aktivitäten gründete Ilse-Maria Dorfstecher den Künstlerinnen-Verein Xanthippe e. V. Der Name Xanthippe steht „symbolisch für den Willen der Gründerinnen, etwas gegen die Vorurteile zu tun, die selbstbewussten, engagierten Frauen und ihrem fachlichen Können noch immer entgegengebracht werden. Folgerichtig liegt die Intention des Vereins darin, für mehr Beachtung und Anerkennung der Leistung von Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen zu wirken…“ So heißt es in einer Erklärung der Gründerinnen. Zwei Jahre später, 1995, übernahmen die Xanthippen unter der Leitung von Ilse-Maria Dorfstecher die Inselgalerie in der Inselstraße 13 in Berlin-Mitte. Anfangs stellten gelegentlich noch männliche Künstler an der Seite der Frauen aus. Auf die Frage, warum die Inselgalerie schließlich eine reine Künstlerinnen-Galerie wurde, antwortet Ilse-Maria Dorfstecher: „Es gab einfach sehr viele sehr gute Bewerbungen von Frauen. Die West-Künstlerinnen kamen und wir stellten fest, dass deren Situation nicht besser war als unsere.“

Um vielen Künstlerinnen eine öffentliche Plattform zu bieten, wurden Doppelausstellungen mit relativ kurzen Laufzeiten – bis zu vier Wochen – vereinbart. Bei diesem Konzept ist die Inselgalerie bis heute geblieben. In den Räumen der Galerie wurden nicht nur Ausstellungen gezeigt, sondern auch ein Programm aus Lesungen, Gesprächen, Vorträgen und Konzerten. Auch dieses wurde und wird noch heute vorrangig von Frauen bestritten.

Dank einer jährlichen Förderung durch den Berliner Senat, dem unermüdlichen Engagement der Gründerin des Vereins und einer großen Schar hilfreicher Freunde besteht die Inselgalerie noch heute, nun bereits am dritten Ausstellungsort in Berlin-Friedrichshain. Der Standort in der Inselstraße musste 2002 aufgegeben werden. Die Galeristinnen erhielten einen Zwischennutzungsvertrag für die Erdgeschossräume in der Torstraße 207, die im Frühjahr 2017 wegen umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen geräumt werden mussten. Aktuell bespielt die Galerie eine ehemalige Sparkasse am Bersarinplatz.

Zu den Ausstellungs-Höhepunkten aus 25 Jahren gehören „Rheintöchter-Spreetöchter“ im Jahr 1996, „Nachbarinnen“ – ein Projekt mit polnischen Künstlerinnen 2013, „Teresa von Avila – Mystik und Überschreitung“ mit 20 Künstlerinnen aus 10 Ländern im Jahr 2015 und die beiden Ausstellungen „Wieder im Licht I“ 2013 und „Wieder im Licht II“ 2014, die an vom Vergessen bedrohte und während der Nazizeit ausgegrenzte Künstlerinnen erinnerten. 2018 knüpfte die Galerie mit „Wieder im Licht III“ an die Tradition an.

Im Jahr 2007 wurde Ilse-Maria Dorfstecher mit dem Berliner Frauenpreis geehrt „für ihre Förderung und Vernetzung, Ausstellung und Bekanntmachung von Künstlerinnen in Berlin. Ein besonderer Verdienst liegt in der Wiederentdeckung und Würdigung von Künstlerinnen, die durch die Brüche in der deutschen Geschichte wie auch durch die männerzentrierte Rezeption des Kunstbetriebes in Vergessenheit gerieten.“

Im Sommer 2017 übernahm Eva Hübner die Inselgalerie und wurde in den Vorstand des Vereins gewählt. Ilse-Maria Dorfstecher zog sich altersbedingt von der Leitung der Galerie zurück, bleibt aber Vorstandsmitglied des Vereins.

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XANTHIPPE-Logo: Gisela Kurkhaus-Müller/© XANTHIPPE e.V.

Ist die Künstlerinnen-Galerie noch cool genug?

Die Situation der Frauen in der Bildenden Kunst hat sich in den letzten Jahren zweifelsohne verbessert. Dennoch ist der Kunstmarkt, sind die Entscheidungsebenen von Museen und Galerien noch immer männerdominiert. Für die Xanthippen bleibt Arbeit zu tun.

Aber ist eine Künstlerinnen-Galerie für junge Künstlerinnen, die in der internationalen Kunstszene auffallen möchten, noch attraktiv? Die 1970 geborene Juliane Ebner, die mehrfach in der Inselgalerie ausstellte, antwortete im Tagesspiegel-Interview im Sommer 2017 auf diese Frage:

„Ich stelle hier aus, obwohl es ein Frauenkonzept ist, muss ich ehrlich sagen. Ich muss stark genug und vor allem cool genug sein, um in einer Frauengalerie auszustellen… Hier haben DDR-Heldinnen meiner Mütter-Generation wie Emerita Pansowová und Nuria Quevedo ausgestellt. Solche Namen stehen über jeder abfälligen Bezeichnung als ‚Frauenladen‘.“

Es gilt, Traditionslinien weiterzuführen und neue „Heldinnen“ zu gewinnen. Im Jubiläumsjahr der Inselgalerie 2020 ist eine Dokumentation über die Wirksamkeit der Galerie von ihrer Gründung bis heute geplant und ein Symposium zur Frage: „Frauengalerie – Chance oder Stigma?“

Veranstaltung im September 2018

WERKSTATTLESUNG – Andra Joeckle liest aus ihrem Manuskript „Blauer Oleander“

Donnerstag, 13. September 2018, 19 Uhr

Nachdem sie von einer Zecke gebissen wurde, beschäftigt sich die Malerin Ragna mit den Eigenschaften dieses Insekts. Sie entwickelt Ehrfurcht vor den erstaunlichen Überlebensfähigkeiten dieses Organismus und wünscht sich, mit ebensolchen Begabungen ausgestattet zu sein.

Andra Joeckle, Jahrgang 1967 ist Schriftstellerin, Hörfunkautorin und Literaturübersetzerin. Ihr Hörspiel „Die Zecke“ wurde bereits 2017 im Deutschlandradio Kultur gesendet. Nun entsteht aus dem Stoff der Roman „Blauer Oleander“.

Eintritt: 5 / erm. 3 Euro

http://www.andra-joeckle.de

Elli Graetz und Barbara Illmer – Grafik / Plastik

X25-1: traumhaft kompliziert

Ausstellung der Inselgalerie Berlin, 23. August – 15. September 2018

Eröffnung: 23. August 2018, 19:30 Uhr

Klar und einfach wachsen Landschaft und Figur bei Elli Graetz aus der Struktur des Materials. Barbara Illmers intensiv farbige, aus Papieren aufgebaute Skulpturen mit Stacheln oder Schutznetzen bilden einen lebendigen Kontrast.

KABINETT 2: Gudrun Wendler „Black’n blues – Bilder und Bücher“

Eröffnung: 23. August 2018, 19:30 Uhr, bis 15. September 2018

Gudrun Wendler ist eine äußerst vielseitige Künstlerin. Sie malt, zeichnet, druckt, fotografiert und schreibt Gedichte. Sie absolvierte zunächst ein Studium der Kunsterziehung in Bonn und suchte sich dann ihre Lehrer der Freien Kunst. Das waren die Zeichnerin Sophia Vari-Botero in Paris und Alexander Bogen in Tel Aviv. Nach jahrelangen längeren Aufenthalten im Ausland, u.a. in New York, Moskau, Dublin, Paris und Tel Aviv, ließ sich die Künstlerin 2005 in Berlin nieder.

Zunächst untersuchte die überwiegend abstrakt arbeitende Malerin die Möglichkeiten der Farbe und erreichte in ihren großformatigen, monochromen Flächen einen starken, pulsierenden Ausdruck. Für die Formensprache bevorzugte sie das Schwarz-Weiß der Grafik. In den kleinformatigen Künstlerbüchern findet sie zur Synthese beider Techniken. In den letzten Jahren hat Gudrun Wendler auch gegenständlich gemalt und einige Drucktechniken entdeckt.

In der Kabinett-Ausstellung „Black’n Blues-Bilder und Bücher“ stellt sie u.a. eine gleichnamige Serie Holzschnitte vor. Außerdem zeigt sie ältere Arbeiten und ihre Künstlerbücher.

Öffnungszeiten:
Di-Fr 14:00-19:00 Uhr
Sa 13:00-17:00 Uhr

WO?

Petersburger Straße 76A
10249 Berlin-Friedrichshain (Am Bersarinplatz)
www.inselgalerie-berlin.de

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