Text: Constanze Kleiner, Stephan von Wiese
Die deutsche Fotografin Angelika Platen ist bekannt für ihre Künstlerportraits. Die 1942 in Heidelberg geborene Platen studierte u.a. Kunstgeschichte in Berlin und anschließend Fotografie in Hamburg. 1968 begann sie ihre Arbeit als Fotografin und Bildjournalistin. Unter dem Titel „Künstler sind auch nur Menschen“ zeigte sie 1969 in der Künstlergalerie „Die Insel“ zum ersten Mal ihre Fotos. Von 1970 bis 1972 arbeitete sie als Journalistin für den Wirtschaftsteil „Kunst als Ware“ der Wochenzeitung Die Zeit. In diesem Zeitraum, nämlich 1970 in Köln, entstanden auch ihre Fotografien des Künstlers Michael Buthe. Die Berliner Galerie KLEINERVONWIESE zeigt bis Ende Februar 2021 eine Ausstellung mit Werken von und um Michael Buthe.
Angelika Platens hier gezeigte Fotos von Michael Buthe, im grauen ärmellosen Burnus, mit ins Haar gesteckten Federn, halten eine Performance fest, die der Künstler für die Fotografin Angelika Platen in Szene gesetzt hat. Ort der Handlung war die Kölner Galerie Möllenhoff zum Zeitpunkt des 4. Kölner Kunstmarkts, im Oktober 1970, bei dem es zu dem Aufsehen erregenden – von Angelika Platen ebenfalls festgehaltenen – Eklat kam, als Beuys, Staeck, Vostell und Rywelski in spektakulärer Aktion vor verschlossenen Glastür lautstark „gegen die Zementierung eines Verkaufsmonopols“ protestierten.
Ganz anders die verinnerlichte Aktion Michael Buthes in der Galerie Möllenhoff anlässlich der Gemeinschaftsausstellung mit Arnulf Rainer. Sie zeigt die erstaunliche Metamorphose des Künstlers als unmittelbare Folger seiner ersten Marokko-Reise im selben Jahr. In seiner frühen Zeit, als er noch von der Minimal Art inspiriert war, kannte man Buthe im outlook des bürgerlichen Künstlers mit Schlips und Kragen. Im Sommer 1970 war es dann bereits im Heimatort Höxter zu einer Verhüllungsaktion auf freiem Feld mit genähten und gefärbten Tüchern gekommen. Nun in Köln bei Möllenhoff hatte sich Michael Buthe also in den ärmellosen grauen Burnus, das traditionelle Kleidungsstück der Berber, gehüllt. Die Federn im Haar gleichen einem Strahlenkranz, erscheinen wie sensible Sensoren. Man sieht auf Angelika Platens Fotos, wie Buthe mit einer Feder wiederum weitere Federn an die Wand zeichnet, wie er von marokkanischem Ornament inspirierte neue Zeichnungen präsentiert, wie er lässig aufs Sofa ausgestreckt schelmisch in die Kamera lächelt. Mit der Fotoserie hat Angelika Platen einen bedeutsamen Moment in Buthes künstlerischem Leben festgehalten.
Erstmals Buthe begegnet war die Fotografin ein Jahr zuvor in Düsseldorf, als sie die epochale Gruppenausstellung „Prospekt“ in der Düsseldorfer Kunsthalle festgehalten hatte. Angelika Platen hat sich seit 1968, in der „Phase 1“ Ihres Schaffens, nach dem Studium der Orientalistik, Kunstgeschichte und der Fotografie, ganz der Darstellung ihrer eigenen Künstlergeneration gewidmet. Sie arbeitete als freie Fotografin für „Stern“ und „Zeit“. Ein berühmtes Beispiel für ihre Arbeit waren Fotografien des „springenden Polke“ vor der Kulisse des Düsseldorfer Rheinhafens. Platen: „Die Kunstszene begeisterte mich. Die Avantgarde von „68“, meine Zeitgenossen, noch nicht berühmt, waren meiner Linse zugänglich.“ Während des Kölner Kunstmarktes 1970 traf sie auch auf den Schweizer Kurator Harald Szeemann, der 1972 auf der documenta V Michael Buthe mit dessen Raum „Hommage an die Sonne“ zum großen Debüt verhalf. Seitdem wurde das Werk subsumiert als „Individuelle Mythologie“.
Von 1976 bis 1999 lebte Angelika Platen in Paris, war hier für industrielles Marketing tätig. 1997 nahm sie die Künstlerfotografie wieder auf, und damit begann die “Phase 2. 1998 veröffentlichte sie den Band „Platen Artists” bei der Edition Stemmle, Zürich und New York, und ihre Fotos wurden in Museen und Institutionen gezeigt. In „Phase 3“, ab 2012, folgte die Hinwendung zur digitalen Fotografie.
Im Frühjahr 2021 wird Angelika Platens neuer Fotoband „Meine Frauen“- 100 Künstlerinnen aus 50 Jahren – bei Hatje Cantz erscheinen.
Die folgende Filmsequenz aus dem Berliner Studio Angelika Platens ist voller Licht, das Gesicht von Michael Buthe kommt neu zum Leuchten, man meint das Lachen des Künstlers zu hören. Dazu schrieb die Fotografin an die Galeristin Constanze Kleiner mit anerkennenden Worten für die Filmemacherin Jana Goldbach : „Es ist nicht so einfach, alte Gesichter filmisch umzusetzen, doch der schöne lächelnde Michael überstrahlt alles.
Video zum Studiobesuch bei Angelika Platen
Text: Constanze Kleiner, Stephan von Wiese