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Freitag, April 26, 2024

Künstlerhaus Bethanien zeigt die Ausstellung MANIFESTiert Euch! | 18.11.2022-22.01.2023

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MANIFESTiert Euch! ist ein Appell und eine empowernde Hymne auf das (queer-)feministische Manifest als Bestandteil einer andauernden Protestkultur und als Medium, insbesondere der zeitgenössischen Kunst und Kultur.

Abb. oben: LASTESIS x Pussy Riot, MANIFESTO AGAINST POLICE VIOLENCE, 2020, Youtube video, 08min 38s, Video still, Courtesy the artists

„We will never be quiet again.”

– Suffragetten

Jüngste Ereignisse wie die Proteste im Iran nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini, die ihr Kopftuch laut Sittenpolizei nicht „anständig“ trug, die Einschränkung und Kriminalisierung von Abtreibungen in den USA durch den Supreme Court, der vom männlichen Autokraten Wladimir Putin geführte Angriffskrieg gegen die Ukraine und die nationalistisch-chauvinistischen Tendenzen in einer steigenden Anzahl an Staaten machen die Dringlichkeit der von Frauen*, trans und nicht-binären Personen geführten Kämpfe um alltägliche und grundlegende Rechte mehr als deutlich. In Russland weist die feministische Punk-Band Pussy Riot bereits seit einem Jahrzehnt visionär auf Missstände und insbesondere die gefährliche Rolle Putins hin und hat dafür bereits mit Verfolgung und Inhaftierung bezahlt. In Chile löste das Kollektiv LASTESIS 2019 mit ihrem Song und der partizipativen Performance Un amigo en tu camino eine Protestwelle aus, die tausendfach verstärkt und geteilt weit über die Grenzen des Kontinents hinaus schwappte

DEEDS NEWS Kuenstlerhaus Bethanien MANIFESTiert Annie Leibovitz,
Lynda Benglis, Ausstellungsankündigung für Metallized Knots in der Paula Cooper Gallery, New York City, 1974, Foto: Annie Leibovitz

Im Angesicht diverser gesellschaftlicher Stigmatisierungen, beruflicher Benachteiligung, Gender-Pay- und Data-Gap, häuslicher Gewalt und Femiziden stellen sich auch 100 Jahre nach den ersten großen Frauenbewegungen, namentlich den Suffragetten in Großbritannien und den USA, Frauen, trans und nicht-binäre Personen im Vergleich zum Mann immer noch als politisch und sozial stark benachteiligte Gruppen dar. In Reaktion darauf entstehen permanent (queer-)feministische Manifeste als emblematische Statements, in denen Wut und kritische Unangepasstheit, Forderungen nach strukturellen Transformationen und paritätischen Verhältnissen eine explizite Ausdrucksform finden. Sie ertönen auf den Straßen und erscheinen in Songtexten, begegnen uns als Plakate, werden in Bücher gefasst und gehen im Netz viral. Der sie vereinende Grundtenor ist jener des Empowerments und der Selbstbehauptung. Mit ihren charakteristischen Sprach- und Formmerkmalen in Verbindung mit einer faszinierenden Vielfalt an inhaltlichen Schwerpunkten und individuellen Perspektiven bilden Manifeste ein zentrales Element der feministischen Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts.

DEEDS NEWS Kuenstlerhaus Bethanien MANIFESTiert JWWhite Phocasso
Billie Zangewa, The Rebirth of the Black Venus, 2010, Seidenteppich (handbestickte Seidencollage) / Silk tapestry (hand-embroidered silk collage), 135 × 100 cm, Courtesy Collection Gervanne + Matthias Leridon, © JWWhite/Phocasso

e Ausstellung MANIFESTiert Euch! zeichnet ausschnitthaft die Entwicklung (queer-)feministischer Manifeste nach und zeigt öffentliche, oft politisch motivierte Statements von Frauen, trans und nicht-binären Personen in unterschiedlichen Kontexten. Die verschiedenen Feminismen erweitern sich dabei von weiß und akademisch geprägten Ausformungen der 1960er- und 1970er-Jahre immer weiter hin zu einem intersektionalen Verständnis: Neben Kategorien wie dem biologischen Geschlecht und der Geschlechtsidentität, Alter oder (Dis-)Ability, Klassen- und Religionszugehörigkeit werden Diskriminierungserfahrungen qua Segregation, kolonialer Machtstrukturen oder (spät-)kapitalistischer Arbeitsverhältnisse zentral. Während in den vergangenen Jahren #metoo zum kollektiven Aufbegehren vieler prominenter Frauen in der Öffentlichkeit führte, gewann parallel dazu und seit 2013 verstärkt durch die #BlackLivesMatter-Bewegung Black Feminism spürbar an gesamtgesellschaftlicher Präsenz. Auch die verheerende Vergegenständlichung der Umwelt wird in feministischen Manifesten zunehmend reflektiert. Dabei rücken ökologische Fragestellungen und die Kritik an einer meist männlich codierten Zerstörungsgewalt und Hybris in den Fokus. Parallel dazu entwickeln sich auch im Technound Cyberspace immer mehr einflussreiche Statements von Frauen*, trans und nicht-binären Personen, die vom Cyborg und technoiden Schleim bis hin zum Glitch Feminism reichen.

DEEDS NEWS Kuenstlerhaus Bethanien MANIFESTiert VG Bild KunstBonn 2022 Foto Ken Adlard
eal Floyer, Solo, 2006, Microphone stand, hairbrush, 150 x 50 x 50 cm, Courtesy Ceal Floyer and Esther Schipper, Berlin, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Photo: Ken Adlard

Die Ausstellung MANIFESTiert Euch! zeigt die ungebrochen pulsierende (queer-)feministische Manifestkultur seit den Suffragetten und spiegelt deren schillernde, teils widersprüchliche Facetten wider. Dabei richtet sie ihren Fokus auf verschiedene Regionen, kulturelle Zusammenhänge und Medialitäten. Sie umfasst zum ersten Mal Manifeste in Form von Texten, skulpturalen Objekten, Installationen, Soundtracks, Videos und Performances sowie markante Dokumente zur Geschichte des feministischen Manifests. In einer RechercheLounge und der Begleitpublikation zur Ausstellung werden den Besucherinnen zahlreiche Manifeste zugänglich gemacht. Die Kooperationspartnerinnen alpha nova & galerie futura, re.act.feminism e.V., Akademisches Netzwerk Osteuropa e.V. sowie Elena Zanichelli (Mariann Steegmann Institut | Kunst & Gender) und Studierende der Universität Bremen planen im Dialog mit der Ausstellungsthematik die Präsentation ihrer eigenen Projekte. Am Eröffnungsabend werden FRZNTE und luïza luz eine für MANIFESTiert Euch! entwickelte Pole Sound Performance realisieren.

„USE THE F WORD. BE A FEMINIST.”

– Guerrilla Girls

Teilnehmende Künstler*innen: Ouassila Arras, Rufina Bazlova, Lynda Benglis, Monica Bonvicini, Lizzie Borden, Andrea Bowers, Janet Burchill/Jennifer McCamley, Ulrike Flaig, Ceal Floyer, FRZNTE/Kolbeinn Hugi, Regina José Galindo, Guerrilla Girls, Holzinger/Sahihi,Bojana S. Knežević /Katarina Petrović (Femkanje), LASTESIS x PussyRiot, Signe Pierce/Alli Coates, Tabita Rezaire, Marinella Senatore, Beth Stephens/Annie Sprinkle, VNS Matrix, Del LaGrace Volcano und Billie Zangewa

Kuratiert von Valeria Schulte-Fischedick
Kuratorische Assistenz: Luise von Nobbe

WANN?


Vernissage: Donnerstag, 17. November 2022, 19–22 Uhr

Ausstellungsdaten: Freitag, 18. November 2022 – Sonnatag, 22. Januar 2023

WO?
künstlerhaus bethanien
Kottbusser Str. 10/d
10999 Berlin

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