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Samstag, April 27, 2024

BLACK LAND, RED LAND – RESTITUTE – Interdisziplinäres Festival | 21.12.-28.12.2023

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Das interdisziplinäre Festival „BLACK LAND, RED LAND – RESTITUTE“ geht kritisch musealen und institutionellen Dispositiven auf den Grund und nähert sich künstlerisch und diskursiv ausgewählten Artefakten und Erzählungen aus den „Besitzen“ der Ägyptischen Museen in Berlin, Deutschland und Turin, Italien. Die im Team und mit Künstlerinnen erarbeiteten Ansätze werden an vier Tagen im Dezember, vom 21.12.-28.12.2023 im silent green, Kunstquartier Bethanien, Palais am Festungsgraben und im öffentlichen Raum mit den Zuschauerinnen geteilt und diskutiert.

Abb. oben: Statue of Sakhmet (2023). Photo Lutz Knospe 4

Die imperialen wissenschaftlichen Expeditionen nach Ägypten im 19. Jahrhundert dienten der europäischen Erschließung des afrikanischen Kontinents, dies betrifft sowohl die Dokumentation und die Vermessung des Landes, als auch die Akquise kultureller Entitäten. Die Expeditionen stehen im Kontext der kolonialen Eroberungsfeldzüge seit dem 16. Jahrhundert und übertrugen eigene Formen des Wissens und Lebens in außereuropäische Territorien. Kulturelle und spirituelle Artefakte, Teile von religiösen Stätten und menschliche Überreste wurden in der Folge ebendieser „Abenteuer“ aus den Ländern ausgeführt. Sie sollen an verschiedenen Orten Europas, in Deutschland, Italien, Frankreich (und anderen Teilen der Welt), als Zeugen der Erschließungen die neu entstehenden Museen als Zentren der Präsentation und Wissensproduktion füllen. Die sich zu diesem Zeitpunkt ausdifferenzierenden Wissenschaften erfanden die Bedeutungen dieser Artefakte und stellten diese als „Objekte“ ihrer Verfügung zur Schau. Die Museen erklärten sich zu universalistischen Verwaltern eines „Weltkulturerbes“ der Menschheit. Sie gruppierten die ausgeführten Artefakte ihrem Selbstverständnis folgend zu „Sammlungen“ und präsentierten diese nach eigenen Vorstellungen. Bis heute hat nur ein kleiner Bruchteil der „Menschheit“ Zugang zu den europäischen Museen und weite Teile der sogenannten Herkunftsgesellschaften haben die kulturellen und spirituellen Artefakte ihrer Vorfahren nie besuchen können.

Installation view Cevdet Erek, in circulation, September 16 – October 28, 2023, neugerriemschneider, Berlin. © Cevdet Erek. Courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin. Photo Jens Ziehe, Berlin 1

Die seit einigen Jahren öffentlich geführte Debatte um Restitution, also um die Rückgabe der Artefakte an die Länder ihrer Herkunft, sofern sie denn dialogisch geführt wird, zeigt die Komplexität der Situation. Wer entscheidet anhand welcher Kriterien über die Rückgaben? Wohin genau wird restituiert? Welche Gründe werden angeführt? Wer ist – damals wie heute – von dem Gespräch ausgeschlossen? Und dient die Diskussion nicht auch dazu, die (post)kolonialen Wissens- und Machtsysteme zu legitimieren? Wer schreibt die Geschichten? Und was wird damit überschrieben, immer und immer wieder von Neuem? Wovon sprechen die Werke, die zur “Katastrophischen Kunst” (“Catastrophic Art”, Fazil Moradi) wurden?

Attila Csihar, ARA (2021). Photo Kathrin Krottenthaler 1

Die künstlerisch-diskursive Suche nach ausgelöschtem und nicht verfügbarem Wissen bezieht die musealen Archive mit ein und geht über sie hinaus. Die Institutionen sind auch Räume, die von der absoluten Verwertbarkeit des Lebens künden. Lässt sich eine gemeinsame Vision für die Artefakte und Entitäten jenseits nationalstaatlicher Grenzen, für ihre Spuren und Geschichten imaginieren? Und kann diese in die Zukunft tragen, dies- und jenseits des Todes?

Elena Sinanina and Yara Mekawei. Photo Nick Ash, 2023

Die künstlerischen Beiträge des Festivals sind Neu-Produktionen und beschäftigen sich mit
alt-ägyptischen Entitäten, Mythologien des nicht-westlichen Altertums oder erforschen das
Verhältnis von sozialem Raum, Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Im diskursiven Teil werden verschiedene Argumentationsmuster und Handlungsweisen musealer Einrichtungen sowohl aus historisch-kritischer als auch aus praktischer Hinsicht diskutiert. Das Festival schließt mit einer Gesprächsrunde, die Ausblick in die gemeinsame Zukunft anhand des Themas “Gedenken” gibt.

Kuppelhalle, Photo ©Bernd Brundert

Zur Einstimmung:

Schließen Sie die Augen. Gehen Sie gedanklich in das Archäologische oder Ägyptische
Museum zurück, das Sie zuletzt besucht haben. Gehen Sie zu einem Artefakt Ihrer Wahl, oder zu einem, an das Sie sich gut erinnern. Versuchen Sie, auch seinen Namen zu erinnern, oder das, was Sie für seinen Namen halten. Sie dürfen ihm auch Ihren eigenen Namen geben. Sprechen Sie nun diesen Namen laut aus. Halten Sie inne, versuchen Sie, sich das Artefakt genau vorzustellen und in seiner Gestalt einzuprägen. Wenden Sie sich dann von dem Artefakt ab und verlassen Sie gedanklich das Museum, ohne sich umzudrehen. Öffnen Sie die Augen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit und kehren dann zu Ihrem Alltag zurück. Sie werden das Artefakt aus Ihrer Vorstellung sehr bald wiedersehen, wenn es Sie besucht. Haben Sie keine Angst vor der Begegnung.

Team:

Konzept und Künstlerische Leitung Elena Sinanina Szenografie und Lichtdesign Shahrzad
Rahmani Projektmanagement Anne Diestelkamp Dramaturgie Yunus Ersoy Sound Design
Christopher von Nathusius Wissenschaftliche Beratung Johannes Auenmüller, Kerylos Boules Aziz Beratung Oliver Baurhenn Mitarbeit Produktion Kristin Buddenberg Fotografie Lutz Knospe, Nick Ash Pressearbeit Rafael Sergi Grafik Birgit Karn Englische Übersetzung
Matthew James Scown Übersetzung in Leichte Sprache Anne Diestelkamp

Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. In
Kooperation mit der Initiative BLACK LAND e.V., dem Studio Babelsberg, dem Kunstraum
Kreuzberg und dem silent green Kulturquartier. Mit freundlicher Unterstützung des Collegium Hungaricum Berlin.

houaida. Photo Dominique Brewing 1

Initiative BLACK LAND e.V. Vorstand: Elena Sinanina, Yara Mekawei

Danke an Fazil Moradi, Stéphane Bauer, Torsten Seefeldt und Michael Akstaller.

Die Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt. Die Abschlussdiskussion am 28.12.2023 wird konsekutiv ins Deutsche übersetzt. Informationen in Leichter Sprache sind an den Veranstaltungsorten verfügbar.

Statement zur Antidiskriminierung

Das Festival BLACK LAND, RED LAND – RESTITUTE bietet Raum für Begegnung und Austausch. Die Organisatoren dulden keine rassistischen, antisemitischen, islamfeindlichen, homophoben, trans*phobe, sexistische oder jede andere Form von Rassendiskriminierung Feindseligkeiten gegenüber anderen Gruppen.

Solltest Du Dich in Deinen Grenzen verletzt fühlen, melde Dich bitte bei einemr unserer Mitarbeiterinnen. Die Oranisatoren behalten sich das Recht vor, von ihrem Zugangsrecht Gebrauch zu machen und Personen zu verbieten, die rassistische, antisemitische, islamophobe, homophobe, transphobe, sexistische oder sonstige menschenverachtende Handlungen begehen den Zugang zur Veranstaltung zu verweigern oder sie von der Veranstaltung auszuschließen.

Ausstellung und Performances
YARA MEKAWEI
HANI MOJTAHEDY
CEVDET EREK
ATTILA CSIHAR
LEA DRAEGER
HOUAÏDA

Diskurs
FAZIL MORADI
MONICA HANNA
NORA AL-BADRI
LÉONTINE MEIJER-VAN MENSCH
SARAYA GOMIS
JOHANNES AUENMÜLLER
NN (Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
ELENA SINANINA
YARA MEKAWEI
YUNUS ERSOY
OLIVER BAURHENN
SANDEEP SODHI

sowie

“ÄM 53”, ein Gedenken im öffentlichen Raum (weitere Informationen folgen zur gegebenen
Zeit).

Website

WO?
silent green
Kunstquartier Bethanien
Palais am Festungsgraben
öffentlicher Raum

WANN?
Von Donnerstag, 21. Dezember bis Donnerstag, 28. Dezember 2023

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