Das internationale Festival Tanz im August, präsentiert von HAU Hebbel am Ufer, zeigt 2022 erstmals seit 2019 wieder ein volles, dreiwöchiges Programm, mit internationalen und lokalen Choreograf:innen unterschiedlicher Generationen. Am HAU Hebbel am Ufer und an 6 weiteren Spielorten in Berlin werden in 87 Vorstellungen, mit rund 200 Künstler:innen aus mehr als 25 Ländern, insgesamt 21 Produktionen gezeigt.
Abb. oben: Adam Linder, LOYALTY © Foto: Diana Pfammatter, 2021
In der letzten Ausgabe unter der künstlerischen Leiterin Virve Sutinen steht die einflussreiche, schwedisch-italienische Choreografin Cristina Caprioli im Fokus. Unter dem Titel ONCE OVER TIME widmet ihr Tanz im August eine große Retrospektive mit über 22 Arbeiten aus den vergangenen 20 Jahren. Zu den weiteren Höhepunkten der 34. Festivalausgabe mit 3 Uraufführungen und 8 Deutschlandpremieren zählen die Eröffnungsproduktion der australischen Kompanie Marrugeku im Haus der Berliner Festspiele sowie Tanzproduktionen der katalanischen Kompanie LA VERONAL, des brasilianischen Choreografen Bruno Beltrão oder von Oona Doherty aus Nordirland.
„Das Programm macht Vorfreude auf ein Festival mit hoffentlich wieder voll besetzten Tanzveranstaltungen, lebhaften Diskussionen und fröhlichen ‘After-Shows’ – Dass Krieg in Europa herrscht und absehbar auch im August noch herrschen wird, dass die Klimakrise nur größer wird, werden wir nicht ausblenden können – und wollen.
Annemie Vanackere, Intendantin des HAU Hebbel am Ufer
Mein großer Dank gilt Virve Sutinen, die Tanz im August in den vergangenen acht Jahren geleitet und geprägt hat. Dank ihres künstlerischen Gespürs haben wir viele Künstler:innen und Kompanien gesehen, die uns bewegt und begeistert haben. Sie hat große Formen nach Berlin geholt, neue diskursive Formate entwickelt und sowohl ein breites als auch ein professionelles Publikum in großer Zahl für den Tanz (wieder-) gewonnen. Dank ihrer starken Setzungen konnte Tanz im August zu der Form wachsen, die es nun hat: ein Tanzfestival, das in Deutschland und Europa eine herausragende Stellung einnimmt.“
Das Programm 2022
Tanz im August 2022 widmet der renommierten Choreografin Cristina Caprioli nach Rosemary Butcher (2015), La Ribot (2017) und Deborah Hay (2019) eine umfassende Retrospektive. Seit mehr als 20 Jahren bringt die in Stockholm lebende, gebürtige Italienerin, Choreografie an ihre Grenzen und revolutioniert sie dabei immer wieder. Die vehemente Verfechterin interdisziplinärer und kollaborativer Arbeitsweisen hat ein umfassendes Œuvre hervorgebracht, das Tanz, Filme, Texte und Installationen umfasst. Die Retrospektive “ONCE OVER TIME“ zeigt an vier Spielorten gemeinsam mit 22 Kollaborateur:innen über 22 Arbeiten, die zwischen 2002 und heute entstanden sind. Eine Publikation, die Anfang August erscheint, begleitet das Programm.
„Nichts geht über das LiveErlebnis! Das Jahr 2022 markiert für Tanz im August die Rückkehr zur “neuen Normalität” nach den zwei Jahren der Pandemie. Die umfangreiche Retrospektive “ONCE OVER TIME” von Cristina Caprioli / ccap wendet sich gegen den Trend, ständig neue Werke zu produzieren und zu konsumieren und doch ein überwältigendes choreografisches Ereignis zu schaffen. Es geht 2022 auch darum, neue Tourneeund künstlerische Konzepte zu entwickeln, und dieses Jahr markiert auch den Höhepunkt eines wertvollen Dialogs, den wir mit Künstler:innen geführt haben, die einen indigenen Hintergrund haben.“
Virve Sutinen, Künstlerische Leiterin Tanz im August 2014–2022
Ein Fokus des Festivals liegt auf Künstler:innen mit indigenem Hintergrund. In der Eröffnungsproduktion “Jurrungu Ngan-ga / Straight Talk“ der australischen Tanzkompanie Marrugeku finden indigene und Fluchterfahrungen in Tanz, Erzählung, Musik und Poesie eine gemeinsame Basis. Elle Sofe Sara, eine samische Künstlerin, und Martha Hincapié Charry, eine kolumbianische Künstlerin mit Quimbaya-Wurzeln, machen in ihren Arbeiten auf die Rechte indigener Völker in Nordeuropa und im Amazonasgebiet aufmerksam. Daina Ashbee setzt mit “J’ai pleuré avec les chiens – TIME, CREATION, DESTRUCTION“, ihre antikolonialistische Arbeit fort, und gestaltet ein Ritual des Zusammenlebens.
Das Haus der Berliner Festspiele ist nach seiner Renovierung erstmals nach 2018 wieder Spielort des Festivals. Tanz im August lädt hier zu fünf Produktionen: Nach der Eröffnungspremiere von Marrugeku erwartet das Publikum Vorstellungen der katalanischen Kompanie La Veronal mit Marcos Morau, von Oona Doherty aus Nordirland, des brasilianischen Choreografen Bruno Beltrão mit seiner aktuellen Neukreation, sowie von den zwei Koryphäen des zeitgenössischen Flamencos Israel Galván und Niño de Elche.
Internationale Künstler:innen wie u.a. die US-amerikanische Performancekünstlerin Faye Driscoll, der französisch-senegalesische Choreograf Amala Dianor, der thailändische Choreograf Pichet Klunchun, der kanadische Choreograf Frédérick Gravel, und die südafrikanische Choreografin Robyn Orlin zusammen mit der City Theater & Dance Group stellen sich mit Deutschlandpremieren erstmals dem Berliner Publikum vor. Zu einer Uraufführung lädt zudem die finnische Choreografin Maija Hirvanen. Inspiriert von Voguing und der Ballroom-Szene interpretiert der US-Choreograf Trajal Harrell Keith Jarretts berühmtes Klaviersolo The Köln Concert und die dänische Choreografin Mette Ingvartsen widmet sich dem Phänomen der Tanzwut. Zur Eröffnung des Festivals bespielt das schwedische Künstlerinnenduo Byström Källblad zusammen mit Berliner Tänzer:innen mit “City Horses” den öffentlichen Raum auf einer Route durch die Stadt, beginnend am Humboldt Forum, endend am HAU2.
Mit einer Uraufführung von Jefta van Dinther, einem interaktiven Format von Sebastian Matthias sowie einer vom klassischen Ballett inspirierten Choreografie von Adam Linder zeigt sich auch die Berliner Tanzszene im Festival vielschichtig repräsentiert. Im dritten und letzten Jahr des Projekts URBAN FEMINISM zeigen zehn junge Berliner Künstlerinnen aus dem Urban Dance darüber hinaus fulminante Kollaborationen im HAU3. Nach einer Reihe von Workshops und begleiteter Proben zu den Themen Lichtdesign und Tanzdramaturgie, verschmelzen die Künstlerinnen Hip-Hop, Breaking, Popping, Krump und House zu einzigartigen Abenden.
Zahlreiche Publikumsformate erweitern das Bühnenprogramm und können bei freiem Eintritt besucht werden, darunter Meet the Artists-Gespräche, On the Sofa-Diskussionen mit Künstler:innen des Festivals und anderen Expert:innen, Buchpräsentationen, Onlinegespräche in der Reihe Happy to Listen und Podiumsdiskussionen.
Für Besucher:innen mit eingeschränktem Sehvermögen bietet Tanz im August 2022 zu zwei verschiedenen Terminen eine Audiodeskription an, die die Aufführung live beschreibt. Teil dessen ist die Haptic Access Tour, eine Einführung jeweils 75 Minuten vor Aufführungsbegin
Fünf Family Friendly-Produktionen, mit einem besonderen Ticketangebot für Kinder und Jugendliche, locken ein neues, junges Publikum.
Das Festivalzentrum im HAU Hebbel am Ufer (HAU2), gestaltet von dem Berliner Architektenbüro c/o now, ist der Treffpunkt für Künstler:innen, Zuschauer:innen und Festivalmacher:innen. Hier finden sich die Bibliothek im August, die Tageskasse für Tickets, der Infocounter und das Café& Restaurant WAU. Das Fachpublikum trifft sich hier freitags bei Toast’n’Talks in der Bibliothek im August.
Spielorte 2022
HAU Hebbel am Ufer (HAU1/HAU2/HAU3), Haus der Berliner Festspiele, KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Radialsystem, SOPHIENSÆLE, St. Elisabeth-Kirche, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz + Öffentlicher Raum
WANN?
Freitag, 5. August – Samstag, 27. August 2022