Der Westfälische Friede jährt sich in diesem Jahr zum 375. Mal. Sieben Monate lang, von April bis Oktober 2023 begeht die Friedensstadt Osnabrück mit einem vielfältigen Kulturprogramm das Jubiläum des für Mitteleuropa prägenden Friedensbundes. Volker-Johannes Trieb, Osnabrücker Künstler und Aktivist, bekannt für seine Interventionen im öffentlichen Raum, zeigt im Rahmen des Friedensjahres 2023 im Oktober seine monumentale Installation forx. pitchforks for peace an der Fassade des Osnabrücker Rathauses.
Abb. oben: forx. pitchforks for peace, 2023 © Volker-Johannes Trieb, Rendering: ahw Ingenieure GmbH
Mit seiner Installation forx. pitchforks for peace möchte Volker-Johannes Trieb nicht nur an den Dreißigjährigen Krieg erinnern, sondern auch den Blick für die Krisen und Kriege schärfen, die wir heute bewältigen müssen.
„Dass Heugabeln zu Waffen werden, geschieht nur in größter Not. Das Projekt forx. pitchforks for peace würdigt den einfachen Menschen, der damals wie heute oftmals nur eine Heugabel hatte, in Ländern, in denen Armut herrschte, ausgebeutet von Wohlhabenderen. Schon immer hat die Menschheit Krieg gegen sich selbst geführt – damals meist militärisch, heute auch ökologisch.“
Volker-Johannes Trieb
Ein Netz aus 1648 weiß gestrichenen Heuforken spannt Volker-Johannes Trieb im Oktober 2023 an der Fassade des Osnabrücker Rathauses empor und schafft so ein temporäres Mahnmal für die Opfer des Dreißigjährigen Krieges. Der Konzeptkünstler überlässt nichts dem Zufall, wie die Anzahl der Forken, die die Jahreszahl des Friedensschlusses aufnimmt, beispielhaft zeigt. Die Vorbereitungen für seine bisher monumentalste Arbeit laufen seit Monaten. Die Installation forx. pitchforks for peace ist als partizipatives Projekt angelegt. Trieb tritt mit den Menschen der Region in Dialog und hat in einer Sammelaktion dazu aufgerufen, alte Forken für die Realisierung des Projektes zu spenden. Wie in einem Abkommen handelt es sich um einen Akt des Gebens und Nehmens. Alte Mist-, Heu- oder Rübengabeln werden gegen neue Exemplare eingetauscht. Im Anschluss beginnt der künstlerische Transformationsprozess – den Forken wird das Potenzial einer Waffe geraubt, indem ein massives Holzstück auf ihre Spitzen gesteckt wird. Die Holzstücke werden in Kooperation mit individuell beeinträchtigten jungen Menschen der gemeinnützigen Organisation Die Brücke bearbeitet. Es folgt ein neuer Anstrich. Gemeinsam mit der Osnabrücker Maler- und Dachdeckerinnung streicht Trieb die Forken samt Holzstück weiß, in der Farbe des Friedens. Nachhaltigkeit ist für Trieb bei seinem Friedensprojekt eine Selbstverständlichkeit. Die Holzstücke entstehen aus alten Balken und auch eine Weiterverwertung der umgestalteten Forken plant der Künstler bereits. Nach dem Projekt können diese erworben werden, der Erlös als Spende fließt in ein Trinkwasserprojekt in Afrika.
„Mit forx. pitchforks for peace setzen wir ein Zeichen für eine wehrhafte Demokratie und einen wehrhaften Diskurs. Die Mistgabeln werden zu einem Netz des Friedens und Zusammenhalts. Osnabrück als Friedensstadt steht dafür besonders in Verantwortung.“
Volker-Johannes Trieb
Der Dreißigjährige Krieg begann 1618 mit dem Prager Fenstersturz und endete nach fünf Jahren Verhandlungen 1648 mit dem Westfälischen Frieden; nach drei Jahrzehnten Kriegszustand. Was zunächst ein konfessioneller Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten war, breitete sich zu einem weitläufigen Territorialkrieg aus dem ersten großen Krieg in Europa. Die Dimension der Grausamkeit in der Kriegsführung überstieg alles bisher Bekannte und der Dreißigjährige Krieg forderte unvorstellbare Opferzahlen in der Bevölkerung. Mit der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens, ausgehandelt in Münster und unterzeichnet in Osnabrück, wurde in Europa eine Friedensordnung gleichberechtigter Staaten geschaffen die Geburtsstunde der Idee eines Europas als Staatenbund.
Die größte menschliche Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges waren nicht die Toten auf den Schlachtfeldern, sondern die Toten bei Plünderungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen in der Zivilbevölkerung. Dies ist nur eine der erschreckenden Parallelen, die sich seit dem 24. Februar 2022 auch im Krieg gegen die Ukraine wiederholt. Ebenso wird der Hunger in militärischen Konflikten als Waffe eingesetzt. Der Krieg in der Ukraine hat den Hunger in den ärmsten Ländern der Erde so verschlimmert, dass es mittlerweile mehr Tote durch den Mangel an Lebensmitteln gibt als durch Kampfhandlungen im Gefecht. Die Intervention von Volker-Johannes Trieb, historisch verankert, knüpft an aktuelle politische Debatten an und entwickelt durch ihre partizipative und formale Stärke eine emotionale Wirkung, die weit über die Region hinausstrahlt.
WO?
Osnabrücker Rathaus
Markt 30
49074 Osnabrück
WANN?
Installation: Samstag 30.09 – Dienstag 31.10.2023
Feierliche Übergabe der Installation: Samstag, 30.09.2023, 16 Uhr